Die Suche nach einem Vorstand für das African Network Information Centre (AfriNIC) geht in die nächste Runde: Insolvenzverwalter Gowtamsingh Dabee teilte mit, dass die Neuwahlen nun am 30. September 2025 stattfinden. Derweil erhöht ICANN den Druck.
In einem Kommuniqué vom 26. Juni 2025 hatte der vom Obersten Gerichtshof von Mauritius eingesetzte Dabee bekanntgegeben, dass die bereits laufende Vorstandswahl annulliert worden sei. Auslöser waren Berichte über gefälschte Vollmachten, die angeblich an ausländische Staatsangehörige – insbesondere Ruander – verteilt worden sein sollen, um diesen zu ermöglichen, ohne Genehmigung im Namen von AfriNIC-Mitgliedern abzustimmen. Gleichzeitig beantragte der Insolvenzverwalter bei Gericht eine Verlängerung der Frist für die Durchführung von Neuwahlen, um die ordnungsgemäße Organisation und Durchführung neuer, vollständig verifizierter Wahlen unter Einbeziehung aller Beteiligten innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens doch noch zu ermöglichen. Damit hatte Dabee offenbar Erfolg. In einem Blog-Post gab er bekannt, dass er dem Gericht die zugrundeliegenden Fakten und Bedenken dargelegt habe, die eine Annullierung erforderlich gemacht hätten. Der Oberste Gerichtshof gab dem Antrag statt und hat nach Prüfung der vorgelegten Informationen eine außerordentliche Verlängerung gewährt. Als neuer Termin für die Durchführung der Wahlen und die Neubesetzung des AfriNIC-Vorstands wurde der 30. September 2025 festgelegt. Weitere Einzelheiten sollen bekanntgeben werden, sobald sie verfügbar sind.
Neues Ungemach droht Dabee jedoch von der Internet-Verwaltung ICANN. In einer ungewöhnlich scharf formulierten eMail vom 03. Juli 2025 forderte ICANN-CEO Kurtis Lindqvist den Insolvenzverwalter zu konstruktiver Zusammenarbeit auf. Er schreibt:
It is urgent and critical that AFRINIC maintain a more proactive and productive relationship with ICANN. It is time to stop avoiding AFRINIC’s broader responsibilities and to act in ways that restore trust.
Die bloße Annullierung der Wahl beantworte viele Fragen nicht und biete keine Gewährleistung, dass AfriNIC die Unterstützung seiner Mitglieder sicherstellt, für eine unparteiische und gleichberechtigte Behandlung sorgt und AfriNIC unabhängig von unlauterem Einfluss agiert. Lindqvist erwähnt dabei ausdrücklich, dass Dabee selbst eine gefälschte Vollmacht entdeckt habe. ICANN bleibe dabei, dass der Wahlprozess unter dem Eindruck übermäßigen Einflusses eines Mitglieds durchgeführt worden sei; namentlich erwähnt wird die auf den Seychellen ansässige Cloud Innovation Ltd., die auf den Verleih von IPv4-Adressen spezialisiert ist und sich über den Hongkonger IP-Adresshändler Lu Heng seit Jahren einen millionenschweren Streit mit AfriNIC liefert. Zudem behalte man sich das Recht einer Compliance-Prüfung von AfriNIC vor. Dabee sei verpflichtet, sämtliche Unterlagen, elektronischen Aufzeichnungen, Mitteilungen, Daten und sonstige relevante Materialien zum gesamten Wahlprozess sorgfältig aufzubewahren. Das Versäumnis, solche Aufzeichnungen aufzubewahren, werde als Zeichen mangelnder Kooperationsbereitschaft angesehen.
Abschließend drohte Lindqvist nochmals damit, alle fünf Regional Internet Registries zu verpflichte, ihre Registrierungsdaten regelmäßig bei vertrauenswürdigen Anbietern zu hinterlegen. Damit spielt er auf das »RIR Governance Document« an, das die vier RIRs und ihr Spitzengremium, die Number Resource Organisation (NRO), entwickeln. Über ein Entwurfsstadium ist das Dokument bisher aber nicht hinausgekommen.