Im Streit um die Domain upscaleavenues.com wird die KI-Begleitung in UDRP-Verfahren sichtbar und führt prompt zu einem Reverse Domain Name Hijacking (RDNH). Der Panelist Robert A. Badgley reduzierte die Prüfung dieses vom Beschwerdeführer mit Schriftsätzen überfluteten Falles auf die Prüfung der Bösgläubigkeit des Gegners bei Registrierung der Domain und die Frage, ob ein RDNH vorliegt.
Der US-Amerikaner Victor Adam Bosak III wandte sich in einem UDRP-Verfahren gegen Robert Rogers und die R D Rogers LLC. Die Parteien sind im Immobiliengeschäft in Norfolk (US-Bundesstaat Virginia) tätig, haben eine gemeinsame Vorgeschichte und führen einen umfangreichen Rechtsstreit. Der Beschwerdeführer Victor Adam Bosak III trägt im UDRP-Verfahren vor der WIPO unter anderem vor, Rechte an der 2019 registrierten US-Marke »UPSCALE AVENUES« zu haben. Seine Rechte, die er mit dem Gegner teile, seien in einer gemeinsamen Vereinbarung anerkannt; u.a. heißt es darin, er, der Beschwerdeführer, habe die Marke »Upscale Avenues« im Jahr 2015 ins Leben gerufen und beide Parteien teilen sich zu gleichen Teilen das Recht an der Marke und allen damit verbundenen Markenwerten – einschließlich Domain-Namen, Social-Media-Handles, Logos, Grafiken, Marketinginhalten und dem mit der Marke verbundenen Goodwill. Die Vereinbarung verbiete es beiden Parteien außerdem, diese Vermögenswerte ohne die vorherige schriftliche Zustimmung der anderen Partei zu übertragen oder zu verkaufen. Der Gegner habe die Marke und die damit verbundenen Handelsvermögenswerte ohne Genehmigung einseitig unter seine Kontrolle gebracht und die Registrierung im Jahr 2025 auslaufen lassen. Die Vereinbarung bestätige, dass der Gegner die Marke seit 2018 im Zusammenhang mit seinem Immobiliengeschäft nutze. Die Markeneintragung, die Gegenstand der Vereinbarung vom Mai 2019 ist, wurde am 03. Oktober 2025 gelöscht. Der Gegner habe seine Firma später zweimal geändert; die Domain upscaleavenues.com leitete dann jeweils auf die Domain für die neue Firmierung weiter. Mittlerweile stehe die Domain für US$ 7.500,– zum Verkauf. Die Parteien tauschten mehrfach Abmahnungen mit Unterlassungserklärungen aus. Der Gegner, vertreten durch Domain-Anwalt John Berryhill, trug unter anderem vor, er sei durchgehend alleiniger Inhaber der Domain upscaleavenues.com gewesen. Der Beschwerdeführer trage selbst vor, dass der Gegner zu 50 Prozent Rechte an der Marke habe und konterkariere damit seinen Vortrag darüber, dass der Gegner kein Recht oder berechtigtes Interesse an der Domain habe.
Der als Entscheider eingesetzte Panelist, Rechtsanwalt und Politikwissenschaftler Robert A. Badgley aus Chicago, wies die Beschwerde ab und stellte ein RDNH fest (WIPO Case No. D2025-4174). Er erklärte, er habe den überwiegenden Teil des Schriftverkehrs der Parteien außenvorgelassen. Er übersprang auch die beiden ersten UDRP-Prüfungspunkte und widmete sich gleich der Frage der Bösgläubigkeit auf Seiten des Gegners. Hier gab es zwei unausweichliche Punkte: der Gegner registrierte die Domain upscaleavenues.com am 08. April 2018, also am selben Tag, an dem er eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Virginia mit dem gleichen Namen wie die Domain registrierte. Und die gemeinsam geschlossene Vereinbarung vom Mai 2019 über die Mitinhaberschaft an der Marke bestätige, dass der Gegner die Marke »UPSCALE AVENUES« registriert hatte und diese Marke seit 2018 im Zusammenhang mit seinem Immobiliengeschäft verwendete. Obwohl der Beschwerdeführer behauptet, die Marke im Jahr 2015 geschaffen zu haben, räumt er in seiner Beschwerde auch ein, dass die Registrierung der Domain während des gemeinsamen Arbeitsgesprächs der Parteien stattfand, bei dem es um die Marke »UPSCALE AVENUES« ging. Das spiegele sich auch in der Vereinbarung über die Mitinhaberschaft an der Marke vom Mai 2019 wider. Damit würden jegliche Einwände des Beschwerdeführers gegen die Nutzung der Marke »UPSCALE AVENUES« durch den Beschwerdegegner seit 2018 und die Registrierung der Marke »UPSCALE AVENUES« am 19. März 2019 hinfällig. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Domain-Registrierung durch den Gegner während der Arbeitsbesprechung der Parteien über die Marke »UPSCALE AVENUES« in böser Absicht erfolgt sein könnte. Es liege folglich keine Bösgläubigkeit vor, weshalb die Beschwerde scheitere.
Badgley prüfte dann RDNH, auch wenn seitens des Gegners kein Antrag dazu vorlag, das er bestätigte. Unter den gegebenen Umständen hätte der Beschwerdeführer wissen müssen, dass sein Fall aufgrund der Vereinbarung über die Mitinhaberschaft an der Marke äußerst wackelig ist. Weiter habe der Beschwerdeführer wiederholt unaufgefordert Schriftsätze und Unterlagen eingereicht, darunter allein fünf noch bevor der Gegner auf die Beschwerde reagiert habe. Das sei unangemessen und grenze an Missbrauch, zumal der Beschwerdeführerin eines Verfahrens alleine den Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde bestimmt und im Vorfeld ausreichend Zeit hat, sein Vorbringen vorzubereiten. Badgley spricht von einer Flut weiterer Schriftsätze, auf die der Gegnervertreter kaum Zeit hatte zu reagieren, zumal die Inhalte immer wieder auch aus Wiederholungen bestanden. Für ihn war das ein missbräuchliches Verhalten des Beschwerdeführers. Ein dritter Aspekt kam für Badgley ins Spiel, da die Schriftsätze des Beschwerdeführers mehrere nicht existierende Fälle zur Untermauerung seines Falls enthielten. Der Beschwerdeführer führte auch mehrere tatsächliche Fälle an, die aber nicht zur Argumentation passten, für die sie angeführt wurden. Es könne ja passieren, dass man versehentlich einmal fehlerhaft zitiere, was als momentane Unachtsamkeit abgetan werden könne. Aber die schiere Menge an falschen Fallzitaten in diesem Fall zwinge zu mehr als nur einem Achselzucken. Badgley sei sich bewusst, dass Anwälte dabei erwischt wurden, wie sie vor US-Gerichten falsche Fälle zitierten. Die Anwälte sollen KI-Programme verwendet haben, deren Arbeitsergebnisse voller sogenannter KI-Halluzinationen gewesen seien. Er mutmaßt, dass vielleicht genau das hier passiert ist, wobei dies die wohlwollendste Interpretation für die Falschzitate in den Schriftsätzen des Beschwerdeführers wäre. Doch wäre es die Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen, seine Schriftsätze auf Korrektheit der Zitate zu überprüfen. Das Versäumnis, eine solche Sorgfaltspflicht walten zu lassen (was wiederum die harmloseste Auslegung darstelle), und die daraus resultierenden massiven und irreführenden Fehler in den zur Prüfung vorgelegten Unterlagen konnte Badgley nicht hinnehmen. So stellte er ein RDNH fest und wies die Beschwerde zurück.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.