UDRP-Technik

Domain-Anwalt Gerald M. Levine über Gewissheit und Zweifel in UDRP-Verfahren

In seinem aktuellen Artikel »The roles of certainty and doubt in UDRP disputes« geht Domain-Anwalt Gerald M. Levine auf die heikle Frage von Gewissheit und Zweifel im UDRP-Verfahren ein.

Levine ist nicht nur Domain-Anwalt und Entscheider bei mehreren Streitbeilegungsstellen wie WIPO, The Forum und CAC, er ist auch Autor eines Standardwerks zur UDRP wie auch zahlreicher Artikel zum Thema und in Fragen zu Urheber- und Markenrecht beratend tätig. In seinem aktuellen Artikel The roles of certainty and doubt in UDRP disputes macht er einen nicht zu unterschätzenden, aber gerne übersehenen Punkt, dem auch Panelisten mehr Beachtung schenken sollten.

Levine schreibt in seinem Aufsatz: Es gibt zwei Konstanten in UDRP-Verfahren. 95 Prozent der Fälle beruhen auf Cybersquatting und führen zur Bestätigung der Beschwerde sowie der Übertragung der Domain – und Gegner solcher Fälle reagieren nicht auf das Verfahren, weil es nichts zu verteidigen gibt. Sollte doch einmal einer in einem klaren Cybersquatting-Fall der Beschwerde etwas entgegenhalten, zeige sich, dass er gar nicht begreift, welche Anforderungen die UDRP an ihn stellt. Allerdings geht es Beschwerdeführern in einem gewissen Rahmen genauso, sie begreifen die an sie gestellten Anforderungen nicht. Beschwerdeführer müssen beweisen, dass ihre gesetzlichen Rechte verletzt worden sind. Sie werden nicht erfolgreich sein, indem sie einfach behaupten, der Gegner habe keine Rechte oder berechtigten Interessen, oder die Registrierung und Benutzung der umstrittenen Domain sei bösgläubig. Behauptungen allein reichen nicht aus, um etwas zu beweisen. Es müssen handfeste Beweise, in Form von Vortrag und Dokumenten, vorgelegt werden. Dabei geht es darum, den Entscheidern die notwendigen Daten zu geben, aufgrund der sie Gewissheit darüber erlangen können, dass der Gegner für das Cybersquatting verantwortlich ist. Sollten für das zur Entscheidung aufgerufene Panel irgendwelche Zweifel bestehen, müsste es die Beschwerde eigentlich abweisen. Schaut man sich Entscheidungen nach dem Begriff »doubt« (Zweifel) an, so findet man oft den Satz:

the panel is in no doubt that the respondent had the complainant and its rights in the mark in mind when it registered the domain name.

Doch, so konstatiert Levine, in vielen Fällen gäbe es Unsicherheiten, die eigentlich zu Zweifeln führen müssten und in denen entsprechend ein Panel entscheiden müsste.

Fehler treten in der Regel an der Schwelle zur Ungewissheit auf. Es ist die mangelnde Bereitschaft, die Ungewissheit über die Unzulänglichkeit von Vortrag und Beweis des Beschwerdeführers anzuerkennen. Es kann auch sein, dass ein Panelmitglied die Regeln der UDRP einfach missversteht, wenn es z. B. verwechselnde Ähnlichkeit mit Verwechslungsgefahr gleichsetzt. Insbesondere bei Gattungsbezeichnungen, Akronymen und beschreibenden Phrasen sollten Panelisten – soweit keine konkreten Beweise für Cybersquatting vorliegen – davon absehen, auf Übertragung der streitigen Domain zu entscheiden. Levine geht in seinem Artikel auf einige aktuelle Entscheidungen ein, anhand derer er exemplifiziert, wo kritische Punkte des Zweifels liegen und wie Panel damit umgegangen sind. So etwa im Streit um die Domain mediacom-pay.com (The Forum Claim Number: FA2402002084217), bei der der Gegner, die italienische MEDIACOM PAY S.R.L., sich nicht meldete. Das Panel wies in diesem Fall die Beschwerde zurück, da sie Zweifel hatte. Das Panel hatte den Beschwerdeführer aufgefordert, Nachweise vorzulegen, die belegen, dass der Gegner kein ordentliches Geschäft führe. Dem kam der Beschwerdeführer nicht nach und konnte die Zweifel des Panels, ob der Gegner gute oder schlechte Absichten hat, nicht ausräumen. Folglich wies es die Beschwerde ab.

Mit diesem Artikel liefert Levine wieder einmal denkens- und beachtenswerte Aspekte von UDRP-Verfahren, die gerne übersehen werden. Er spricht Panelisten genauso an wie Parteien, die alle daran arbeiten müssen, Zweifel auszuräumen, um ordentliche Entscheidungen zu ermöglichen.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

Kommentar schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, oder weitergegeben.
Bitte füllen Sie die gekennzeichneten Felder aus.*

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Der Domain-Newsletter von domain-recht.de ist der deutschsprachige Newsletter rund um das Thema "Internet-Domains". Unser Redeaktionsteam informiert Sie regelmäßig donnerstags über Neuigkeiten aus den Bereichen Domain-Registrierung, Domain-Handel, Domain-Recht, Domain-Events und Internetpolitik.

Mit Bestellung des Domain-Recht Newsletter willigen Sie darin ein, dass wir Ihre Daten (Name und E-Mail-Adresse) zum Zweck des Newsletterversandes in unseren Account bei der Episerver GmbH, Wallstraße 16, 10179 Berlin übertragen. Rechtsgrundlage dieser Übermittlung ist Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen, indem Sie am Ende jedes Domain-Recht Newsletters auf den entsprechenden Link unter "Newsletter abbestellen? Bitte einfach hier klicken:" klicken.

Top