Domain-Newsletter

Ausgabe #1136 – 22. September 2022

Themen: ICANN – neue WHOIS-Regeln für RA- und RAA-Verträge | Quad9 – Netzsperrenprozess geht vors LG Leipzig | Neues von .giving, .hessen und .link | Studie – Wie misst man Erfolg bei nTLDs? | UDRP – zwei Mal RDNH trotz Säumnis des Inhabers | arena.ai – Manege frei für US$ 65.098,- | November – 115. Treffen der IETF in London

ICANN – NEUE WHOIS-REGELN FÜR RA- UND RAA-VERTRÄGE

WHOIS ist tot, lang lebe WHOIS: mit der Veröffentlichung einer Neufassung der Registry- und Registrar-Verträge hat die Internet-Verwaltung ICANN die Endphase des alten WHOIS-Systems eingeläutet. Für die meisten Nutzer ändert sich jedoch nichts.

Seit 2011, damals noch auf Betreiben des „Security and Stability Advisory Committee“, arbeitet ICANN an einer Reform des WHOIS-Systems. Fehlende Internationalisierung, mehr Sicherheit im Datenzugriff, das Bedürfnis nach gestaffelten Zugriffen sowie standardisierte Ausgabemeldungen machten eine Reform des bisherigen WHOIS-Protokolls unvermeidbar. Unter dem (Bußgeld-)Druck der Datenschutzgrundverordnung mussten diese Arbeiten intensiviert werden. Im Februar 2019 schaffte ICANN erste Fakten: bis 26. August 2019 erhielten die Domain-Registrare Zeit, das neue Registration Data Access Protocol (RDAP) zu implementieren. Das RDAP basiert auf dem WHOIS-Kompromissmodell („Temporary Specification for gTLD Registration Data“, kurz: „temp spec“); es wurde von der Internet Engineering Task Force (IETF) als potentielle Alternative zum bisherigen WHOIS-System geschaffen. Dazu liefert es die Registrierungsdaten wie das WHOIS, seine Implementierung standardisiert jedoch unter anderem den Datenzugriff. Näher beschrieben ist es in den IETF-RFCs 7480 bis 7484 sowie 8056.

Der Anweisung von ICANN aus dem Jahr 2019 folgt jetzt auch die Umsetzung in den Standardverträgen des Registry Agreement (RA) des Registrar Accreditation Agreement (RAA). Für beide Verträge, welche die Vertragsbeziehung zwischen ICANN und den Registries bzw. den akkreditierten Registraren regeln, gibt es nun eine Klausel, in der es heißt: „Registry Operator shall implement the most recent version of the RDAP Technical Implementation Guide and RDAP Response Profile posted at https://icann.org/gtld-rdap-profile.“ Zugleich wird eine „RDAP Ramp-Up Period“ von 180 Tagen vorgegeben, innerhalb der die praktische Umsetzung folgen muss. Das alte WHOIS-Protokoll erhält sodann unmittelbar anschließend ein „WHOIS Services Sunset Date“; während dieser Phase muss das alte WHOIS-Protokoll nur noch nutzbar sein, nach deren Ablauf kann es abgeschaltet werden. Mit anderen Worten: mit Inkrafttreten des neuen RA bzw. des neuen RAA im kommenden Jahr bleiben dem alten WHOIS-Protokoll noch (180 + 360 =) 540 Tage, bis es aus dem Domain Name System verschwindet. Im allgemeinen Sprachgebrauch dürfte aber auch das Nachfolgeprotokoll RDAP wieder als WHOIS bezeichnet werden; es gibt weiterhin eine Abfragemöglichkeit, auch wenn der Zugriff deutlich eingeschränkt und im Detail noch zu regulieren ist.

Vorerst hat die Öffentlichkeit Zeit bis zum 24. Oktober 2022, zu den geplanten Änderungen Stellung zu nehmen. Unmittelbare Geltung hätte der Wechsel zum RDAP nur für generische Top Level Domains, da ICANN für country code Top Level Domains unzuständig ist. Sollte es sich als Branchenstandard etablieren, dürften aber bald auch die ccTLDs nachziehen. Für alle Inhaber einer Domain ändert sich durch das RDAP vorerst nichts.

Weitere Informationen zum RA und RAA finden Sie unter:
> https://www.icann.org/en/public-comment/proceeding/proposed-amendments-to-the-base-gtld-ra-and-raa-to-add-rdap-contract-obligations-06-09-2022#main

Weitere Informationen zum RDAP finden Sie unter:
> https://www.icann.org/rdap

Quelle: icann.org, eigene Recherche

QUAD9 – NETZSPERRENPROZESS GEHT VORS LG LEIPZIG

Im Streit mit der Sony Music Entertainment Germany GmbH um die Sperrung von bestimmten Domain-Namen hat der in Zürich ansässige DNS-Resolver-Betreiber Quad9 die Einleitung eines Hauptsache-Verfahrens initiiert. Das Verfahren wird am Landgericht in Leipzig stattfinden.

Auf Antrag der Sony Music Entertainment Germany GmbH hatte das Landgericht in Hamburg am 12. Mai 2021 eine einstweilige Verfügung erlassen. Darin wird Quad9 verboten, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein Musikalbum der US-Band Evanescence öffentlich zugänglich zu machen, indem Quad9 einen DNS-Resolver-Dienst zur Verfügung stellt, der den Kunden eine Übersetzung von Domains in numerische IP-Adressen zur Verfügung stellt, so dass es mit Hilfe dieser numerischen IP-Adressen möglich ist, eine bestimmte Domain zu erreichen und dort Verlinkungen auf rechtswidrige Speicherungen des vorgenannten Albums aufzurufen. Hiergegen wandte sich Quad9 mit einem umfangreich begründeten Widerspruch vom 31. August 2021, blieb damit aber ohne Erfolg: am 30. November 2021 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Das Landgericht stützt sich unter anderem auf ein Urteil des OLG Köln vom 09. Oktober 2020 (Az. 6 U 32/20), das sowohl eine unmittelbaren Anwendbarkeit des § 8 Absatz 1 TMG als auch eine erweiternde Auslegung der Norm abgelehnt hatte. Quad9 ist gegen diese Entscheidung in Berufung gegangen, über die bisher nicht entschieden wurde.

Mittlerweile hat Quad9 den Antrag gestellt, das Hauptsacheverfahren durchzuführen. Das soll insbesondere die Möglichkeit eröffnen, Zeugen anzuhören und Sachverständigengutachten einzuholen. Sony ist der Aufforderung nachgekommen und hat vor dem Landgericht Leipzig Klage erhoben. Quad9 hat auf die Klage bereits erwidert und sowohl Zeugen als auch eine „highly respected group of technical subject matter experts“ benannt. Rechtlich stützt man sich im Wesentlichen auf die Argumente, die auch bereits im Widerspruch niedergelegt sind. Hierzu gehören neben einer Reihe formaler Einwendungen das Berufen auf eine Haftungsprivilegierung gemäß §§ 8, Abs. 1, 9 TMG, jedenfalls in analoger Anwendung, und die Ablehnung einer Störerhaftung mangels adäquat-kausalen Beitrags zu einer Urheberrechtsverletzung und mangels Verletzung zumutbarer Prüfpflichten. Ausserdem sei vorrangig ein tatnäherer Beteiligter in Anspruch zu nehmen, wie beispielsweise der Access-Provider. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung wurde bisher nicht bestimmt.

Nach Einschätzung der Berliner Gesellschaft für Freiheitsrechte eV (GFF) steht das Verfahren gegen Quad9 in einem größeren Kontext konzertierter Versuche der Unterhaltungsindustrie, Netzsperren wegen Urheberrechtsverletzungen durchzusetzen. Wenn deutsche Internetzugangsanbieter wie die Telekom freiwillig eine DNS-Sperre verhängen, gelte diese zumindest nur für deutsche Kunden. Wenn künftig aber auch DNS-Resolver sich gezwungen sähen, Webseiten auf Zuruf zu sperren, könnten die Sperrwünsche deutscher Rechteinhaberverbände weltweite Wirkung entfalten. Für einen global agierenden DNS-Resolver sei es nicht ohne weiteres möglich, eine Sperre auf die Nutzer eines Landes zu beschränken, weil diese Unterscheidung technisch nicht vorgesehen sei. Umso wichtiger sei es, DNS-Resolver als technisch neutrale, dem Gemeinwohl dienende Internetdienste von jeglicher Haftung für Urheberrechtsverletzungen Dritter zu befreien.

Den Beschluss des LG Hamburg vom 12.05.2021 finden Sie unter:
> https://openjur.de/u/2350143.html

Den Widerspruch von Quad9 finden Sie unter:
> https://www.quad9.net/uploads/Quad9_opposition_redacted_DE_20210901_15d3f14e21.pdf

Quelle: eigene Recherche

TLDS – NEUES VON .GIVING, .HESSEN UND .LINK

Die geoTLD .hessen wird es vorläufig nicht geben: die Landesregierung kündigte an, sich nicht um die Endung bewerben zu wollen. Derweil kündigt .giving den Registrierungsstart für Oktober an, während .link mit neuem Konzept neu durchstarten will – hier unsere Kurznews.

Die .org-Verwalterin Public Interest Registry (PIR) hat den offiziellen Startplan für die Einführung von .giving vorgestellt. Den Auftakt macht eine Sunrise Period, die am 13. Oktober 2022 beginnt und bis 13. Dezember 2022 läuft. Nach einer kurzen Pause beginnt am 20. Dezember 2022 sodann die „Limited Registration Period“, die bis 20. Januar 2023 läuft. Sie gleicht einer Landrush Period; die Registrierung ist aber an eine zusätzliche Bedingung geknüpft: „As a condition to registering a domain name in the .GIVING during Landrush (…), you agree that by registering your domain name, you represent and warrant that: (a) you currently use one of Blackbaud’s digital giving solutions or will evaluate the free Giving Checkout solution offered by JustGiving from Blackbaud available at this link and (b) you acknowledge and agree that the Registry or the registrar can cancel the registration of the domain name if your warranty is found to be untrue, incomplete, incorrect, or misleading.“ Blackbaud ist ein US-amerikanischer Cloud-Computing-Anbieter, der der sozialen Wohlfahrt dient. Insgesamt soll die Endung .giving dabei helfen, „mission-driven organizations“ bei der Erweiterung ihrer Online-Präsenz und der Erreichung ihrer Ziele zu helfen.

Die hessische Landesregierung wird sich nach derzeitigem Stand nicht um die Top Level Domain .hessen bewerben. Das geht aus einer Antwort des hessischen Ministeriums für Digitale Strategie und Entwicklung auf eine Anfrage der SPD-Fraktion hervor. Das Vorhaben sei wiederholt geprüft, aufgrund finanzieller und organisatorischer Erwägungen jedoch verworfen worden. Dem Aufwand für Einführung, Bereitstellung und Unterhaltung stünde kein gleichwertiger Nutzen gegenüber. Die SPD-Fraktion hatte hingegen argumentiert, eine solche Top Level Domain könne insbesondere regionalen Unternehmen, Start-Ups, Freiberuflern und Institutionen die Möglichkeit bieten, sich durch eine einprägsame Webadresse vom Wettbewerb zu unterscheiden. Mit .bayern, .berlin, .hamburg und .saarland verfügen bereits mehrere Bundesländer über eine eigene geoTLD. Die gemessen an den Registrierungen erfolgreichste davon ist .berlin mit rund 50.000 Domains, .saarland kommt aktuell auf knapp 4.200 registrierte Domains.

Nova Registry Ltd., auf Malta ansässige Registry der am 18. Januar 2014 delegierten Top Level Domain .link, hat eine Neuausrichtung nach der Übernahme der Endung von der UNR Corp. angekündigt. In einem Interview mit domainnamewire.com gaben Investor Yoni Belousov und General Manager Vaughn Liley an, die Registrierungszahl von aktuell rund 210.000 auf eine Million Domains steigern zu wollen, und zwar innerhalb der nächsten fünf Jahre; langfristig sollen es zehn Millionen Domains werden. Dabei setzt man vor allem auf den „link in bio“-Service, also eine Verlinkung auf weitere Informationen, wie sie oft in kurzer Form in Profilen sozialer Medien zu finden ist. Als Wettbewerber sieht man etwa Linktree, und der hat nach eigenen Angaben rund 27 Millionen Nutzer. Potential sieht man auch in einer eigenen Online-Visitenkarte – statt einer aufwändigen Website. „In a nutshell, we would like to see .link become the de facto standard in anything link-related“ sagte Liley. „So that could be link in bio. It can be link shorteners and branded links.“ Aktuell ist .link bereits praktisch unrestricted, eine Registrierung also für jedermann zu jedem (legalen) Zweck gestattet.

Quelle: trademark-clearinghouse.com, sueddeutsche.de, domainnamewire.com

STUDIE – WIE MISST MAN ERFOLG BEI NTLDS?

Das 2012 von ICANN gestartete Bewerbungsprogramm um neue Top Level Domains führte ab Ende 2013 zur Einführung neuer Endungen. Einige, wie .online und .xyz, warten mit mehreren Millionen Registrierungen auf. Sind diese Endungen erfolgreich? Eine neue Studie wirft einen anderen Blick auf die Erfolgsfrage neuer Top Level Domains.

ICANN hatte deren Einführung initiiert, um mehr Innovation, Wettbewerb und Wahlmöglichkeiten zu ermöglichen. Welchen Nutzen die neuen Endungen bringen und welche wirklich genutzt werden, bleibt aber nach wie vor unklar. Dass die Anzahl registrierter Domains nicht gleichbedeutend mit Relevanz ist, zeigten die anfänglichen Achterbahnfahrten der Registrierungszahlen zahlreicher neuer Endungen, die oft auf Marketing-Aktionen beruhten, bei denen Domains zu Dumpingpreisen registriert werden konnten oder Domain-Inhabern, wie bei .xyz, ungefragt umsonst registriert wurden. Eine gewisse Ruhe und Ausgeglichenheit weisen die Registrierungszahlen bei nTLDs mittlerweile aus, aber ob eine Endung nur ob ihrer Registrierungszahlen erfolgreich ist, kommt auf die Blickrichtung an. Einige andere Blickrichtungen berücksichtigt der kommerzielle Anbieter Data Provider .Com, der die von ihm gesammelten Daten des Internets zur Verarbeitung durch Kunden aufbereitet. In einer kleinen Studie mit dem Titel „Beyond registration numbers: how popular are new generic TLDs?“ zeigt Data Provider .Com, welche neuen Endungen wirklich genutzt werden und somit am erfolgreichsten sind.

In der Studie werden anhand einer Auswertung der Zonefiles zunächst die zwanzig zahlenstärksten nTLDs gelistet. Selbstverständlich steht .xyz mit rund 4 Mio. Registrierungen an der Spitze, gefolgt von .online und .top mit jeweils rund 2 Mio. Doch fragt sich, was, abgesehen von den Umsatzerfolgen der jeweiligen Registries, diese Zahlen wirklich bedeuten. Jedenfalls sagen sie nichts über die Anzahl aktiver Domains aus. Hier fördert die Studie zu Tage, dass die Endungen .online, .tech und .store mit 41 Prozent, 40 Prozent und 37 Prozent die meisten aktiven Domains aufweisen. .xyz und .top haben an der Stelle schon nichts mehr zu melden. Data Provider .Com geht aber einen Schritt weiter und siebte bei den aktiven Domains auch solche aus, die lediglich Platzhalterseiten aufwiesen oder lediglich geparkt waren. Nun lagen noch immer .online und .store vorne; auf Platz drei folgte aber überraschenderweise die Stadtendung .tokyo mit einem Anteil von 22 Prozent aktiver Domains mit individuellen Inhalten oder Geschäftsseiten. Am wenigsten ordentliche Inhalte weisen aus der Gruppe der Top 20 nTLDs mit den meisten Registrierungen die Endungen .buzz, .icu und .cyou auf. Diese haben weniger als 13 Prozent Domains mit ordentlichen Webseiten, insbesondere kommt .cyou auf lediglich 2 Prozent.

Doch damit nicht genug, ging Data Provider .Com noch einen Schritt weiter und schaute sich so gut wie möglich an, welche Endungen die meistbesuchten Domains aufweisen. Dabei griffen die Macher der Studie auf ihren hauseigenen „Traffic Index“ zurück, bei dem der Traffic einer Website mit dem Traffic auf google.com verglichen wird. Und hier drehte sich das Ergebnis nochmals in eine ganz andere Richtung: In einem übersichtlichen Graph mit 20 nTLDs wird der Anteil von Domains und deren Trafficraten, eingeteilt in „little to no traffic“, „moderate traffic“ und „high traffic“ aufgezeigt. Nun steht plötzlich die Endung .dev mit 23 Prozent „high traffic“ und 20 Prozent „moderate traffic“ vorne, gefolgt von .club (19 Prozent und 16 Prozent) und .tech (18 Prozent und 15 Prozent). Endungen wie .app, .shop, .site und .website weisen ebenfalls gute Zahlen auf. Die Endungen .icu und .buzz stehen weit hinten mit 4 und 3 Prozent beziehungsweise 3 und 2 Prozent Traffic. Eine hohe Nutzung von Domains unter der eigenen Endung könnte das Modell von Erfolg sein, welches sich Registries wünschen, denn hohe Nutzung bedeutet Relevanz bei den angesprochenen Nutzerkreisen; und da stehen .dev, .club, .tech und .life vorne. Natürlich divergieren die Werte bei den absoluten Zahlen, den tatsächlichen Domain-Registrierungen: bei rund 4 Mio. .xyz-Domains bedeuten die Summe von 25 Prozent aus „moderate“ und „high traffic“ 1 Mio. gut genutzter Domains, während .dev mit etwa 319.000 registrierter Domains bei einer Quote von 43 Prozent „moderate“ und „high traffic“ lediglich auf 135.170 gut genutzter Domains kommt. Nichtsdestotrotz liegt darin das charmantere Bild eines nutzerfreundlichen Internets.

Auch diese – lesenswerte – Studie gibt nicht den letztgültigen Einblick in die Qualität der neuen Endungen und welche am erfolgreichsten ist. Zudem muss man sehen, dass diese Studie ein Marketingwerkzeug von Data Provider .Com ist. Immerhin erweitert die Studie den Blick auf die neuen Endungen und sollte zukünftigen Bewerbern um neue Endungen einiges zum Nachdenken geben.

Die Studie von Data Provider .Com findet man unter:
> https://www.dataprovider.com/insights/domains/beyond-registration-numbers-how-popular-are-new-generic-tlds/

Quelle: domainnamewire.com, eigene Recherche

UDRP – ZWEI MAL RDNH TROTZ SÄUMNIS DES INHABERS

Auch in dieser Woche haben wir uns zwei kurze UDRP-Entscheidungen vorgenommen. Beiden ist gemeinsam, dass der Gegner sich jeweils nicht zum Verfahren bei The Forum (NAF) meldete, der jeweilige Entscheider dennoch die Beschwerde abwies und Reverse Domain Name Hijacking bestätigte.

„kaufmanauctions.com“
Die Kaufman Realty and Auctions LLC, vertreten durch Anwälte, sah ihre Markenrechte durch die Domain kaufmanauctions.com verletzt. Das Unternehmen ist auf Grundstücksversteigerungen spezialisiert und behauptet, seit 31. Dezember 2011 unter der Bezeichnung „Kaufman Auctions“ auf dem Markt aktiv zu sein. Seit Oktober 2021 ist sie Inhaberin einer entsprechenden, beim US-Markenamt eingetragenen Marke. Vor The Forum erklärt sie unter anderem, der Gegner habe die Domain registriert, um diese an sie zu verkaufen. Der Gegner, die Rarenames INC., meldete sich nicht zur Sache. Als Panelist wurde US-Anwalt Terry F. Peppard berufen.

Peppard machte sehr kurzen Prozess und wies die Beschwerde ab, da sie die Voraussetzungen der UDRP nicht erfüllte (NAF Claim Number: FA2207002006249). Nach seiner Prüfung scheiterte die Beschwerdeführerin am Nachweis bösgläubigen Registrierens und Nutzens der Domain durch den Gegner. Peppard bemängelt vor allem den dünnen Vortrag der Beschwerdeführerin. Sie habe sieben kurze Absätze formuliert, und in jedem komme die Phrase „upon information and belief“ („nach besten Wissen und Gewissen“) vor. Aber sie gäbe keine Informationen und Belege dafür, woher sie das Wissen hat. Sie gibt keine Informationen oder Belege darüber, warum der Gegner, als er die Domain im September 2005 registrierte – mithin sechzehn Jahre, bevor die Beschwerdeführerin ihre Marke registrierte und sechs Jahre, bevor sie auf dem Markt in Erscheinung trat – von ihr hätte wissen können. Peppard war nicht davon überzeugt, dass der Gegner die Domain bösgläubig registriert und benutzt hat. Er sah sich allerdings genötigt zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin das UDRP-Verfahren bösgläubig nutzt (Reverse Domain Name Hijacking). Das bestätigte er, da die Beschwerdeführerin sich von erfahrenen Anwälten vertreten ließ, die wissen mussten, dass der Gegner die Domain lange vor der Marke registriert hat, sie keinerlei Nachweise für ihre Anschuldigungen vorlegte, dass der Gegner die Domain zu ihrem Schaden registrierte, und sie wusste, dass ihre Behauptungen in Ermangelung ausreichender Beweise aufgestellt wurden, wie sich aus der wiederholt vorgetragenen unzutreffenden Formulierung „nach bestem Wissen und Gewissen“ ergibt. Peppard sah also einen Missbrauch der UDRP durch die Beschwerdeführerin, stellte demnach Reverse Domain Name Hijacking fest und wies die Beschwerde ab.

„ipnpaymentus.com“
Die Paymentus Corporation, ein Anbieter von elektronischen Rechnungsstellungs- und Zahlungsdiensten, war anwaltlich vertreten im UDRP-Verfahren um die Domain ipnpaymentus.com, das sie bei The Forum (NAF) einreichte. Sie trug vor, die Marke „PAYMENTUS“ erstmals 2005 im geschäftlichen Verkehr genutzt zu haben, bevor sie im Dezember 2016 als US-Marke eingetragen wurde. Sie habe eine Menge Geld und Ressourcen investiert, um den mit der Marke verbundenen Goodwill zu schaffen, zu erhalten und zu fördern. Der Gegner habe die Domain erst im November 2014 registriert; er bereichere sich mit Pay-per-Klick Links zu Wettbewerbern unter der Domain. Die Beschwerdeführerin erklärte „nach bestem Wissen und Gewissen“, dass der Gegner mit der Domain auch Phishing betreibe. Der Gegner, die TotalDomain Privacy Ltd. mit Sitz in Panama, äußerte sich nicht. Als Entscheider in der Sache wurde der britisch-australische Jurist und Mediator Alan L. Limbury berufen.

Limbury wies die Beschwerde ab und stellte Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) seitens der Beschwerdeführerin fest (NAF Claim Number: FA2207002005377). Er bestätigte die Ähnlichkeit von Domain und Marke. Die Frage nach einem Recht oder berechtigten Interesse des Gegners an der Domain überging Limbury. Bei der Frage der Bösgläubigkeit stellte er fest, dass die Domain bereits zwei Jahre registriert war, bevor die Eintragung der Marken der Beschwerdeführerin beim US-Markenamt erfolgte. Ihre Behauptung, bereits seit 2005 die Marke zu nutzen, habe sie nicht belegt. Ebenfalls habe sie keine Nachweise für ihre Investitionen erbracht. Es gäbe keine Hinweise, wonach der Gegner die Domain mit der Beschwerdeführerin im Sinn registriert hätte. Eine etwaige Verwechslungsgefahr zwischen der Domain und der Beschwerdeführerin liege nicht nahe: „PAYMENTUS“ ist kein außergewöhnlicher Begriff und besteht aus beschreibenden Worten. Die Verknüpfung des Begriffs mit der in der Zahlungsverfahrensindustrie bekannten Abkürzung „IPN“ (Instant Payment Notification) zwei Jahre bevor die Beschwerdeführerin ihre Marke registrierte, reiche nicht aus, ihn davon zu überzeugen, dass der Gegner die Marke der Beschwerdeführerin kannte. Damit ließ Limbury die Beschwerde an der Bösgläubigkeit scheitern und widmete sich der Frage des RDNH. Das bestätigte er kurzerhand, weil in der Beschwerde selbst dargestellt wird, dass die Domain zwei Jahre vor der Marke registriert wurde, die Beschwerdeführerin aber mit ihrem wissentlich wahrheitswidrigen Vortrag: „Because the PAYMENTUS mark was registered at the time Respondent registered the domain, it is presumed that Respondent had knowledge of the mark“ die Markenregistrierung zeitlich vor die Domain-Registrierung setzte. Entsprechend wies Limbury die Beschwerde ab und stellte RDNH fest.

Beide Fällen zeigen, dass man nicht leichtfertig eine UDRP-Beschwerde einreichen sollte, ohne vorher wirklich zu prüfen, wie die eigenen Aussichten stehen. Wir wissen natürlich nicht, inwieweit die Rechtsbeistände der Parteien ihre Mandanten aufgeklärt haben, wie schlecht die Aussichten sind und wie verheerend sie für die Zukunft sein können. Bei zukünftigen UDRP-Verfahren wird ihnen das Ergebnis dieser Entscheidungen nachhängen. Aber es gibt natürlich auch Mandanten, die lassen es gegen jede Chance gerne drauf ankommen. Man spricht unter Umständen von Beratungsresistenz. Gleichwohl müsste man sich dann beim Vortrag mehr Mühe geben und Behauptungen belegen.

Die UDRP-Entscheidung über die Domain kaufmanauctions.com finden Sie unter:
> https://www.adrforum.com/DomainDecisions/2006249.htm

Die UDRP-Entscheidung über die Domain ipnpaymentus.com finden Sie unter:
> https://www.adrforum.com/DomainDecisions/2005377.htm

Spezialisierte Anwälte findet man unter:
> https://www.domain-anwalt.de

Quelle: adrforum.com, eigene Recherche

ARENA.AI – MANEGE FREI FÜR US$ 65.098,-

Die vergangene Domain-Handelswoche sparte nicht mit Besonderheiten, aber bei den Preisen: Beste Domain war arena.ai mit für die Landesendung großartigen US$ 65.098,-.

Die Kommerzendung bleibt hinter in sie gesetzten Erwartungen zurück und verständigt sich mit groupsocial.com zum Preis von US$ 33.000,-. Dafür meldet sich die in diesem Jahr wie eine heiße Kartoffel weitergereichte Drei-Zeichen-Domain kvq.com zum dritten Mal: Im Juni berichteten wir, dass kvq.com für EUR 10.000,- erworben wurde. Kurz darauf meldeten wir, der Käufer konnte die Domain kurze Zeit danach zum Preis von nun US$ 15.000,- (ca. EUR 14.388,-) weiterreichen und einen erfreulichen Gewinn einstecken. Jetzt, wieder nur wenige Wochen später, zahlte ein neuer Käufer US$ 18.000,- für kvq.com. Auf Dauer kann das teuer werde.

Die Länderendungen beherrscht eine Auktion von .ai-Domains aus Aguilla, die unter dem Label „Artificial Intelligence“ (AI) vermarktet werden. Den höchsten Betrag erzielte dabei arena.ai mit US$ 65.098,-, was sie zur teuersten Domain der Woche macht. Ebenfalls sehenswert ist truffle.vc mit US$ 12.500,-; die Endung .vc von Saint Vincent und die Grenadien wird als „Venture Capital“ vermarktet. Die deutsche Endung steigt mit musiker.de bei EUR 8.000,- ein. Ein Leser teilt uns mit und korrigiert uns zugleich: er brachte gerade motorway.de für USD 5.000,- an den Mann. Hingegen war unsere Meldung vergangene Woche, wonach motorway.de für EUR 2.990,- verkauft wurde, falsch; es war die
Schweizer motorway.ch, die zu diesem Preis gehandelt wurde.

Die neuen generischen Endungen befeuerte einmal mehr Swetha mit dem Verkauf von evermore.xyz zum Preis von US$ 14.888,-. Die klassischen generischen Endungen warten mit der Zwei-Zeichen-Domain qr.org zum Preis von EUR 24.999,- auf. So war die vergangene Domain-Handelswoche nicht hochpreisig, aber doch unterhaltsam.

Länderendungen
————–

arena.ai – US$ 65.098,-
predictive.ai – US$ 30.050,-
wow.ai – US$ 25.050,-
sony.ai – US$ 9.010,-
planetary.ai – US$ 7.802,-
venturecapital.ai – US$ 6.010,-
simulation.ai – US$ 5.605,-
intellect.ai – US$ 5.025,-
communication.ai – US$ 4.800,-
thinking.ai – US$ 4.225,-

truffle.vc – US$ 12.500,-
alto.vc – US$ 10.000,-

musiker.de – EUR 8.000,-
denkspiel.de – EUR 5.652,-
motorway.de – USD 5.000,-
deinetherapie.de – EUR 3.500,-
meinfunk.de – EUR 3.500,-
myazubi.de – EUR 3.500,-
profitfinder.de – EUR 2.990,-
inkster.de – EUR 2.990,-
weedify.de – EUR 2.499,-

epic.me – GBP 6.000,-
hjernen.no – US$ 3.500,-
fuego.io – EUR 3.299,-
tabu.io – EUR 2.999,-
metaversejobs.co – US$ 2.988,-
vertige.eu – EUR 2.599,-
dssc.eu – EUR 2.450,-
payermax.cn – US$ 2.080,-
grog.ch – EUR 2.000,-
energiewende.at – EUR 2.000,-
also.io – US$ 2.000,-

Neue Endungen
————-

evermore.xyz – US$ 14.888,-
myna.xyz – US$ 7.000,-
apiary.xyz – US$ 6.500,-
gel.xyz – US$ 6.250,-
validator.xyz – US$ 5.500,-
indelible.xyz – US$ 4.944,-

Generische Endungen
——————-

karriere.info – EUR 4.000,-

qr.org – EUR 24.999,-
arhp.org – US$ 10.500,-
consumerenergycenter.org – US$ 6.750,-
thestatesman.net – US$ 4.500,-
fibrosis.org – US$ 2.350,-
visionaryproject.org – US$ 2.151,-
shelbywarrants.org – US$ 2.150,-
wearnft.org – US$ 2.188,-

.com
—–

groupsocial.com – US$ 33.000,-
nftjar.com – US$ 18.888,-
outdoormedia.com – US$ 18.567,-
letitbit.net – US$ 18.240,-
oceanography.com – US$ 18.026,-
kvq.com – US$ 18.000,-
doga.com – US$ 16.560,-
kxholdings.com – US$ 16.000,-
hry.com – EUR 15.900,-
hapic.com – US$ 15.000,-
drivetraffic.com – US$ 15.000,-
flexfone.com – US$ 15.000,-
cityofearth.com – US$ 14.888,-
curveball.com – US$ 14.609,-
naam.com – US$ 12.588,-
paywise.com – US$ 10.249,-
spoto.com – US$ 10.000,-
videostory.com – US$ 10.000,-
lovatic.com – US$ 10.000,-
hansenracing.com – EUR 9.600,-
fynk.com – US$ 8.500,-
ncmb.com – US$ 7.750,-
oakbridge.com – US$ 6.917,-
techie-buzz.com – US$ 6.749,-
moonbotstudios.com – US$ 6.250,-
news-reporter.com – US$ 6.002,-
mens-hair.com – US$ 5.900,-
apsida.com – US$ 5.850,-
deeznutz.com – US$ 5.500,-
northernshore.com – US$ 5.500,-
allefirmen.com – US$ 5.102,-
knowledgetree.com – US$ 5.099,-
pono.net – US$ 5.000,-
variohaus.com – EUR 5.000,-
innerclub.com – EUR 5.000,-
x-day.com – US$ 5.000,-
walnutcourt.com – US$ 5.000,-

Weitere Domain-Preise finden Sie unter:
> https://www.domain-spiegel.de

Quelle: dnjournal.com, sedo.de, thedomains.com

NOVEMBER – 115. TREFFEN DER IETF IN LONDON

Das 115. Treffen der Internet Engineering Task Force (IETF) startet am 05. Dezember 2022 als Präsenzveranstaltung unter dem Titel „IETF 115 London“ in London (UK). Eine Online-Teilnahme ist selbstverständlich ebenfalls möglich.

Das IETF 115 findet vom Samstag, den 05. bis Freitagnachmittag, den 11. November 2022 in London statt. Mittlerweile sind die Präsenzveranstaltungen beim IETF wieder Routine. Die üblichen Begleitveranstaltungen, der IETF Hackathon und der IETF Codesprint, finden ebenfalls vor Ort und zwar am Wochenende 05./07. November 2022 statt. Hierbei kann man sich auch online dazuschalten. Die Trainings und Tutorien für Neuzugänge werden wie gehabt am Sonntagnachmittag gegeben. Die Agenda für die Veranstaltung ist noch nicht veröffentlicht.

Das IETF 115 London findet vom Samstag, 05. bis Freitag, 11. November 2022 im Hilton London Metropole, 225 Edgware Road, W2 1JU London (Vereinigtes Königreich) statt. Optional kann man auch online teilnehmen. Der „Onsite Week Pass“ ist bis 24. Oktober 2022 für US$ 875,- (US$ 1.050 inc. VAT) zu haben; wer nur Remote dabei sein will, zahlt bis US$ 280,-; der „One-Day Pass“ und der „Student Pass“ sind günstiger. Alle Preise steigen, je näher der Veranstaltungstermin rückt. Die Teilnahme am Hackerton kostet nichts. Teilnehmer nutzen für den Überblick und weitere Informationen am besten die iOS/iPad App und Android App „IETFers“.

Weitere Informationen und Anmeldung unter:
> https://www.ietf.org/how/meetings/115/

Quelle: ietf.org, eigene Recherche

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