Eine Bank aus Luxemburg ging wegen der Domain snet.services gegen deren Inhaber »John Doe« im Wege eines UDRP-Verfahrens vor der WIPO vor. Anders als bei unserem letzten Stück mit einem »John Doe« gab es allerdings keinen Vorwurf an den Domain-Registrar wegen mangelnder Inhaberdatenprüfung, denn es gab noch eine Firma, auf deren Name »snet« verweisen konnte.
Die Beschwerdeführerin ist die luxemburgische Banque et Caisse d’Epargne de l’Etat, deren Wurzeln ins 19. Jahrhundert zurückreichen. Nach Angaben auf ihrer Website unter spuerkees.lu bietet sie seit 1996 ein Produkt unter dem Namen »S-Line« an, dass sie seit 1999 via Internet und später als mobilen Banking-Service anbietet. Sie ist Inhaberin von »S-Line«-Marken in Benelux, der EU und Großbritannien. Die Domain snet.services wurde im Februar 2019 registriert. Dass sie jemals zu einer öffentlichen Website auflöste, war für den als Entscheider berufenen australischen Rechtsanwalt und Lehrbeauftragten Warwick A. Rothnie nicht ersichtlich. Domain Inhaber ist »John Doe, Stichting SingularityNET« aus den Niederlanden, der in einer nichtoffiziellen und nicht fristgerecht eingegangenen Erklärung mitteilt, die Domain werde nur für interne Zwecke genutzt.
Rothnie wies die Beschwerde der Bank ab, da diese nicht den erforderlichen Anscheinsbeweis erbracht hatte, aus dem sich die Nichtberechtigung des Gegners ergibt (WIPO Case No. D2024-1681). Die späte Einlassung des Gegners war aus Rothnies Sicht noch akzeptabel, da sie einging, bevor er zum Entscheider bestimmt worden war, weshalb sie zu keiner Verzögerung führte. Im Rahmen der Prüfung stellte er fest, dass die Beschwerdeführerin Inhaberin von Marken und die Domain diesen ähnlich im Sinne der UDRP ist; den vorhandenen Bindestrich und die Endung .services konnte er dabei außer Betracht lassen. Bei der Frage eines fehlenden Rechts oder berechtigten Interesses des Gegners an der Domain scheiterte die Beschwerde. Rothnie rekapitulierte: die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, der Gegner habe die Domain snet.services erst registriert, nachdem die Marken für die Beschwerdeführerin eingetragen waren; sie hat dem Gegner die Nutzung nicht erlaubt und – soweit ersichtlich – sei auf den Gegner auch keine entsprechende Marke eingetragen. Gegen alles das habe sich der Gegner nicht gewehrt. Für die Beschwerdeführerin ergab sich deshalb keine tatsächliche oder gutgläubige rechtmäßige Verwendung der Domain von Seiten des Gegners. Hingegen lautet der Unternehmensname des Gegners »Stichting SingularityNET«, von dem der Name der Domain snet.services abgeleitet worden sein könnte. Zudem habe der Gegner erklärt, die Domain für interne Zwecke zu nutzen. Keine der Parteien habe erklärt, wann die Unternehmung des Gegners gegründet wurde. Rothnie stellte allerdings fest, dass es sich bei »Singularity« um einen allgemeinen Begriff mit unterschiedlichen Bedeutungen handele. Eine organische Google-Suche zeige, dass die gegnerische Unternehmung auf Platz 1 und 4 gelistet ist. Unklar bleibe die Verbindung anderer Suchergebnisse zum Gegner, aber es zeige, dass es auch andere Nutzungen des Zeichens »s-net« gibt als nur die für die von der Beschwerdeführerin angebotenen Dienste. Für den Vorwurf der Beschwerdeführerin, die Domain sei vom Gegner für Missbrauch durch Phishing registriert worden, gäbe es keine Anhaltspunkte. Er könne letztlich nicht feststellen, dass der Gegner versucht hat, die Marke der Beschwerdeführerin auszunutzen, oder dass es keine vernünftige, gutgläubige Verwendung der Domain außerhalb des mit der Beschwerdeführerin assoziierten Geschäftsfeldes Ranking und Finanzen gibt. Damit sah er den Anscheinsbeweis seitens der Beschwerdeführerin als nicht erbracht und die zweite Voraussetzung des UDRP-Verfahrens als nicht erfüllt an. Die Prüfung der Bösgläubigkeit auf Seiten des Gegners nahm Rothnie nicht vor, da dies sinnlos wäre. Er wies die Beschwerde ab.
Kein Wort verschwendete Rothnie aber zum Namen »John Doe« auf Seiten des Gegners, der als Platzhalter wie unser »Max Mustermann« gilt. Warum er das tolerierte, bleibt unklar. Es lässt sich vermuten, dass eben doch ein Unternehmensname mitangegeben ist. Aber der könnte ja genauso ein »John Doe« sein, der rechtfertigen soll, dass die Domain berechtigterweise registriert wurde, ähnlich wie wir das im Verfahren um oris.com von der »On-Ramp Internet Services« gesehen haben. Da hatte der Inhaber einer eMail-Adresse, die bei einem Reseller als Kontakt des Domain-Inhabers hinterlegt war, erklärt, dass es die »On-Ramp Internet Services« (ORIS), unter deren Namen die Domain registriert sei, gar nicht gäbe.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.