Themen: RDRS – ICANN testet WHOIS-Nachfolger | Bankenpleite – Gefahr für US-Registries? | TLDs – Neues von .esq, .hu und .lt | OLG Nürnberg – Im Eilverfahren eilt es | nes.cafe – Panel lässt sich nicht austricksen | vital.io – Lebenskraft für US$ 60.000,- | Meissen – EuroSSIG im Sommer 2023
RDRS – ICANN TESTET WHOIS-NACHFOLGER
Auf Wiedersehen „SSAD Light“, hallo „RDRS“: ICANN wird den designierten WHOIS-Nachfolger „System for Standardized Access/Disclosure“ (SSAD) aus Kostengründen nicht weiterverfolgen. Getestet wird stattdessen der „System Registration Data Request Service“ (RDRS).
Auf der Suche nach einem mit der DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) kompatiblen WHOIS-System hatte im Mai 2021 der designierte Nachfolger, das SSAD, den Testbetrieb im Rahmen einer Operational Design Phase (ODP) aufgenommen. Das SSAD war von Anfang umstritten. So schätzte ICANN allein die Kosten der Entwicklung auf US$ 20 Mio. bis 27 Mio.; ist das SSAD fertig, sollen sich die Betriebskosten geschätzt auf US$ 14 Mio. bis zu US$ 107 Mio. belaufen, umgerechnet also bis zu über EUR 104 Mio. im Jahr. Dabei kämpft ICANN mit zahlreichen Unbekannten im Bereich des „level of usage“, wie der Zahl der voraussichtlichen Nutzer oder der Zahl der Abfragen. Davon wiederum hängen in erheblichem Maße die Kosten ab. Auf Vorschlag der Generic Names Supporting Organization (GNSO) schwenkte ICANN im September 2022 deshalb zum „WHOIS Disclosure System“ um. Dedacht war dieses „SSAD Light“ als „Proof of Concept“, an dem die prinzipielle Durchführbarkeit des Reformvorhabens getestet werden soll.
Nach einem Beschluss des ICANN Board of Directors vom 27. Februar 2023 soll dieses Vorhaben nun weiterverfolgt werden. Nachdem unter anderem das Board Finance Committee grünes Licht gegeben und die finanziellen Mittel für bis zu zwei Jahre zur Verfügung gestellt hat, soll in den kommenden elf Monaten der „System Registration Data Request Service“ (RDRS) genannte Dienst entwickelt und gestartet werden. Die wesentliche Kostenersparnis verspricht man sich davon, dass die Person des Anfragenden nicht validiert wird; Behörden sollen das System, das nur für generische Top Level Domains gilt, für die Dauer von zwei Jahren kostenfrei nutzen können. Außerdem soll es dem jeweiligen nationalen Recht überlassen sein, ob Domain-Registrare auf Anfragen antworten dürfen und müssen. Das erspart ICANN die Suche nach einem Modell, das mit allen Datenschutzregelungen weltweit kompatibel ist. Sarah Wyld vom Registrar Tucows forderte aus Qualitätsgründen eine Erfassung von allen Fällen, in denen die Anfragen negativ beantwortet werden; ob sich dieser Wunsch in der Endfassung des RDRS wiederfindet, bleibt abzuwarten. Klar ist aber, dass es regelmäßige Nutzerstatistiken geben soll: „These usage statistics will inform periodic checkin discussions with the GNSO Council.“ Das bedeutet zugleich, dass das System zwei Jahre nach Start des Testbetriebs erneut überprüft werden soll.
Von der Entscheidung für den RDRS verspricht sich ICANN vor allem drei zentrale Vorteile für die Community: „1) streamlining the process for requestors to solicit access to nonpublic gTLD registration data, 2) creating a consistent format for requests for data access to be reviewed by participating registrars, and 3) added transparency and consistency for data subjects“. Unerwähnt, aber erfreulicher Nebeneffekt dürfte sein, dass damit auch der Weg für eine weitere nTLD-Einführungsrunde weniger steinig geworden ist. Die Arbeit am SSAD hatte die Arbeiten der „New gTLD Subsequent Procedures PDP Working Group“ nicht unwesentlich erschwert.
Weitere Informationen finden Sie unter:
> http://newsletter.domain-recht.de/go/15/5BH4MF5C-5BGY0BFN-5BGY0BFJ-GKH5I5.html
Quelle: icann.org, parisbeacon.com, eigene Recherche
BANKENPLEITE – GEFAHR FÜR US-REGISTRIES?
Die Pleite der US-amerikanischen Silicon Valley Bank geht auch an der Domain Name Industry nicht spurlos vorüber: die vormals als Donuts bekannte Registry Identity Digital Inc. war Kunde der Bank. Für die Inhaber einer von Identity Digital Inc. verwalteten Domain besteht aber kein Risiko.
Gegründet im Jahr 1982, galt die Silicon Valley Bank (SVB), eine Tochtergesellschaft der SVB Financial Group, lange Zeit als bevorzugter Ansprechpartner für Start-Ups. Mehr als 30.000 Unternehmensgründungen soll das im kalifornischen Santa Clara ansässige Finanzinstitut unterstützt haben, darunter Technologieunternehmen wie Airbnb, Fitbit, Pinterest und Etsy. Doch nachdem zahlreiche Kunden wegen gestiegener Zinsen ihre Gelder abriefen und der Versuch, über eine Kapitalerhöhung sich selbst frisches Geld zu besorgen, gescheitert war, schloss die US-Einlagensicherungsanstalt „Federal Deposit Insurance Corporation“ (FDIC) am 10. März 2023 die SVB und überführte deren Vermögenswerte in die neu gegründete Silicon Valley Bridge Bank, N.A. Der Der Kollaps gilt als die zweitgrößte Bankschließung in der Geschichte der USA; geschätzt 85 bis 95 Prozent der Einlagen, die mit rund US$ 175 Mrd. beziffert werden, gelten als unversichert. Die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat ebenfalls bereits reagiert und am 13. März 2023 aufgrund der bestehenden Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber Gläubigern ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot erlassen. Außerdem ordnete die BaFin an, die Bank für den Verkehr mit der Kundschaft zu schließen (Moratorium). Die Maßnahmen gelten solange, bis die weitere Entwicklung für die auf die FDIC übertragenen Geschäfte der SVB geklärt ist.
Zu den von der SVB-Pleite betroffenen Kunden zählt unter anderem auch Identity Digital Inc., das 2022 aus Donuts Inc. und Afilias Inc. hervorgegangene Unternehmen. In einer eMail an die Registrare räumte Identity Digital ein, Bankkunde zu sein; das Risiko für die eigenen Kunden sei jedoch gering: „our exposure is very limited and we remain committed to serving our customers, employees, and vendors without interruption.“ Dennoch bat man, künftige Zahlungen auf ein Konto bei der HSBC (Hongkong & Shanghai Banking Corporation Holdings PLC), eine international agierende Großbank mit Sitz in London, zu überweisen. Im August 2017 hatte Donuts mitgeteilt, einen Kredit über US$ 110 Mio. von der SVB erhalten zu haben, um die Fusion mit der Rightside Group zu finanzieren. Damals war man noch voll des Lobes: „SVB understands deeply our business and our industry and did a terrific job in forming a syndicate of leading institutions.“, so Bruce Jaffe, der damalige CEO von Donuts. Inzwischen steht Akram J. Atallah, der vormals in leitender Stellung für ICANN tätig war, als CEO an der Spitze von Identity Digital.
Für die 266 von Identity Digital verwalteten Top Level Domains samt der knapp 5,8 Mio. registrierten Domains besteht aktuell kein Risiko. Sollte es zu einem Ausfall einer Registry kommen, hat ICANN mit dem sogenannten Emergency Back-end Registry Operator (EBERO) vorgeplant. Durch Bestimmung dieser Ersatz-Registry wird gewährleistet, dass im Notfall die Sicherheit und Stabilität des übrigen Domain Name Systems nicht gefährdet wird. Der Operator wird dabei nur vorübergehend tätig, um fünf kritische Funktionen aufrechtzuerhalten, darunter vor allem die Auflösung (und damit das Funktionieren) registrierter Domains und den Betrieb des WHOIS-Systems.
Quelle: domainincite.com, eigene Recherche
TLDS – NEUES VON .ESQ, .HU UND .LT
Achterpack von Google: gleich acht neue Top Level Domains startet die Registry-Tochter des Suchmaschinengiganten im Mai 2023. Derweil wirkt sich der Krieg in der Ukraine auf Litauens Länderendung .lt aus, während Ungarns .hu bald einfacher zu registrieren ist – hier unsere Kurznews.
Die Google-Tochter Charleston Road Registry Inc. hat bekanntgegeben, dass mit .esq, .foo, .dad, .nexus, .mov, .phd, .prof sowie .zip gleich acht nTLDs im Mai 2023 ihren Marktstart haben. Für alle acht Endungen gilt ein einheitlicher Fahrplan: traditionell den Auftakt macht eine Sunrise-Period, die vom 02. April bis 03. Mai 2023 dauert; teilnahmeberechtigt sind Markeninhaber mit Eintrag im Trademark Clearinghouse. Die Sunrise Period geht am 03. Mai 2023 über in eine Early Access Period (EAP), in der jedermann verfübare Domains gegen Zahlung einer erhöhten, aber stetig sinkende Gebühr registrieren kann. Diese Phase dauert bis zum 10. Mai 2023, der zugleich den Übergang in die Live-Phase markiert. Google betont, dass sich .esq als „secure domain for lawyers or distinguished people“ versteht, und „.prof is for professors“. Ob und wie Google die Einhaltung dieser Vorgaben sicherstellt bzw. deren Verletzung zu einem Entzug der Registrierung führen kann, lässt sich der Mitteilung leider nicht entnehmen.
Das Council of Hungarian Internet Providers (CHIP), Verwaltung der ungarischen Länderendung .hu, erleichert die Registrierung von Domains. Beginnend ab dem 01. Juli 2023 ist es nicht mehr verpflichtend, Nameserver-Einträge im Rahmen des Registrierungsprozesses anzugeben. Die Domain wird also auch ohne diese Einträge, aber nach einer „positive evaluation“ registriert. Eingetragen in die Root Zone und delegiert wird sie aber erst, nachdem die Nameserver-Einträge vorliegen. CHIP erhofft sich damit eine Beschleunigung des Registrierungsprozesses. Im Übrigen lockert CHIP die strengen Vergaberegeln für .hu aber nicht. Deshalb müssen Privatpersonen mit Wohnsitz innerhalb Europas (außer Weißrussland und Vatikan) weiterhin die Ausweisnummer sowie die Art des Ausweises mitteilen; Unternehmen mit Sitz innerhalb Europas (außer Weißrussland und Vatikan) müssen die Umsatzsteuernummer angeben. Die Registrierung von Domains aus dem pornographischen Bereich bleibt weiterhin untersagt.
Der Krieg in der Ukraine hat das Wachstum von Domain-Namen mit der litauischen Länderendung .lt gebremst. Nach Angaben des Internet Service Center „DOMREG“ an der Registry, der Kaunas University of Technology (KTU), stürzte das Wachstum von 5,7 Prozent im Jahr 2021 im Jahr 2022 auf 0,5 Prozent ab. „The outbreak of the war in Ukraine caused companies to withdraw from businesses that were oriented towards the East. We had contact with some customers who said that their activities for the Russian market have been terminated because of the war, and therefore they no longer need a domain or internet address“, so Tomas Mackus, Head of KTU. Das Abklingen der Corona-Pandemie soll dagegen kein entscheidener Faktor gewesen sein; 2020 hatte COVID-19 ddas Wachstum noch maßgeblich angetrieben. Insgesamt wurden 2022 rund 37.000 .lt-Domains neu registriert, dagegen wurden etwa 35.000 .lt-Domains nicht verlängert. Damit schloss .lt das Jahr 2022 mit über 226.000 Registrierungen.
Weitere Informationen zu den acht Google-Domains finden Sie unter:
> http://newsletter.domain-recht.de/go/15/5BH4MF5C-5BGY0BFN-5BGY0BFK-OKVVYC.html
Quelle: registry.google, domain.hu, domreg.lt
OLG NÜRNBERG – IM EILVERFAHREN EILT ES
Wer in einem Eilverfahren sofortige Beschwerde einlegt und diese entgegen einer Ankündigung nicht begründet, hat es nicht so eilig wie er vorgibt. Das entschied das OLG Nürnberg (Beschluss vom 28.02.2023 – Az. 3 W 290/23) in einem Streit um Administratorenrechte für zwei Domain-Namen.
Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2022 stellte die Antragstellerin beim Landgericht Nürnberg-Fürth einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Gestützt auf einen behaupteten unzulässigen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb begehrte sie die Herausgabe bzw. Zurücksetzung der Zugangsdaten zu zwei .de-Domains bzw. zu den korrespondieren eMail-Postfächern sowie die Unterlassung weiterer Änderungen. Mit Verfügung vom 02. Januar 2023 erteilte das Landgericht rechtliche Hinweise und räumte der Antragstellerin eine Frist zur Stellungnahme bis 09. Januar 2023 ein. Dem kam die Antragstellerin fristgemäß nach; zur Glaubhaftmachung verwies sie auf eine eidesstattliche Versicherung eines Herrn A. und führte aus, dass diese nachgereicht werde, was sie allerdings erst mit Schriftsatz vom 10. Januar 2023 tat. Mit Beschluss vom 10. Januar 2023 wies das Landgericht den Antrag vom 12. Dezember 2022 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Dagegen legte die Antragstellerin am 30. Janaur 2023 sofortige Beschwerde ein und kündigte an, dass sie zur Begründung ihrer Anträge mit gesondertem Schriftsatz ausführen werde. Mit Beschluss vom 03. Februar 2023 half das Landgericht der Beschwerde nicht ab; zu diesem Zeitpunkt war die angekündigte Begründung nicht eingegangen. Mit Verfügung vom 09. Februar 2023 gab das Oberlandesgericht Nürnberg den Parteien Gelegenheit, bis 24. Februar 2023 zur Beschwerde Stellung zu nehmen. Gleichwohl ging keine Begründung der Antragstellerin ein.
Über die Hürde der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde half das Oberlandesgericht Nürnberg der Antragstellerin noch hinweg, denn eine rechtliche Begründung der Beschwerde ist keine Zulässigkeitsvoraussetzung. Allerdings musste es in der Sache keine Entscheidung treffen, da es der Antragstellerin schon an der Dringlichkeit für den Erlass einer einstweiligen Verfügung fehlte. Der Antragsteller bzw. sein Prozessbevollmächtigter habe alles in seiner Macht stehende zu tun, um einen möglichst baldigen Erlass der einstweiligen Verfügung zu erreichen. Daher bestehe der Verfügungsgrund nicht, wenn der Antragsteller mit der Rechtsverfolgung zu lange wartet oder das Verfahren nicht zügig, sondern schleppend betreibt und damit selbst zu erkennen gibt, dass es ihm mit der Durchsetzung seiner Ansprüche nicht eilig ist. Das sei hier der Fall. Es sei bereits dringlichkeitsschädlich, dass die Antragstellerin bis zum 09. Januar 2023 nicht wie gefordert glaubhaft gemacht hatte, Inhaberin der streitgegenständlichen Domains bzw. eMail-Postfächer zu sein, sondern die eidesstattliche Versicherung erst einen Tag nach Fristablauf nachreichte. Außerdem entspreche es einer sachgerechten Prozessführung, dem Rechtsmittelgericht gegenüber zeitnah zum Ausdruck zu bringen, aus welchen Gründen eine Entscheidung angefochten wird. Das habe die Antragstellerin im Streitfall versäumt, obwohl die Begründung gesetzlich nicht vorgeschrieben ist. Damit hat die Antragstellerin gezeigt, dass ihr die Erreichung ihres Rechtsschutzziels nicht (mehr) eilig ist. Erschwerend komme hinzu, dass die Antragstellerin angegeben hatte, dass sie zur Begründung ihrer Anträge mit gesondertem Schriftsatz ausführen werde (was sie dann nicht tat); sie sah daher selbst die Notwendigkeit, zum Ausdruck zu bringen, aus welchen Gründen die Entscheidung angefochten wird. Damit wies das OLG die sofortige Beschwerde zurück.
Bei einem Streitwert von EUR 40.000,- war das kein ganz billiger Ausflug für die Antragstellerin ins Prozessrecht. Tröstend mag sein, dass ihr der Weg in ein Hauptsacheverfahren unverändert offen steht. Bis dahin hat sie jedoch keinen Zugriff auf die beiden streitigen Domains; gerade bei Unternehmen kann das rasch einen erheblichen Schaden auslösen.
Die Entscheidung des OLG Nürnberg finden Sie unter:
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Spezialisierte Anwälte findet man unter:
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Quelle: eigene Recherche
NES.CAFE – PANEL LÄSST SICH NICHT AUSTRICKSEN
Dass die Top Level Domain bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr zwar in der Regel, aber nicht immer außer Betracht bleibt, musste der Inhaber der Domain nes.cafe in einem UDRP-Verfahren vor der World Intellectual Property Organization (WIPO) feststellen. Das Schiedsgericht entschied auf Transfer der Domain.
Antragstellerin in dem am 17. Januar 2023 eingeleiteten Verfahren ist die Société des Produits Nestlé S.A., die zum weltgrössten Nahrungsmittelkonzern Nestlé gehört. Sie produziert und vertreibt Kaffee, unter anderem unter der bereits 1938 eingeführten Marke „NESCAFE“. Dazu ist sie Inhaberin mehrerer Marken, darunter einer bereits im Jahr 1959 eingetragenen internationale Marke. Sie stört sich an der Domain nes.cafe, die erstmals am 14. Juli 2015 registriert wurde. Ihr Inhaber, der Usbeke Boris Postolov, nutzte die Domain zuletzt für Domain-Parking. Über eine Webagentur kontaktierte Nestlé den Domain-Inhaber im November 2022 über ein Kontaktformular des Registrars; daraufhin meldete sich der Domain-Inhaber und forderte die Webagentur dazu auf, ein Kaufangebot abzugeben. Die Webagentur kam dieser Aufforderung in Höhe der „estimated out-of-pocket costs“ nach, was der Domain-Inhaber jedoch ablehnte. Stattdessen nannte er nun selbst einen Kaufpreis von US$ 150.000,-. Darauf wiederum reagierte Nestlé mit einer Abmahnung, die der Domain-Inhaber aber unbeachtet ließ. Er war der Meinung, dass er lediglich die Second Level Domain „nes“ registriert habe, und die sei offensichtlich mit der Marke „NESCAFE“ nicht identisch oder zum Verwechseln ähnlich. Damit lag es nun am Einzel-Panelist John Swinson, über das Schicksal der Domain nes.cafe zu entscheiden.
Swinson prüfte die drei Tatbestandsvoraussetzungen eines Übertragungsanspruchs nach der UDRP und gab dem Antrag von Nestlé statt (WIPO-Case No. D2023-0212). Gleich die erste Frage nach der Identität oder Verwechslungsgefahr zwischen Domain und Marke warf die Frage auf, ob ausnahmsweise auch die Top Level Domain in die Betrachung aufzunehmen sei. Üblicherweise ist das nicht der Fall, wie auch Swinson feststellt. Doch in der Juristerei gibt es Grundsätze, aber auch Ausnahmen: „In some limited circumstances, however, as part of a holistic review of the facts, it may be appropriate to “span the dot” and consider the TLD“, so das Schiedsgericht. Zur Begründung verwies man auf Parallelfälle wie die Verfahren um zionsbank.holdings, mr.green und creditmutuel.group. Vor allem aber der Streit um tes.co lieferte Swinson das Argument: „The only consideration is whether, in registering the Domain Name with a particular TLD suffix, a respondent has sought to incorporate a complainant’s trademark in its entity by making use of that TLD suffix, such that it becomes a key part of the Domain Name. In the Panel’s view, if the TLD suffix is part of the Complainant’s trademark, whether forming part of one word, or a second and distinct word, it may be taken into account for comparison purposes.“ Maßgeblich ist also, dass die Top Level Domain zu einem Schlüsselteil der Domain wird.
Vergleichsweise unproblematisch waren die beiden weiteren Prüfungsschritte. Ein Recht oder berechtigtes Interesse in Bezug auf die streitige Domain sprach Swinson dem Domain-Inhaber ab, da er weder unter der Marke bekannt sei noch selbst ein Café betreibe. Auch dessen Behauptung, er wolle die Domain für ein Projekt namens „New Epoch Standup“ verwenden, überzeugte Swinson nicht, zumal die Domain seit sieben Jahren praktisch ungenutzt sei. Und auch die bösgläubige Registrierung und Nutzung der Domain war für das Schiedsgericht offensichtlich. Die Marke „NESCAFE“ sei sehr bekannt, eine nicht die Marke verletzende Nutzung sei kaum denkbar. Und auch die Forderung nach einem Kaufperis in Höhe von US$ 150.000,- sei für den Domain-Inhaber nicht hilfreich. Mit Urteil vom 08. März 2023 schloss Swinson das UDRP-Verfahren daher ab und entschied auf eine Übertragung der Domain.
Die UDRP-Entscheidung über die Domain nes.cafe finden Sie unter:
> http://newsletter.domain-recht.de/go/15/5BH4MF5C-5BGY0BFN-5BGY0BFM-2L81A5X.pdf
Spezialisierte Anwälte findet man unter:
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Quelle: wipo.int, eigene Recherche
VITAL.IO – LEBENSKRAFT FÜR US$ 60.000,-
Die vergangene Domain-Handelswoche ließ wieder einmal .com hinter sich. vital.io mit ihrem Preis von US$ 60.000,- (ca. EUR 56.075,-) legte sich an die Spitze. Diesmal war die Woche etwas mau.
Unter der Endung .com tat sich nichts. Mit betery.com steht zum Preis von US$ 12.995,- (ca. EUR 12.145,-) keine hochpreisige Domain an der Spitze. Wir haben citybase.com mit US$ 7.021,- (ca. EUR 6.562,-) etwas in der Liste vorgezogen, weil diese im Juni 2011 auf lediglich US$ 5.200,- (ca. EUR 3.611,-) kam und sich etwas verbesserte.
Nicht nur die Liste der Verkäufe unter Länderendungen führt dieses Mal .io (Britisches Territorium im Indischen Ozean) an, sondern die Handelswoche: vital.io kommt auf US$ 60.000,- (ca. EUR 56.075,-) und steigert damit ihren Wert vom November 2021, der bei US$ 9.500,- (ca. EUR 8.482,-) lag, sehr deutlich. Die deutsche Endung startet erst bei EUR 7.800,- mit der Drei-Ziffern-Domain 511.de, bietet dafür ein wenig Geschichte: die Domain lina.de kam im August 2011 auf EUR 773,- und steigerte sich nun auf EUR 3.490,-. Etwas anders sieht es für die britische jazz.co.uk aus, die im Januar 2020 US$ 3.406,- (ca. EUR 3.060,-) einspielte und nun auf US$ 2.745,- (ca. EUR 2.565,-) zurückfällt.
Die neuen generischen Endungen bieten abermals starke .art-Domains, mit daf.art zum Preis von US$ 6.500,- (ca. EUR 6.075,-) an der Spitze. Die klassischen generischen Endungen erweisen sich wieder als schwächer als in den Vorwochen und steigen mit brightpath.org zum Preis von US$ 4.699,- (ca. EUR 4.392,-) ein. Die vergangene Domain-Handelswoche war nicht so erfreulich wie die Vorwochen.
Länderendungen
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vital.io – US$ 60.000,- (ca. EUR 56.075,-)
vic.io – EUR 8.000,-
inpart.io – EUR 4.500,-
more.ai – US$ 44.321,- (ca. EUR 41.421,-)
civ.co – US$ 27.500,- (ca. EUR 25.701,-)
lucky.me – EUR 13.500,-
strauss.la – EUR 10.000,-
pb.uk – GBP 6.100,- (ca. EUR 6.950,-)
justminiatures.co.uk – GBP 5.535,- (ca. EUR 6.306,-)
aag.eu – EUR 5.999,-
synopsys.at – EUR 5.000,-
polarbear.tv – US$ 5.000,- (ca. EUR 4.673,-)
garlic.co.uk – US$ 3.556,- (ca. EUR 3.323,-)
prorata.com.au – US$ 3.100,- (ca. EUR 2.897,-)
jazz.co.uk – US$ 2.745,- (ca. EUR 2.565,-)
squared.eu – EUR 2.599,-
farfetch.nl – EUR 2.499,-
meet.id – US$ 2.250,- (ca. EUR 2.103,-)
511.de – EUR 7.800,-
crowdcube.de – EUR 7.500,-
business-evolution.de – EUR 4.500,-
westgeld.de – EUR 4.260,-
storyworld.ch – EUR 3.990,-
optos.de – EUR 3.600,-
citywohnen.de – EUR 3.570,-
lina.de – EUR 3.490,-
tronde.de – EUR 3.000,-
itstime.de – EUR 2.700,-
recht-gehabt.de – EUR 2.500,-
zerodesign.de – EUR 2.500,-
7drops.de – EUR 2.000,-
immo-gold.de – EUR 2.000,-
Neue Endungen
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daf.art – US$ 6.500,- (ca. EUR 6.075,-)
alba.art – US$ 5.000,- (ca. EUR 4.673,-)
domains.bond – US$ 4.000,- (ca. EUR 3.738,-)
openai.sbs – US$ 3.000,- (ca. EUR 2.804,-)
project-meditation.org – US$ 2.150,- (ca. EUR 2.009,-)
stories.live – US$ 2.001,- (ca. EUR 1.870,-)
cap.energy – US$ 2.000,- (ca. EUR 1.869,-)
Generische Endungen
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brightpath.org – US$ 4.699,- (ca. EUR 4.392,-)
aapc.org – US$ 2.600,- (ca. EUR 2.430,-)
r1.org – US$ 2.400,- (ca. EUR 2.243,-)
tistart.net – US$ 2.050,- (ca. EUR 1.916,-)
artweekma.org – US$ 2.001,- (ca. EUR 1.870,-)
bitcoinrh.org – US$ 1.725,- (ca. EUR 1.612,-)
budexpressnow.net – US$ 1.536,- (ca. EUR 1.436,-)
.com
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betery.com – US$ 12.995,- (ca. EUR 12.145,-)
clubsaturn.com – US$ 11.500,- (ca. EUR 10.748,-)
mastergroup.com – US$ 11.005,- (ca. EUR 10.285,-)
funq.com – US$ 11.000,- (ca. EUR 10.280,-)
apexai.com – US$ 11.000,- (ca. EUR 10.280,-)
plumeria.com – US$ 10.849,- (ca. EUR 10.139,-)
filmeasy.com – US$ 10.600,- (ca. EUR 9.907,-)
beesknees.com – US$ 10.501,- (ca. EUR 9.814,-)
sportsemotion.com – US$ 10.500,- (ca. EUR 9.813,-)
samarkand.com – US$ 10.292,- (ca. EUR 9.619,-)
casinoglamour.com – US$ 9.999,- (ca. EUR 9.345,-)
macris.com – US$ 9.995,- (ca. EUR 9.341,-)
leadify.com – US$ 9.675,- (ca. EUR 9.042,-)
yesdr.com – US$ 9.500,- (ca. EUR 8.879,-)
parisregionalmedical.com – US$ 9.402,- (ca. EUR 8.787,-)
3686.com – US$ 9.288,- (ca. EUR 8.680,-)
heatly.com – US$ 9.000,- (ca. EUR 8.411,-)
stlucianewsonline.com – US$ 8.611,- (ca. EUR 8.048,-)
domainstatus.com – US$ 8.500,- (ca. EUR 7.944,-)
metr.com – US$ 8.150,- (ca. EUR 7.617,-)
voiceinstituteofnewyork.com – US$ 8.002,- (ca. EUR 7.479,-)
citybase.com – US$ 7.021,- (ca. EUR 6.562,-)
Weitere Domain-Preise finden Sie unter:
> https://www.domain-spiegel.de
Quelle: dnjournal.com, sedo.de, thedomains.com
MEISSEN – EUROSSIG IM SOMMER 2023
Die „European Summer School on Internet Governance“ (EuroSSIG) findet vom 16. bis 22. Juli 2023 in der Evangelischen Akademie Meissen zum 17. Mal statt. Bewerbungen um Stipendien sind noch möglich.
Wer wissen will, wie die Internet-Verwaltung funktioniert, und was die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Auswirkungen der Internet-Verwaltung sind, wer die irrsinnigen Abkürzungen ICANN, RIR, DNS, iDN, IPv6, ISP, IETF, W3C, WSIS und viele mehr in ihrer Bedeutung verstehen will, der ist bei der 17. Europäischen Sommerschule zur Internetverwaltung (EuroSSIG) richtig und sollte sich bewerben. Die Sommerschule 2023 bietet ein einzigartiges multidisziplinäres 48-stündiges akademisches Programm auf hohem Niveau. Die Veranstalter versprechen vom 16. bis 22. Juli 2023 ein Programm mit einer ausgewogenen Mischung aus theoretischen Vorträgen von weltweit führenden Wissenschaftlern und praktischen Präsentationen von bekannten Experten, die direkt in der technischen Gemeinschaft, auf dem Markt oder in den Organisationen, die für Richtlinien verantwortlich zeichnen, arbeiten. Bewerben können sich Studierende und Einzelpersonen, die in der Privatwirtschaft, in Regierungen oder in zivilgesellschaftlichen Gruppen aus der ganzen Welt arbeiten. Es gibt keine Altersgrenze. Bewerbungskriterien sind ein grundlegender akademischer Abschluss oder einschlägige praktische Erfahrungen. Nach wie vor können sich Teilnehmer aus Ländern aufstrebender Volkswirtschaften bis 31. März 2023 um Stipendien bewerben. Teilnehmer, die sich selbst finanzieren, können sich für eine Teilnahme bis 31. Mai 2023 bewerben.
Die European Summer School on Internet Governance 2023 findet vom 16. bis 22. Juli 2023 in der Evangelischen Akademie Meissen, Freiheit 16 in 01662 Meißen, statt. Die Teilnahmekosten sind statusabhängig. Die regulären Teilnahmekosten betragen EUR 2.500,- (zuzüglich 19 % Umsatzsteuer), für Studenten eines Masterstudiums gilt der reduzierte Preis von EUR 500,- (zuzüglich 19 % Umsatzsteuer). Darin enthalten sind sechs Nächte Unterbringung in den Gästezimmern der Akademie, alle Mahlzeiten, alle zusätzlichen Veranstaltungen, WiFi und Unterrichtsmaterialien.
Weitere Informationen und Anmeldung ab 01.01.2023 unter:
> http://newsletter.domain-recht.de/go/15/5BH4MF5C-5BGY0BFN-5730C0GN-18HV9FC.html
Quelle: eurossig.eu, eigene Recherche