Domain-Newsletter

Ausgabe #1183 – 31. August 2023

Themen: AG München – Beschlagnahme von letztegeneration.de | Internet Governance – ICANN kritisiert GDC | Neues von .hotel, .kinder und .music | OLG Frankfurt/Main – dank Domain zum Unternehmer | Nicht nur Fans – Sammelbeschwerde nach der UDRP | Planvoll – plans.com klettert auf US$ 275.000,– | München – 22. Bayerischer IT-Rechtstag im Oktober

AG MÜNCHEN – BESCHLAGNAHME VON LETZTEGENERATION.DE

Im Mai 2023 hat das Amtsgericht München die Beschlagnahme der Domain letztegeneration.de angeordnet. Das Informationsportal fragdenstaat.org hat den bisher unveröffentlichten Beschluss nun in weiten Teilen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Die „Letzte Generation“, ein Bündnis von Klimaaktivisten in Deutschland und in Österreich, gilt nach Einschätzung des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ als so verhasst wie wohl keine andere Umweltgruppe. Dass ihre Aktionen den Straftatbestand der Nötigung nach § 240 StGB erfüllen können, haben Gerichte in der Vergangenheit mehrfach geurteilt (so zum Beispiel LG Berlin, Urteil vom 18.01.2023 – Az. 518 Ns 31/22). Unter Juristen umstritten ist dagegen, ob die „Letzte Generation“ auch eine kriminelle Vereinigung im Sinne von § 129 StGB darstellt – samt deutlich höherer Strafandrohung. Eine Vereinigung in diesem Sinne ist dabei nach § 129 Abs. 2 StGB ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses; danach müssen ein organisatorisches, ein personelles, ein zeitliches und ein interessenbezogenes Element gegeben sein. Kriminell ist sie, wenn Zweck und Tätigkeit der Vereinigung auf die Begehung von Straftaten gerichtet sind, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Die Generalstaatsanwaltschaft München sah diese Voraussetzungen für die „Letzte Generation“ als erfüllt und beantragte beim Amtsgericht München daher auf Grundlage der §§ 94 Abs. 2, 98 Abs. 1, 162 Abs. 1 StPO die Beschlagnahme der Domain letztegeneration.de.

Das Amtsgericht München ist dem gefolgt und hat mit Beschluss vom 23.05.2023 (Az. ER V Gs 6287/23) die Beschlagnahme der Domain angeordnet. Wie aus der von fragdenstaat.org veröffentlichten, im Hinblick auf den Schutz personenbezogener Daten teilweise geschwärzten Entscheidung hervorgeht, sei die „Letzte Generation“ eine Vereinigung von Aktivisten aus der Umweltschutzbewegung mit dem erklärten Ziel, durch Mittel des selbst so bezeichneten „zivilen Ungehorsams“ Maßnahmen der Bundesregierung gegen die Klimakrise zu erzwingen. Dabei würden die Aktivisten bei ihren Aktionen immer wieder bewusst und zielgerichtet Straftaten begehen, um die öffentliche Aufmerksamkeit zu erreichen und in ihrem Sinne auf den Klimawandel aufmerksam zu machen. Insbesondere würden Sachbeschädigungen am Eigentum Unbeteiligter und Nötigungen von unbeteiligten Passanten zielgerichtet begangen. Die Vereinigung verfüge dabei über eine straffe Organisationsstruktur, wobei bereits in der Konzeption der Struktur auf konspirative Absicherung der Führungspersonen geachtet worden sein soll („Need to know“-Prinzip). Es existiere zudem eine zentrale Verwaltung der Finanzen; die Vereinigung finanziere sich praktisch ausschließlich über Spendengelder. Die Rubrik „Mitmachen“ auf der Website der Vereinigung diene ersichtlich der Rekrutierung neuer Mitglieder. Insgesamt gehe von der Vereinigung „Die Letzte Generation“ eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit aus.

Aufgrund Kontoauswertung und den dazugehörigen Abfragen von IP-Adressen habe ermittelt werden können, dass einer der Beschuldigten die Kosten für den Server bei der Fa. Hetzner Online GmbH trage, auf dem die Homepage der „Letzte Generation“ gehostet sei. Die Domain der Homepage werde über die Strato AG verwaltet. Da die Homepage ein wesentliches Tatmittel darstelle, sei deren Beschlagnahme gerechtfertigt und ein milderes Mittel nicht ersichtlich. Die physische Beschlagnahme des Servers/Datenträges könne durch freiwillige technische Umleitung der Domain „Ietztegeneration.de“ zu einer IP-Adresse des IT-Dienstleistungszentrums des Freistaates Bayern vom Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung abgewendet werden. Von dauerhaften Erfolg war die Beschlagnahme der Domain jedoch nicht. Beim Aufruf der Domain letztegeneration.de wird man inzwischen auf die Domain letztegeneration.org samt der darunter erreichbaren Website weitergeleitet.

Quelle: fragdenstaat.org, eigene Recherche

INTERNET GOVERNANCE – ICANN KRITISIERT GDC

Die Internet-Verwaltung ICANN hat die UN-Initiative „Global Digital Compact“ (GDC) scharf kritisiert: sie sei der gefährliche Versuch, die Rolle der technischen Gemeinschaft von oben nach unten zu minimieren.

Im September 2021 hat António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), die „Common Agenda“ vorgestellt. Sie skizziert eine Zukunftsvision, die auf Multilateralismus, internationaler Zusammenarbeit und globaler Solidarität basiert und ein breites Themenfeld wie Klimawandel, Ungleichheit, digitale Zusammenarbeit, Menschenrechte, Frieden und Sicherheit, Global Governance und nachhaltige Entwicklung abdeckt. Teil der Agenda ist die „Global Digital Compact“-Initiative, die beim Zukunftsgipfel im September 2024 in New York verabschiedet werden soll; sie soll gemeinsame Grundsätze für eine offene, freie und sichere digitale Zukunft für alle umreißen, darunter die Vermeidung der Fragmentierung des Internets, die Möglichkeit für die Menschen, über die Verwendung ihrer Daten zu entscheiden, die Anwendung der Menschenrechte im Internet und die Förderung eines vertrauenswürdigen Internets durch die Einführung von Kriterien für die Rechenschaftspflicht bei Diskriminierung und irreführenden Inhalten. Dabei sollen die Vereinten Nationen, nationale Regierungen, der Privatsektor und die Zivilgesellschaft zusammenwirken, um einen „multi-stakeholder digital technology track“ zu entwickeln.

Geht es nach Sally Costerton, Interims-CEO von ICANN, Paul Wilson vom Asia Pacific Network Information Centre (APNIC) und John Curran von der American Registry for Internet Numbers (ARIN), findet bei der GDC ein zentraler Akteur keine angemessene Berücksichtigung, nämlich die „technical community“. In einer gemeinsamen Stellungnahme wiesen sie darauf hin, dass der Erfolg des Internets auf dem Ergebnis eines etablierten Multistakeholder-Modells der Internet Governance beruhe, das im Bericht einer Arbeitsgruppe für Internet Governance (WGIG) aus dem Jahr 2005 beschrieben und in der Tunis-Agenda des Weltgipfels zur Informationsgesellschaft (WSIS) weiter bekräftigt wurde. Zu den wesentlichen Komponenten dieses Modells gehöre die technische Gemeinschaft, die entscheidende Rollen in Bezug auf das tägliche technische Funktionieren des Internets erfülle. Die Erklärung der UN würde nahelegen, dass es künftig ein „dreigliedriges“ Modell der Internet Governance gebe, das nur drei Interessensgruppen kennt – den Privatsektor, Regierungen und die Zivilgesellschaft, zu der auch die technische Gemeinschaft gehöre. Dieses Modell schliesse die technische Gemeinschaft als eigenständige Komponente aus und übersehe die wesentliche Rolle, die die Mitglieder dieser Gemeinschaft einzeln und gemeinsam spielen. „The technical community is not part of civil society and it has never been; it is widely recognized in the WSIS process, which defined the roles and functions of each stakeholder engaged in the development of the Internet“, so die Autoren. Oder wie es theregister.com plakativ formuliert: „We built this thing and now you don’t want to hear from us – WTF?“

ICANN bekenne sich gleichwohl zur Unterstützung für das Multistakeholder-Modell der Internet Governance. Man wolle jedoch das Bewusstsein für die Richtung schärfen, die der GDC-Prozess einschlage, und für die Risiken, die mit dem Ausschluss der „technical community“ verbunden sind. Diese werde weiterhin ihre entscheidende Rolle in der Zukunft des Internets spielen; es sei aber auch Aufgabe der UN, diese Realität im Zusammenhang mit der Internet Governance anzuerkennen.

Die Stellungnahme von ICANN finden Sie unter:
> http://newsletter.domain-recht.de/go/3/5IB2RBF9-5IATYA05-5IATY9ZZ-19LYQX2.html

Quelle: icann.org, theregister.com, eigene Recherche

TLDS – NEUES VON .HOTEL, .KINDER UND .MUSIC

Ein Tusch für .music: nach jahrelanger Verzögerung steht nun der Start der Sunrise Period unmittelbar davor. Dagegen dauern bei .hotel die Streitigkeiten an, während sich .kinder schon wieder aus dem Domain Name System verabschiedet – hier die Kurznews.

Seit November 2019 stehen sich Fegistry LLC, Radix Domain Solutions Pte. Ltd. und Domain Venture Partners PCC Limited einerseits und die Internet-Verwaltung ICANN andererseits in einem „Independent Review Process“ (IRP) gegenüber, um die Zukunft der neuen generischen Top Level Domain .hotel zu klären. Die vermeintlich günstigste Position hat dabei die HOTEL Top-Level-Domain S.a.r.l (HTLD), die dank einer Bewerbung als beschränkt registrierbare Community-Endung schon auf dem Weg zur Delegierung schien, bis das International Centre For Dispute Resolution die Einführung vorläufig stoppte. Am 07. August 2020 erließ das Schiedsgericht eine Entscheidung, die ICANN bis auf weiteres dazu verpflichtet, den Status Quo des Bewerbungsverfahrens aufrechtzuerhalten und damit sowohl von einer Unterzeichnung des Registry-Vertrages als auch von einer Delegierung abzusehen. Auslöser der Diskussion war ein Vorfall, bei dem ein vormaliger HTLD-Geschäftspartner Einblick in vertrauliche Dokumente der Mitbewerber genommen und ICANN in der Folge nicht rechtmäßig reagiert haben soll. Aktuell streitet man vorrangig um Verfahrensfragen. Einig ist man sich aber immerhin, dass zwischen dem 29. November 2023 und dem 01. Dezember 2023 eine Anhörung in Los Angeles stattfinden soll, die als „hearing on the merits“ angesetzt ist, sich also über formale Fragen hinaus mit der Begründetheit der Anträge auseinandersetzen soll. Bis wann ein Urteil fällt, bleibt aber derzeit offen.

Die in Luxemburg ansässige Ferrero Trading Lux S.A. hat das Registry-Agreement (RA) mit der Internet-Verwaltung ICANN für die beiden Marken-Endungen .kinder und .rocher gekündigt. Die Kündigung erfolgte bereits im Mai 2023, wurde aber erst jetzt von ICANN veröffentlicht. Die Kündigung ist, wie bei .brands üblich, gestützt auf Section 4.4 (b) des RA, die eine jederzeitige ordentliche Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 180 Tagen gestattet. Nähere Angaben zu den Motiven der Kündigung machte das Unternehmen, das zum italienischen Süßwarenhersteller Ferrero AG gehört, nicht; es heisst im Kündigungsschreiben lediglich, man habe kein Interesse mehr an der Nutzung. Beide Endungen wurden im Jahr 2014 delegiert; mit Ausnahme der obligatorischen nic.kinder bzw. nic.rocher ist jedoch keine weitere Domain registriert. Ferrero Trading Lux S.A. hat zudem beantragt, die beiden Endungen nicht auf andere Registries zu übertragen, obwohl jedenfalls im Fall von .kinder eine zulässige Drittnutzung möglich erscheint; offenbar waren die Bedenken um den Schutz der eigenen Marke zu groß. An .ferrero, der dritten Markenendung im Bunde, hält das Unternehmen hingegen fest. Dort sind aktuell immerhin sechs Domains registriert, darunter nic.ferrero und forward.ferrero.

Die von der zypriotischen DotMusic Limited verwaltete Endung .music hat angekündigt, dass am 11. September 2023 die lang erwartete Sunrise-Phase startet. Markeninhaber mit Eintrag im Trademark Clearinghouse haben Gelegenheit, ihre Marken-Domains bis zum 15. November 2023 bevorrechtigt zu registrieren. Das deutet darauf hin, dass die allgemeine Registrierung unter .music ab dem 16. November 2023 beginnt. Allerdings bleibt eine freie Registrierung ausgeschlossen. Grundsätzlich kann zwar jedes Mitglied der globalen Musikgemeinschaft eine .music-Domain registrieren, insbesondere alle Künstler, Bands, Branchenexperten, Musikunternehmen und Organisationen. Jedoch stellen die Vergaberegeln sicher, dass nur vertrauenswürdige, sichere und überprüfte Personen eine .music-Domain erhalten. Deshalb werden alle Domain-Inhaber validiert und erhalten im Erfolgsfall ein Prüfzeichen, wie es beispielsweise für Prominente auf Social-Media-Websites reserviert ist, um Authentizität, Autorität und Vertrauenswürdigkeit zu gewährleisten und gleichzeitig böswillige Akteure wie Imitatoren oder Cybersquatter auszuschließen. Nähere Details auch zu den voraussichtlichen Gebühren der Registrierung unter .music sucht man auf der Registry-Website derzeit leider noch vergeblich.

Weitere Informationen zum IRP-Verfahren um .hotel finden Sie unter:
> http://newsletter.domain-recht.de/go/3/5IB2RBF9-5IATYA05-5IATYA00-1D4J1EH2.html

Die Kündigung für .kinder und .rocher finden Sie unter:
> http://newsletter.domain-recht.de/go/3/5IB2RBF9-5IATYA05-5IATYA01-109L5FD.pdf

Quelle: icann.org

OLG FRANKFURT/MAIN – DANK DOMAIN ZUM UNTERNEHMER

Wer eine Domain registriert, kann vom Verbraucher rasch zum Unternehmer werden und damit eine besonders geschützte Rechtsposition verlieren. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Beschluss vom 06.06.2023 – Az. 4 W 13/23) festgestellt.

Die Beschwerdeführerin ist eine Rechtsanwaltsfachangestellte, die sich mit dem Vertrieb bedruckter Kissenbezüge eine berufliche Existenz aufbauen wollte. Motive sollten Bilder der Mitglieder der südkoreanischen „Boyband“ BTS sein. Die Bezüge sollten die Kunden dann über Pappaufsteller streifen können. Die Beschwerdeführerin beauftragte in diesem Zusammenhang im November 2021 die Beschwerdegegnerin, ein auf das Bedrucken von Textilien spezialisiertes Unternehmen. Ob diese bereits frühzeitig darauf hinwies, dass die Beschwerdeführerin über die Urheberrechte an den von ihr verwendeten Bildern verfügen müsse, ist zwischen den Parteien streitig. Unter anderem für Vorkosten der Auftragsproduktion zahlte die Beschwerdeführerin insgesamt EUR 11.114,60 an die Beschwerdegegnerin. Dabei beglich sie zwei Rechnungen über zusammen EUR 3.082,10 in voller Höhe und eine weitere Rechnung mit EUR 8.032,50 als Abschlagszahlung zur Hälfte. Am 16. März 2022 wandte sich die Beschwerdegegnerin per eMail an die Beschwerdeführerin und forderte sie auf, sicherzustellen, dass durch die ausgewählten Bilder, die auf die Bezüge gedruckt werden sollten, keine Urheberrechte verletzt werden. Die Beschwerdeführerin kündigte daraufhin am 10. Mai 2022 den Vertrag und forderte von der Beschwerdegegnerin die Rückzahlung der bereits erbrachten Leistungen in Höhe von EUR 11.114,60. Die Beschwerdegegnerin antwortete, „die Konfektion und den Sublimation Druck“ werde sie nicht mehr berechnen. Weil aber bereits das Material – für welches ansonsten keine Verwendung bestehe – bestellt worden sei, ergebe sich trotz der bereits geleisteten Abschlagszahlung kein Rückzahlungsanspruch. Das wollte die Beschwerdeführerin nicht akzeptieren und begehrte Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren. Im Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe stützte sie ihren Anspruch nicht allein auf die Kündigung, sondern machte zusätzlich geltend, dass sie die Beschwerdegegnerin darüber hätte aufklären müssen, dass das Bedrucken der Bezüge mit Bildern der Boyband abhängig von der Zustimmung des Urhebers der Bilder sei; der Beschwerdegegnerin sei bekannt gewesen, dass die Beschwerdeführerin nur mit heruntergeladenen Bildern aus dem Internet arbeite. Sie sei arglistig getäuscht worden und daher zur Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB berechtigt.

Mit diesem Antrag blieb die Beschwerdeführerin vor dem LG Limburg (Beschluss vom 09.03.2023 – Az. 1 O 458/22) ohne Erfolg, weshalb sie ihr Glück vor dem OLG Frankfurt am Main suchte. Dort hatte sie teilweise Erfolg. Ein Recht der Beschwerdeführerin, sich wegen einer angeblichen Täuschung durch Anfechtung vom Vertrag zu lösen, verneinte das OLG allerdings ebenfalls. Die Beschwerdeführerin habe als Rechtsanwaltsfachangestellte jedenfalls ein gewisses Grundverständnis für die Rechtsordnung. Zudem wäre sie Existenzgründerin. Sie wollte sich mit dem Geschäft eine berufliche Existenz aufbauen, hatte dafür bereits Darlehen aufgenommen, sich eine Domain gesichert sowie Vorbereitungen für den Aufbau eines Webshops getroffen. Damit handelte sie gegenüber der Beschwerdegegnerin nicht mehr als Verbraucherin, sondern als Unternehmerin. Vor diesem Hintergrund habe kein Anlass bestanden, die Beschwerdeführerin wie eine Verbraucherin besonders (vor ihren eigenen Entscheidungen) zu schützen. Der Umstand, dass man nicht ohne jede Rücksicht auf fremde Urheberrechte Bilder aus dem Internet herunterladen und dann selbst kommerziell verwerten darf, gehöre zum Allgemeinwissen nicht nur von rechtskundigen Personen, sondern auch der breiten Bevölkerung. Jedenfalls davon, dass die Beschwerdeführerin als Rechtsanwaltsfachangestellte und Unternehmerin insoweit kundig war, durfte die Beschwerdegegnerin ausgehen und musste daher kein Wissensgefälle erkennen. Gnädiger war das Oberlandesgericht allerdings im Hinblick auf die Kündigung; hier bejahte der Senat ein Recht aus § 648 Satz 2 BGB, auf dessen Grundlage die hälftig beglichene Rechnung über EUR 8.032,50 erstellt wurde. Zwar könne die Beschwerdegegnerin die vereinbarte Vergütung verlangen, müsse sich aber Ersparnisse durch die Aufhebung des Vertrags anrechnen lassen. Insoweit sei sie jedenfalls bisher ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Je nach dem weiteren Vorbringen der Parteien bleibe daher die Möglichkeit, dass der Beschwerdeführerin ersparte Aufwendungen bis hin zur Höhe der Abschlagszahlung zu erstatten sind. Wer letztlich obsiegt, sei offen; eine „gewisse“ Erfolgswahrscheinlichkeit genüge für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Das OLG Frankfurt am Main knüpft damit an die Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 24.02.2005 – Az. III ZB 36/04) an, der Existenzgründer dann als Unternehmer ansieht, wenn ein Geschäft im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit geschlossen wird. Auf das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein geschäftlicher Erfahrung kommt es dafür nicht an. Es kommt vielmehr darauf an, ob das Verhalten der Sache nach dem privaten – dann Verbraucherhandeln – oder dem gewerblich-beruflichen Bereich – dann Unternehmertum – zuzuordnen ist. Die vorbereitende Registrierung einer Domain kann dabei dazu beitragen, ein Handeln im gewerblich-beruflichen Bereich zu bejahen.

Den Beschluss des OLG Frankfurt finden Sie unter:
> http://newsletter.domain-recht.de/go/3/5IB2RBF9-5IATYA05-5IATYA02-15GKJ5P.html

Spezialisierte Anwälte findet man unter:
> https://www.domain-anwalt.de

Quelle: eigene Recherche

NICHT NUR FANS – SAMMELBESCHWERDE NACH DER UDRP

Den Streit um mehrere Domain-Namen in einer einzigen Beschwerde zusammenzufassen, kann ein besonders effizienter Umgang mit der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP) sein. Aber diese Praxis ist nicht immer zu empfehlen.

In einem Schiedsgerichtsverfahren vor der Genfer World Intellectual Property Organization (WIPO) standen sich die US-amerikanische Fenix International Limited als Beschwerdeführerin und zahlreiche weltweit verteilte Domain-Inhaber – darunter mehrere Privacy-Dienste aus Australien, den USA, Island und Panama sowie ein Philipp Müller aus Deutschland – auf Seiten der Beschwerdegegner gegenüber. Gestritten wurde um insgesamt 14 Domains, darunter onlyfans-leaked.com; auch die übrigen Domains haben einen Bezug zur Unterhaltung im Erwachsenenbereich. Die Beschwerdeführerin betreibt den Webdienst Onlyfans; dort können die Nutzer ihren „Fans“ Videos, Photos oder Chats gegen Vergütung anbieten. Dazu ist sie Inhaberin mehrerer „ONLYFANS“-Marken mit Eintragungen in der EU und in Großbritannien. Die streitigen Domains selbst enthalten die Marke nur zum Teil, wobei unstreitig war, dass sie alle zu Internetangeboten führen, die Erwachseneninhalte zur Verfügung stellen. Die UDRP lässt es nun grundsätzlich zu, in einem Beschwerdeverfahren um mehrere Domains zu streiten; so heisst es in Artikel 3 c) der UDRP Rules: „The complaint may relate to more than one domain name, provided that the domain names are registered by the same domain-name holder.“ Das kann vor allem aus Kostengründen sinnvoll sein, zumal der „Loser pays“-Grundsatz in der UDRP nicht gilt. Panelist Richard C.K. van Oerle musste daher klären, ob die Domains tatsächlich einem einzigen Domain-Inhaber zuzurechnen sind.

Die „WIPO Overview 3.0“ sieht in diesem Fall vor, dass das Panel prüfen muss, ob (i) die Domains oder die dazugehörigen Websites einer gemeinsamen Kontrolle unterliegen und ob (ii) die Zusammenfassung fair und gerecht für alle Parteien wäre. Auch verfahrensökonomische Gründe dürfen berücksichtigt werden. Die Beschwerdeführerin hatte geltend gemacht, dass die Inhaber der streitigen Domains „are the same person, entity, or network, somehow connected to each other, and are under common control aimed at intentionally infringing the Complainant’s marks and harming consumer“. Das ergebe sich aus mehreren Indizien wie der Zeichenstruktur der Domains, teilweise identischen Kontaktinformationen, teilweise bewusst unvollständigen, fiktiven oder gestohlenen Adressen, der Nutzung aller Domains für gestohlene Inhalte bei ähnlicher graphischer und preislicher Gestaltung der Websites und der Beauftragung von insgesamt lediglich drei Domain-Registraren. Das alles reichte für Panelist van Oerle aber nicht aus. Immerhin zwei der Beschwerdegegner hätten sich gemeldet und ausdrücklich bestritten, mit den anderen Domain-Inhabern in Verbindung zu stehen. Zwar gäbe es Ähnlichkeiten bei den Webseiten, aber auch Unterschiede wie eine unterschiedliche Anzahl von Spalten sowie verschiedene Schriftarten, Logos und Links; die offenbar einheitliche Verwendung eines handelsüblichen Content Management Systems wie hier Kernel Video Sharing (KVS) genüge nicht. Zu den weiteren Indizien fehle es teilweise an ausreichendem Vortrag; dass die Marken der Beschwerdeführerin zwei generische Begriffe enthalten, mache deren getrennte Verwendung in einer Domain nicht zum Zeichen für eine einheitliche Kontrolle. Dagegen spreche auch, dass das Registrierungsdatum für die Domains erheblich differenziere und sich auf den Zeitraum 20. Oktober 2019 bis 15. September 2021 verteile. Das Panel resümiert: „there is insufficient evidence to support a finding that common control exists.“

Das Schiedsgericht wies die Beschwerde daher zurück, weil es keine Grundlage dafür gab, die streitigen Domains gegen personenverschiedene Domain-Inhaber in einem einzigen Verfahren zu verhandeln. Aus diesem Grund musste sich das Schiedsgericht mit den klassischen drei Tatbestandsvoraussetzungen der UDRP für eine Übertragung der Domains gar nicht mehr befassen. Es bleibt der Beschwerdeführerin aber unbenommen, neue UDRP-Verfahren einzuleiten, dann allerdings gegen jeden Domain-Inhaber einzeln, mit entsprechend höheren Kosten. Davon hat die Beschwerdeführerin teilweise auch bereits Gebrauch gemacht – und bisher prompt in vier von fünf Verfahren obsiegt.

Die Entscheidung der WIPO finden Sie unter:
> http://newsletter.domain-recht.de/go/3/5IB2RBF9-5IATYA05-5IATYA03-QIFFYN.pdf

Spezialisierte Anwälte findet man unter:
> https://www.domain-anwalt.de

Quelle: giga.law, eigene Recherche

PLANVOLL – PLANS.COM KLETTERT AUF US$ 275.000,–

Die vergangene Domain-Handelswoche erweist sich als klein, aber fein. Gleich zwei Domains geraten in den sechsstelligen Bereich, wobei plans.com mit US$ 275.000,– (ca. EUR 252.294,–) vorne liegt.

Ein alter Bekannter, plans.com, liegt mit seinem Preis von US$ 275.000,– (ca. EUR 252.294,–) diesmal an erster Position. Anlässlich der T.R.A.F.F.I.C. im September 2008 erzielte die Domain noch US$ 70.000,- (ca. EUR 49.645,-) und konnte sich nun also deutlich verbessern.

Unter den Länderendungen steht wieder eine Domain aus Anguilla vorne: popcorn.ai kommt auf US$ 11.499,– (ca. EUR 10.550,–). Die deutsche Endung startet mit socialrecruiter.de bei lediglich EUR 3.690,–.

Die neuen generischen Endungen sind diesmal gar nicht vertreten. So bleibt umso mehr Raum für die klassischen Endungen, die herausragend dastehen: mana.org geht mit US$ 167.000,– (ca. EUR 153.211,–) an eine Cryptocoin-Bude. Es folgen allerdings auch zwei sehr gute weitere .org-Domains und eine hübsche .info. Die vergangene Domain-Handelswoche überzeugt mit Qualität, nicht mit Quantität.

Länderendungen
————–

popcorn.ai – US$ 11.499,– (ca. EUR 10.550,–)
very.ai – GBP 5.800,– (ca. EUR 6.774,–)
argan.ch – EUR 4.990,–
sabo.co – US$ 4.500,– (ca. EUR 4.128,–)
motivation.io – US$ 4.021,– (ca. EUR 3.689,–)
workspace.fr – EUR 3.799,–
socialrecruiter.de – EUR 3.690,–
batteriespeicher.de – EUR 3.000,–
lonewolf.eu – EUR 2.599,–
parkplatzfrei.de – EUR 2.500,–
rxsugar.de – EUR 2.500,–
sportinn.de – EUR 2.000,–

Generische Endungen
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mana.org – US$ 167.000,– (ca. EUR 153.211,–)
pafitanatoraja.org – US$ 61.000,– (ca. EUR 55.963,–)
pafibungo.org – US$ 51.000,– (ca. EUR 46.789,–)
woerterbuch.info – EUR 21.000,–

.com
—–

plans.com – US$ 275.000,– (ca. EUR 252.294,–)
fruta.com – US$ 40.000,– (ca. EUR 36.697,–)
circuitco.com – US$ 37.844,– (ca. EUR 34.719,–)
johnedwards.com – US$ 24.750,– (ca. EUR 22.706,–)
vineyardtrust.com – US$ 15.645,– (ca. EUR 14.353,–)
jabl.com – EUR 15.000,–
bdvn.com – US$ 10.000,– (ca. EUR 9.174,–)
pasma.com – US$ 9.000,– (ca. EUR 8.257,–)
ft5.com – US$ 5.555,– (ca. EUR 5.096,–)
jowst.com – EUR 5.000,–
sacoair.com – US$ 5.000,– (ca. EUR 4.587,–)
matchfactory.com – US$ 5.000,– (ca. EUR 4.587,–)

Weitere Domain-Preise finden Sie unter:>
> https://www.domain-spiegel.de

Quelle: sedo.de, thedomains.com, tldinvestors.com

MÜNCHEN – 22. BAYERISCHER IT-RECHTSTAG IM OKTOBER

Der Bayerische Anwaltverband lädt zum 22. Bayerischer IT-Rechtstag am 16. Oktober 2023 unter dem Titel „IT-Basics reloaded: Software (KI) und IT-Verträge (Data Act)“. Der Schwerpunkt der Veranstaltung liegt auf Rechtsfragen zu Software und Softwareprojekten.

Den 22. Bayerischen IT-Rechtstag organisieren der Bayerische Anwaltverband, die Arbeitsgemeinschaft Informationstechnologie im Deutschen Anwaltverein (DAVIT) und die Universität Passau, Institut für das Recht der digitalen Gesellschaft gemeinsam. Der 22. Bayerische IT-Rechtstag findet als Hybrid-Tagung in Person und online statt. Ausgerichtet wird er wie bereits im Vorjahr im hbw Conference Center in München. Die Moderation übernimmt wie gehabt Rechtsanwalt Prof. Dr. Peter Bräutigam (München). Der IT-Rechtstag startet am 16. Oktober 2023 um 09:00 Uhr mit der Begrüßung durch die Rechtsanwälte Michael Dudek (Präsident des Bayerischen Anwaltverbandes) und Karsten U. Bartels, LL.M. (Vorsitzender des GfA davit, Berlin). Die ersten Referate danach stehen unter der Überschrift „Software reloaded: Softwareprojekte“ und zeigen die Möglichkeiten des Umgangs beim Scheitern von Softwareprojekten. Referenten sind unter anderem RA Dr. Thomas Lapp, der die Chancen der Mediation darlegt, und RAin Elke Bischof, die Praxistipps für Agile Softwareprogrammierung und EVB-IT gibt. Im 2. Teil, nach der Mittagspause, geht es unter dem Titel „Software reloaded: KI und Haftung“ weiter. Besprochen werden Softwareregulierung und Haftung für Software. Schließlich widmet sich die Tagung im 3. Teil noch dem „Data Act“.

Der 22. Bayerische IT-Rechtstag findet am 16. Oktober 2023 von 09:00 bis 17:45 Uhr im hbw ConferenceCenter, Max-Joseph-Str. 5 in 80333 München, und online statt. Die Teilnahmekosten belaufen sich für DAV-Mitglieder auf EUR 260,– zzgl. USt (= EUR 309,40) und für Nichtmitglieder auf EUR 350,– zzgl. USt (= EUR 416,50). Die Anzahl der Präsenzplätze ist begrenzt. Für Teilnehmer gibt es eine Bescheinigung nach § 15 FAO.

Weitere Informationen und Anmeldung gibt es unter:
> http://newsletter.domain-recht.de/go/3/5IB2RBF9-5IATYA05-5IATYA04-MBX19PS.html
> http://newsletter.domain-recht.de/go/3/5IB2RBF9-5IATYA05-53HILOFH-YKQ1CYR.html

Quelle: davit.de, bayerischer-it-rechtstag.com

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