UDRP

Im Streit um oris.com ticken die Argumente anders

Ein alteingesessener Schweizer Uhrenhersteller vermochte die seinen Marken entsprechende Domain nicht zu erstreiten, da nicht nur die Argumentation zur Bösgläubigkeit Lücken aufwies.

Die Schweizer Uhrenherstellerin Oris Holding AG ist Inhaberin zahlreicher internationaler Wort-/Bild-Marken „ORIS“, die auf das Jahr 1964 zurückgehen sowie einer japanischen Marke vom September 1986. Oris sieht ihre Rechte durch den Inhaber der Domain oris.com verletzt. Laut WHOIS ist die Domain seit August 1998 registriert und weist keine aktive Website auf. Im UDRP-Verfahren vor der WIPO trägt die Beschwerdeführerin unter anderem vor, sie habe 2024 Daten erhalten, wonach die Domain in einem Reseller-Konto bei einem Registrar geführt wird. Von den Daten des Resellers, eine Postanschrift in Kobe (Japan) sowie eine Telefonnummer und eine eMail-Adresse, stimmte lediglich die Postanschrift mit den Daten im WHOIS-Verzeichnis überein. Auf eine eMail vom Februar 2024 an die hinterlegte eMail-Adresse reagierte ein Mr. Yoshiki Okada, der letztlich erklärte, er habe keinen Zugriff auf den Reseller-Account und die »On-Ramp Internet Services«, unter deren Namen die Domain registriert sei, gäbe es gar nicht, so dass er auch keinen Brief in deren Namen schreiben könne. Die Beschwerdeführerin trug das Übliche im Rahmen eines UDRP-Verfahrens vor, unterstrich, dass die Domain bereits über 25 Jahre registriert und nicht erkennbar sei, dass sie zu irgendwas genutzt wurde und werden würde. Mr. Okada habe zugegeben, dass ein falscher Unternehmensname zur Registrierung der Domain genutzt wurde; der, so die Beschwerdeführerin, wurde erfunden, um im Sinne eines Akronyms die ihrer Marke entsprechende Domain oris.com zu registrieren. Der von der Beschwerdeführerin benannte Gegner »On-Ramp Internet Services« reagierte nicht auf das Verfahren. Als Entscheider wurde der schottische Rechtsanwalt Andrew D. S. Lothian berufen.

Lothian wies die Beschwerde ab, da die Beschwerdeführerin die Bösgläubigkeit des Gegners nicht nachgewiesen habe (WIPO Case No. D2024-1708). Er bestätigte kurz die Ähnlichkeit von Domain und Marke. Bei der Frage eines fehlenden Rechts oder einer Berechtigung des Gegners an der Domain erkannte er den Anscheinsbeweis der Beschwerdeführerin an. Mangels einer Entkräftung dieses Anscheinsbeweises durch den Gegner sah Lothian auch dieses Element bestätigt. So blieb noch die Frage der Bösgläubigkeit. Hier beschränkte sich Lothian auf die Frage einer bösgläubigen Registrierung der Domain, die er nicht feststellen konnte. Er konstatierte unter anderem, die 1986 registrierte Marke reiche nicht aus, dem Gegner zu unterstellen, dass er die Beschwerdeführerin kannte und die Domain ihretwegen registrierte. Er bemängelte, dass die Beschwerdeführerin keine kontinuierlichen WHOIS-Daten vorlegte und auch nicht angeboten habe, sie bei Bedarf vorzulegen. Außerdem habe die Beschwerdeführerin keinerlei Informationen zu ihrer Marktpräsenz in Japan zum Zeitpunkt, da die Domain oris.com registriert wurde, vorgetragen und auch nicht dazu, dass das Zeichen »Oris« zu dieser Zeit ausschließlich auf sie verwiesen habe. Es bestehe eine alternative Erklärung für die Registrierung der Domain, nämlich dass die Vier-Zeichen-Domain für sich einen eigenen Marktwert aufweist, und nicht wegen der Beschwerdeführerin registriert wurde. Schließlich ging Lothian auf die Person des Gegners ein.

Die Beschwerdeführerin behaupte nachdrücklich, Kontakt zu der Person hergestellt zu haben, von der sie glaube, sie sei der Domain-Inhaber. Sie bezeichne diese Person als Gegner, ohne irgendeinen Nachweis, dass sie mit der Domain in Zusammenhang steht. Zwar bestehe die Möglichkeit, dass eine Information existiert, die den Zusammenhang herstellt, aber diese habe die Beschwerdeführerin nicht vorgelegt. Lothian folgerte, es gäbe keine ausreichenden Beweise dafür, dass diese Person der Inhaber der Domain oder befugt ist, im Namen des Inhabers der Domain zu sprechen. Sicher gäbe es die Telefonnummer und die eMail-Adresse aus dem WHOIS, unter denen Mr. Okada zu erreichen war, aber mehr gibt es auch nicht. Die Telefonnummer und die eMail-Adresse entsprechen nicht denen des Inhabers der Domain. Die Herkunft der Kontaktdaten dieser Person wurde nicht festgestellt. Unter diesen Umständen könne er sich nicht auf das verlassen, was diese Person der Beschwerdeführerin mitgeteilt hat, insbesondere nicht auf deren Behauptung, der Name des Beschwerdegegners »On-Ramp Internet Services« sei erfunden. Die Strategie der Beschwerdeführerin laufe darauf hinaus, die Gutgläubigkeit der Person, mit der sie Kontakt hatte, in ein schlechtes Licht zu rücken. Aber das wäre nur relevant, wenn es sich um den Gegner handelte. Auch weitere Behauptungen der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Angaben von Mr. Okada reichten Lothian – selbst wenn sie korrekt seien – nicht aus, eine Bösgläubigkeit zum Zeitpunkt der Domain-Registrierung zu begründen. Da die Beschwerdeführerin nicht zu Lothians Zufriedenheit nachwies, dass die Domain bösgläubig registriert wurde, sparte er sich die Prüfung, ob sie gegebenenfalls bösgläubig genutzt werde, da dieser Punkt irrelevant sei. Lothian wies die Beschwerde ab und die Domain oris.com verblieb beim Domain-Inhaber.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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