UDRP

Nach selbstverursachtem Verlust holt ein Tech-Unternehmen die Domain smartcontracts.com zurück

Während in der in der vorangegangenen Woche besprochenen Entscheidung zu because.com die Partei, die die Domain verloren hatte, sie über ein UDRP-Verfahren nicht zurückgewinnen konnte, war die Beschwerdeführerin, die die Domain smartcontract.com auf gleiche Weise verloren hat, erfolgreich. Was macht den Unterschied?

Die SmartContract Chainlink Ltd. betreibt ein Blockchain-unterstütztes Netzwerk und bietet verschiedene Dienstleistungen unter den Marken »SMARTCON« (am 05.09.2023 als US-Marke registriert) und »SMARTCONTRACT« an. Sie sieht ihre Rechte durch die Domain smartcontracts.com, die Sergey Nazarov, Mitgründer und CEO der Beschwerdeführerin, selbst 2014 registriert hatte, verletzt. Die Domain pflegte später ein Mitarbeiter, der 2023 das Unternehmen verließ, weshalb man wegen Nichtzahlung der Registrierungsgebühren die Domain 2023 verlor. Der aktuelle Inhaber erlangte in der Folge die Domain und bot sie zum Verkauf an. SmartContracts startete ein UDRP-Verfahren vor The Forum gegen den Expiry Assignment Service und Afternic LLC. Der Inhaber der Domain und eigentliche Gegner meldete sich nicht. Zur Zeit ist die Domain inaktiv. Als Entscheider wurde der australische Rechtsanwalt Nicholas J.T. Smith eingesetzt.

Smith bestätigte die Beschwerde und entschied auf Übertragung der Domain smartcontracts.com auf die Beschwerdeführerin, weil der Gegner sich in der Sache nicht meldete und nicht erklärte, warum er die Domain registrierte und zum Kauf anbot (The Forum Claim Number: FA2403002089491). Smith bestätigte die Ähnlichkeit zwischen Domain und Marke. Bei der Frage eines Rechts oder berechtigten Interesses des Gegners an der Domain stellte Smith zunächst den Anscheinsbeweis seitens der Beschwerdeführerin fest, die erklärt hatte, dass der Gegner von ihr nicht legitimiert sei, die Marke »SMARTCON« zu nutzen, und unter dem Domain-Namen nicht bekannt ist. Dass der Gegner die Domain zum Verkauf angeboten hat, stellte für Smith unter diesen Umständen kein gutgläubiges Angebot von Waren oder Dienstleistungen oder eine rechtmäßige, nicht-kommerzielle oder faire Nutzung im Sinne der UDRP da. Er bestätigte deshalb das Fehlen eines Rechts auf Seiten des Gegners. Er bestätigte auch die Bösgläubigkeit des Gegners, weil er, unmittelbar nachdem er die Domain registriert hatte, sie zum Verkauf anbot. Smith erklärt allerdings, dass er diese Einschätzung nicht leichten Herzens mache. Der Domain-Name besteht aus zwei generischen Begriffen, die zusammen ihrerseits eine allgemeine Bedeutung haben. Es könne sein, dass der Gegner die Domain wegen genau dieser generischen Bedeutung registriert und zum Verkauf angeboten hat. Da er sich aber dazu entschieden hat, an dem Verfahren nicht teilzunehmen und sich nicht zu seinen Beweggründen zu erklären, und weil keine Beweise vorliegen, die die Schlussfolgerung zuließen, es liege keine bösgläubige Registrierung vor, war für Smith auch das dritte Element der UDRP erfüllt. Smith führt weiter aus, dass er unter diesen Umständen berechtigt sei, alle vernünftigen Behauptungen in der Beschwerde zu akzeptieren, nämlich dass der Gegner die Domain, die sich seit mindestens acht Jahren in der Inhaberschaft der Beschwerdeführerin oder von mit ihr verbundenen Personen befand, in Kenntnis der Beschwerdeführerin und ihres Rufs registrierte und versuchte, aus diesem Ruf Kapital zu schlagen, indem er die Domain zum Verkauf anbot. Damit lagen für Smith alle Voraussetzungen der UDRP vor und er entschied auf Übertragung der Domain auf die Beschwerdeführerin.

Vergangene Woche hatten wir den Fall because.com besprochen, bei dem die Beschwerdeführer ihre Domain wegen Nichtzahlung der Registrierungsgebühren verloren haben, die aber im UDRP-Verfahren scheiterten (WIPO Case No. D2024-0709). Auch dabei handelte es sich um einen generischen Begriff. In dem dortigen Fall hatte sich der Gegner allerdings gemeldet und erklärt, er sei Domain-Investor, »because« sei ein allgemeiner Begriff und eine Domain mit dem Namen zum Verkauf anzubieten, sei nicht rechtswidrig. Mit der gleichen Argumentation hätte, das klingt mehr oder minder aus der entschuldigenden Erklärung von Smith durch, hier der Gegner ebenfalls die Abweisung der Beschwerde erreichen können. Aber wie ebenfalls vergangene Woche im Beitrag über den Artikel von Domain-Anwalt Gerald M. Levine angeklungen ist: Es gibt zwei Konstanten in UDRP-Verfahren, 95 Prozent der Fälle beruhen auf Cybersquatting und führen zur Bestätigung der Beschwerde und der Übertragung der Domain, und Gegner solcher Fälle reagieren nicht auf das Verfahren, weil es nichts zu verteidigen gibt. Sollte doch einmal einer in einem klaren Cybersquatting-Fall der Beschwerde etwas entgegenhalten, zeige sich, dass sie gar nicht begreifen, welche Anforderungen die UDRP an sie stellt.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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