UDRP- Wenig Weitblick im Streit um die Domain sro.com führt zu RDNH

Wenig Weitblick bewies ein Anbieter von Observatoriumsdienstleistungen aus Kalifornien: im Streit um die Domain sro.com kassierte er vor dem Genfer Schiedsgericht der WIPO ein Reverse Domain Name Hijacking.

Die Beschwerdeführerin, die Sierra Remote Observatories LLC, bietet seit dem Jahr 2007 unter der Unternehmensmarke »SRO« diverse Leistungen rund um den Betrieb von Sternwarten und Teleskopen in den Ausläufern des Fresno-County (US-Bundesstaat Kalifornien) an. Hinweise auf die Größe des Unternehmens oder auf ihre Bekanntheit machte die Beschwerdeführerin nicht. Am 25. Oktober 2022 erhielt sie vom US-Patent- und Markenamt eine US-Dienstleistungsmarkenregistrierung für die Marke »SRO«. Inhaber der Domain sro.com und damit Beschwerdegegner ist der Norweger Jon Berg. Die Domain wurde erstmals am 04. Oktober 1994 registriert. Berg selbst hatte die Domain am 27. November 2017 für US$ 65.000,– von einem Dritten erworben; danach hat er sie zeitweise zum Verkauf angeboten. Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Domain jemals zu einer Website mit substanziellem Inhalt weiterentwickelt wurde. Am 23. März 2023 bot die Beschwerdeführerin an, die Domain für US$ 500,– zu kaufen; dieses Angebot erfolgte über eine Handelsplattform, auf der die Domain zum Verkauf angeboten wurde. Hierauf erhielt sie eine (mutmaßlich automatisierte) Nachricht von einem Dag Ford; er teilte am 02. April 2023 mit, dass die Domain US$ 490.000,– koste. Am 14. März 2024 erhöhte sich der Preis auf US$ 690.000,–. Die Beschwerdeführerin reagierte hierauf nicht, sondern leitete am 15. Mai 2025 ein UDRP-Verfahren bei der WIPO ein. Zum Panelisten wurde der Brite Nick J. Gardner bestellt.

Bereits bei der Frage nach einem Markenrecht an der Bezeichnung »SRO« hatte Gardner erste Zweifel. Zwar ließ er die Dienstleistungsmarke aus dem Jahr 2022 ohne weiteres gelten; soweit die Beschwerdeführerin ergänzend behauptet hatte, seit 2007 über nicht eingetragene Markenrechte an dem Begriff »SRO« zu verfügen, folgte er dem jedoch nicht. Seine Feststellung liest sich wie eine Klatsche für die (immerhin anwaltlich vertretene) Beschwerdeführerin:

In the present case there is a complete lack of any evidence supporting the claim to unregistered trademark rights and the Panel does not accept that claim.

Den zweiten UDRP-Prüfungspunkt zu Rechten oder berechtigten Interessen an der Domain übersprang Gardner dann ganz, da die Beschwerde jedenfalls an der dritten Tatbestandsvoraussetzung, der bösgläubigen Registrierung und Nutzung der Domain durch den Beschwerdegegner, scheiterte. Soweit behauptet wurde, der Beschwerdegegner habe bei seinem Verkaufsangebot die Beschwerdeführerin im Kopf gehabt, folgte Gardner dem ebenfalls nicht; es fehle jeglicher Beweis, dass die Beschwerdeführerin bereits 2017 über Markenrechte verfügt habe oder dass der in Norwegen ansässige Beschwerdegegner überhaupt Kenntnis von ihr haben könnte. Es gäbe zwar einige dreibuchstabige Marken wie BMW, die weltweit etabliert sind und den Schluss zulassen, dass die Registrierung einer entsprechenden Domain auf diesen Markeninhaber abziele; das sei hier aber nicht der Fall, da es zahlreiche andere Verwendungsmöglichkeiten für das Akronym »sro« gäbe. Der Beschwerdegegner hatte sich auf Begriffe wie »Software Refactoring & Optimization«, »Self-Regulatory Organization«, »Search Result Optimization« und »Standing Room Only« berufen. Auch dass der Beschwerdegegner einen sehr hohen Kaufpreis aufrief, erachtete der Panelist nicht als Beweis für eine bösgläubige Nutzung; dreibuchstabige Domains seien nun einmal von erheblichem Wert, da leicht zu merken und begrenzt in ihrer Anzahl. Damit scheiterte die Beschwerde, und die Domain bleibt bei ihrem bisherigen Inhaber.

Blieb noch die Frage eines Reverse Domain Name Hijacking (DNH), die Gardner ebenfalls prüfte. Anlass hierzu gab ihm, dass die Markeneintragung 2022 erfolgt ist, mithin erst weit nach erstmaliger Registrierung der Domain im Jahr 1994 und auch weit nach deren Erwerb durch den Beschwerdegegner im Jahr 2017. Hier war sich Gardner sicher:

In the view of the Panel this is a Complaint which should never have been launched.

Die Beschwerdeführerin habe überhaupt keinen Versuch unternommen, nachzuweisen, dass sie in Bezug auf das Akronym »SRO« Bekanntheit besaß. Spätestens nachdem der Beschwerdegegner die Kaufrechnung aus dem Jahr 2017 vorgelegt hatte, war das Verfahren aussichtslos. Die Beschwerdeführerin sei dann aber dazu übergegangen, sich einfach auf nicht eingetragenen Markenrechte zu berufen, ohne jegliche Beweise zur Untermauerung dieser Rechte vorzulegen. Unter diesen Umständen stimmte der Panelist mit dem Beschwerdegegner überein, dass RDNH vorlag und die Beschwerde einen Missbrauch des Verfahrens darstellte.

Die Entscheidung zur Domain sro.com (WIPO Case No. D2025-1957) finden Sie hier.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.

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