Kaum ein Monat vergeht, in dem Unstoppable Domains Inc. keine Bewerbung um eine neue generische Top Level Domain ankündigt. Doch die Zweifel an der Kompetenz des in San Francisco ansässigen Unternehmens wachsen.
Im Jahr 2019 haben wir erstmals an dieser Stelle über Unstoppable Domains berichtet. Das von Matthew Gould, Bogdan Gusiev, Braden Pezeshki und Bradley Kam gegründete Unternehmen sollte damals für den Kryptowährungs-Token Zilliqa (ZIL) den Zilliqa Naming Service (ZNS) mitsamt der Top Level Domain .zil entwickeln. Mittlerweile verwaltet Unstoppable Domains nach eigenen Angaben über 3,8 Mio. Domains unter Endungen wie .crypto, .bitcoin, .x oder .wallet, die eines gemeinsam haben: es handelt sich um Blockchain-basierte Web3-Domains, die im klassischen Domain Name System nicht funktionieren und nur von wenigen Browser unterstützt werden. Um diese Nische zu verlassen, häufen sich in den vergangenen Monaten Mitteilungen von Partnerschaften zwischen Unstoppable Domains und Drittunternehmen, in denen angekündigt wird, sich bei der Internet-Verwaltung ICANN um die Einführung von klassischen Domains wie .raiin, .secret oder .pudgy bewerben zu wollen, sobald sich das Bewerbungsfenster öffnet. Damit könnte man die Brücke zwischen Web2- und Web3-Domains schlagen, zumal Web3-Domains einen Vorteil versprechen: absolute Anonymität. Dass es dabei zu Rückschlägen kommen kann, nimmt man in Kauf. Im November 2022 musste Unstoppable Domains mit sofortiger Wirkung den Verkauf von .coin-Domains einstellen. Zur Begründung verwies man auf eine potentielle Kollision mit .coin-Domains des Anbieters Emercoin, derer man sich bisher nicht bewusst gewesen sei. Damit wurden mehr als 110.000 bereits registrierte Domains praktisch über Nacht wertlos.
Doch wer glaubt, dass es sich um einen einmaligen Ausrutscher handelt, den lässt der Blogger Andrew Allemann (domainnamewire.com) zweifeln. So habe Unstoppable Domains in Pressemitteilungen zur Einführung neuer Endungen von einem »six-year registration program« gesprochen; ein solches Programm gibt es jedoch gar nicht. Vor wenigen Tagen veröffentlichte sodann Sandy Carter, COO von Unstoppable Domains, einen längeren Artikel im Forbes-Magazine mit dem Titel
The Evolution Of Domain Names: From Million Dollar .Com To Web3 To Onchain.
Dort hieß es:
Cars.com – Driving the Competition. This top-level domain (TLD) was purchased by Gannett Co. in 2014 for a reported $872,000,000.
Zum einen handelt es sich bei cars.com um keine Top Level Domain, zum anderen legt die Mitteilung nahe, dass die Domain cars.com US$ 872 Mio. gekostet haben soll – verkauft wurde aber nicht die Domain, sondern ein unternehmen, zu dessen Vermögenswerten unter anderem die Domain cars.com gehörte. Weiter macht Carter geltend:
Interestingly, .com domain prices have fallen over the last decade, with the big names already bought or parked, and few valuable options hitting the market.
Richtig ist aber, dass die Preise für attraktive Domains gestiegen sind, eben weil Dritte sie bereits registriert haben und nur wenige auf dem Markt angeboten werden. Weiter verweist sie auf die Einführung von .austin im März 2024 durch die Stadt Austin; eingeführt wurde .austin jedoch durch Unstoppable Domains selbst, lediglich unterstützt von der Greater Austin Asian Chamber of Commerce. Alles in allem für Allemann kein gutes Zeichen für ein Unternehmen, das behauptet, an vielen neuen Top Level Domains zu arbeiten.
Vorerst bleibt abzuwarten, ob und um wie viele Domain-Endungen sich Unstoppable Domains bei ICANN bewerben wird, wenn sich voraussichtlich im 2. Quartal 2026 das Bewerbungsfenster öffnet. Wesentliche Rahmenbedingungen für eine Bewerbung, darunter die Bewerbungsgebühren, stehen noch gar nicht fest und dürften viele Interessenten abschrecken. Außerdem dürfte es bei vielen Endungen Mehrfachbewerbungen geben, so dass letztlich eine Auktion über den Zuschlag entscheiden könnte. Eines zeichnet sich aber bereits ab: mit falschen oder auch nur missverständlichen Informationen tut sich Unstoppable Domains weder selbst noch dem Ökosystem der Web2-Domains einen Gefallen.