Domain-Newsletter

Ausgabe #1141 – 27. Oktober 2022

Themen: Web3-Willkür – Unstoppable streicht .coin | topDNS – eco legt DNS-Missbrauchstabelle vor | TLDs – Neues von .boo, .eu und .fr | UDRP – Dissens im Dreier-Panel verhindert Urteil | WIPO – Panel verweist Parteien an Zivilgericht | fiduciary.com – Treuhänder für US$ 84.999,- | November – zwei Webinare für ICANN-Einsteiger

WEB3-WILLKÜR – UNSTOPPABLE STREICHT .COIN

Der Blockchain-Anbieter Unstoppable Domains Inc. hat mit sofortiger Wirkung den Verkauf von .coin-Domains eingestellt. Damit werden mehr als 110.000 bereits registrierte Domains praktisch über Nacht wertlos.

Auch wenn Blockchain-Domains bisher noch nicht weit verbreitet sind, werden sie als Trend der Zukunft gehandelt. So wirbt etwa der Anbieter Ethereum damit, bereits mehr als 2 Mio. .eth-Domains registriert zu haben. Doch anders als .com oder .de basieren Blockchain-Domains nicht auf dem traditionellen Domain Name System und unterliegen auch keiner Aufsicht durch die Internet-Verwaltung ICANN. Daher dürfte so mancher Inhaber einer .coin-Domain verwundert die Augen gerieben haben, als am 18. Oktober 2022 seine Domain plötzlich nicht mehr aufgelöst hat. In einen Blog-Artikel erklärt Unstoppable Domains: „As of today, we’ve disabled .coin resolution in our libraries and services. Unstoppable domains are self-custodied NFTs, so you still own your .coin domain, but it won’t work with our resolution services or integrations.“ Damit ist die Neuregistrierung von .coin-Domains über Unstoppable Domains ausgeschlossen; die rund 117.000 bereits registrierten .coin-Domains lösen ausserdem nicht mehr auf. Ihren Inhabern bietet Unstoppable Domains an, „three times the purchase price of their domains in credits“ zu erstatten. Das Angebot gilt auch für jene Domain-Inhaber, die ihre .coin-Domain über den Sekundärmarkt erworben haben.

Zur Begründung dieses drastischen Schritts verweist man bei Unstoppable Domains auf eine potentielle Kollision mit .coin-Domains des Anbieters Emercoin, derer man sich bisher nicht bewusst gewesen sei. Emercoin habe „seine“ ersten .coin-Domains bereits 2014 registriert und seither „some market penetration“ erworben. Da Emercoin am Markt nicht besonders aktiv gewesen sei, sei .coin schwer aufzufinden gewesen. Eine jetzt drohende Namenskollision sei nicht nur für die Unstoppable-Community, sondern auch für das Web3 insgesamt gefährlich: „Multiple versions of a TLD could cause chaos. Imagine sending Bitcoin to the wrong nora.nft, or connecting your wallet to uniswap.crypto and getting a scammer’s website instead of the real one.“, so Unstoppable Domains. Mit juristischen Auseinandersetzungen habe dies nichts zu tun: „No. We believe this is the right thing to do – for our community, and for the future of web3 domains“, heißt es in einem FAQ-Bereich. Die neun anderen, ebenfalls von Unstoppable Domains betriebenen Domain-Endungen .dao, .bitcoin, .blockchain, .crypto, .nft, .wallet, .x, .888 und .zil bleiben von dieser Entscheidung vorerst unberührt. Allerdings gibt es auch um die Endung .wallet Streit; an dieser Endung reklamiert Mitbewerber Handshake Rechte für sich.

Das Problem der „name collision“ beschäftigt die Internet-Verwaltung ICANN seit Jahren und führt üblicherweise dazu, dass eine Top Level Domain gar nicht erst eingeführt wird. Deshalb ist zum Beispiel .mail auf unbestimmte Zeit nicht delegiert und wird wohl dauerhaft reserviert bleiben. Dass eine Top Level Domain kurzfristig abgeschaltet wird, wäre bei ICANN ausserdem kaum denkbar; stattdessen würde ein eordneter Abwicklungsprozess greifen. Für die Inhaber von .coin-Domains gilt das alles jedoch nicht, und es bleibt abzuwarten, ob und wie sehr diese Maßnahme das Image aller Blockchain-Domains beschädigt.

Die Mitteilung von Unstoppable Domains finden Sie unter:
> https://unstoppabledomains.com/blog/coin

Quelle: unstoppabledomains.com

TOPDNS – ECO LEGT DNS-MISSBRAUCHSTABELLE VOR

Die vom eco – Verband der Internetwirtschaft eV ins Leben gerufene Initiative „topDNS“ hat eine Abuse-Tabelle veröffentlicht. Sie soll als Orientierungshilfe dienen, welche Cyber-Bedrohungen als Missbrauch des Domain Name Systems (DNS) gelten – und welche nicht.

Anfang des Jahres 2022 haben sich auf Betreiben von eco eV unter der Bezeichnung „topDNS“ weltweit führende Registries, Registrare und Hosting-Provider zusammengeschlossen, um dem Missbrauch des DNS den Kampf anzusagen. Zu den Mitgliedern zählen unter anderem die .com- und .net-Registry VeriSign, die .org-Verwalterin Public Interest Registry (PIR), die sowohl als Registry als auch als Registrar tätige CentralNic Group PLC und einige größere Registrare wie IQ Global AS, Leaseweb und Realtime Register. Ihr Ziel ist es, einen stabilen und sicheren Betrieb des DNS zu gewährleisten, einschließlich der Förderung bestehender Aktivitäten zur Bekämpfung von DNS-Missbrauch und Aufklärung darüber, welche Maßnahmen effektiv und angemessen sind. Doch was genau als Missbrauch zu verstehen ist, ist mitunter streitig. So zählt ICANN fünf verschiedene Kategorien: Malware, Botnets, Phishing, Pharming und Spam, letzterer aber nur, wenn er als Liefermechanismus für die anderen vier Kategorien von Missbrauch dient. Unverlangt zugesandte, massenhaft versendete Werbebotschaften ohne Missbrauchshintergrund fallen damit aus dem Raster, jedenfalls solange sie nicht etwa dem Phishing dienen. Die EU-Kommission geht dagegen von einer weiten Definition aus („DNS abuse is any activity that makes use of domain names or the DNS protocol to carry out harmful or illegal activity“), nicht zuletzt, um den eigenen Einfluss sicherzustellen.

Um den Dschungel etwas zu lichten, gibt es ab sofort die „topDNS Abuse Tabelle“ zum kostenlosen Download. „Mit der eco Initative topDNS haben wir die unterschiedlichen Bedrohungen im Internet klassifiziert und genau eingegrenzt, wo das DNS tatsächlich missbraucht wird und wo hingegen kein DNS Abuse vorliegt“, sagt Thomas Rickert, Director Names & Numbers Forum im eco-Verband. Dafür hat man mehr als 50 Bedrohungen im Internet dahingehend beschrieben, ob sie als „DNS Abuse“ gelten können und wie und von wem sich die entsprechenden Angriffe unterbinden ließen. Die Tabelle sieht dazu die Kategorien „Content Harms“ (mit den Unterkategorien „Abusive Content“, „Fraud / Intellectual Property Infringement“ und „Financial / Commercial Harms“), „Infrastructure Harms“ (mit den Unterkategorien „Botnet / Command & Control“, „Malware“, „Availability“ und „Intrusions“) sowie Hybrid Harms (mit den Unterkategorien (Phishing / Pharming“, „Spam“, „[Malicious] Information Gathering“, „Information Content Security“ und „other“) vor, die wiederum je nach Art des Intermediärs bzw. Akteurs im DNS-Ökosystem differenzieren. „Mit der DNS Abuse Tabelle möchten wir eine Diskussion anstoßen, wer welchen Beitrag zum Schutz des Internets und seiner Nutzer:innen leisten kann und leisten sollte“, sagt Patrick Ben Koetter, Leiter der Kompetenzgruppe Anti-Abuse.

Rickert ruft dazu auf, Abuse-Versuche differenziert zu betrachten, um gezielt dagegen vorzugehen. „Es darf nicht zur beliebigen Zensur von Webseiten kommen. DNS-Sperren sollten immer das letzte Mittel sein und nur im Falle echten Missbrauchs des Domain Name Systems erwogen werden“. Die Tabelle versteht eco als ein lebendes Dokument, das als Basis für eine offene Diskussion aller Beteiligten dient, um das Internet für alle ein Stück weit sicherer zu machen.

Die „topDNS Abuse Tabelle“ finden Sie unter:
> https://www.eco.de/wp-content/uploads/2022/10/221018_topdns_abuse_tabelle.pdf

Weitere Informationen finden Sie unter:
> https://topdns.eco/

Quelle: eco.de, eigene Recherche

TLDS – NEUES VON .BOO, .EU UND .FR

Es wird gruselig-geisterhaft: die von Google verwaltete Top Level Domain .boo soll „die“ Halloween-Domain werden. Derweil bewirbt Frankreichs .fr ihren Datenschatz, während EURid die ADR-Regeln für .eu angepasst hat – hier unsere Kurznews.

AFNIC, Verwalterin der französischen Länderendung .fr, hat ihr OpenData-Angebot ausgeweitet. Der kostenlose Service, der frei zugänglich ist, gestattet die Auswertung von Registrierungsdaten zum Zweck der Marktanalyse und für Benchmark-Tests, aber auch für geographische Analysen und zum Domain-Monitoring. Für letzteres besonders nützlich ist, dass AFNIC seit dem 03. Juli 2012 tagesaktuell eine Liste der registrierten Domain-Namen veröffentlicht, und zwar unter .fr, .re, .yt, .tf, .wf sowie .pm. Die Liste ist alphabetisch sortiert und steht für sieben Tage zum Abruf bereit. Aber die abrufbaren Informationen gehen noch weit mehr in die Tiefe und lassen eine umfassende, auch vergleichende Auswertung zu, wie anhand von Vornamen-Domains beispielhaft erklärt wird. Wer bereit ist, eine Jahresgebühr von EUR 10.000,- zu bezahlen, kann ausserdem den „Whois Data Acces Qualified Service“ nutzen, um Informationen über Domain-Inhaber und Domain-Registrar zu erhalten. Vor allem Markeninhaber erhalten so ein sehr nützliches Werkzeug, um Rechtsverletzungen effektiv zu verfolgen.

Die .eu-Verwalterin EURid hat die Streitschlichtungsregelungen angepasst, um der Verordnung 2019/517 des EU-Parlaments und des Rates über die „Durchführung und Funktionsweise der Domäne oberster Stufe .eu, zur Änderung und Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 733/2002 und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 874/2004 der Kommission“ gerecht zu werden. Die drei Hauptänderungen sehen vor, dass die gesetzten Fristen in Zukunft kürzer sind, dass der Kreis der geschützten Rechte erweitert wird und dass für EURid ein neues Verfahren zur Umsetzung der getroffenen Entscheidungen gilt. Die Neuregelung ist bereits am 13. Oktober 2022 in Kraft getreten. Insgesamt bleibt es hier dabei, dass die „ADR Rules“ für .eu eng an die UDRP angelehnt sind; gerade aber der Kreis der geschützten Zeichen ist deutlich weiter als bei der UDRP und umfasst auch nicht eingetragene Marken, Handelsnamen, Unternehmenskennzeichen, Firmennamen, Familiennamen und unterscheidungskräftige Titel geschützter literarischer und künstlerischer Werke.

Die Google-Tochter Charleston Road Registry Inc. nutzt die Jahreszeit und möchte die neue Top Level Domain .boo als die einzig wahre Halloween-Domain vermarkten. Im Google-Blog verweist die Registry dazu auf zwei Beispiel-Domains halloween.boo und treats.boo, wobei erstere auf einen Online-Shop mit HalloweenKostümen und zweitere auf einen Online-Shop mit Halloween-Süssigkeiten verweist – immerhin aber mit dem Vermerkt „zero-sugar, allergy-friendly, gluten-free, vegan and keto treats for those with dietary restrictions“. Damit erinnert .boo an die Endung .blackfriday, die für den offiziellen Beginn der Weihnachtseinkaufssaison in den USA steht, aktuell aber nur auf etwa 1.000 registrierte Domains kommt – ein massentaugliches Konzept scheint das nicht zu sein. Mehr wissen wir ab dem 08. November, wenn .boo-Domains in einer „Early Access Period“ zu allerdings teils vierstelligen Gebühren registriert werden können, bevor dann am 15. November 2022 die Live-Phase zu regulären Gebühren startet.

Weitere Informationen zu den aktualisierten Streitschlichtungsregeln für .eu finden Sie unter:
> https://www.wipo.int/amc/en/new/eu.html

Weitere Informationen zum OpenData-Angebot von .fr finden Sie unter:
> https://www.afnic.fr/en/products-and-services/fr-and-associated-services/shared-data-reuse-fr-data/

Quelle: .afnic.fr, wipo.int, blog.google

UDRP – DISSENS IM DREIER-PANEL VERHINDERT URTEIL

Im Streit um die Domain fordirect.com zwischen dem Autokonzern Ford und einem Tschechen kam es zu keiner ordentlichen Entscheidung wegen interner Querelen des mit drei Fachleuten besetzen WIPO-Panels.

Die US-amerikanische Ford Motor Company ging wegen der Domain fordirect.com gegen deren Inhaber, Radio plus, spol.s r.o., im Rahmen eines UDRP-Verfahrens vor der WIPO vor. Ford konnte dabei auf seine Gründung 1903 und zahlreiche Marken zurückgreifen, darunter „FORD“, „FORD PROTECT“, „FORDDIRECT“ und die Domain forddirect.com. Die Domain fordirect.com wurde 2001 registriert und von einem autorisierten Autoverkäufer, Burd Ford, in Indiana (USA) genutzt, bis dieser 2012 pleite ging und die Domain nicht verlängert wurde. Der Gegner registrierte die Domain im März 2013. Über die Nutzung der Domain streiten die Parteien, jedenfalls aber steht sie zum Verkauf. Der Gegner kapriziert sich darauf, dass es sich nicht um eine Vertipper-Domain handelt, sondern sie für die millionenfach genutzte Phrase „For Direct“ genutzt werde, und zwar noch bevor Ford seine Domain forddirect.com selbst seit März 2014 wirklich nutzt. Beide Parteien gaben weitere Stellungnahmen ein.

Das Dreier-Panel bestehend aus der spanischen Rechtsanwältin Reyes Campello Estebaranz als Vorsitzender sowie Sandra J. Franklin und The Hon Neil Anthony Brown KC konnte sich nicht einigen und wies die Beschwerde – ohne Präjudiz für die Beschwerdeführerin – zurück (WIPO Case No. D2022-0954). Die Mehrheit des Panels, bestehen aus Franklin und Brown KC, verfasste ihre Meinung zur Sache, sandte sie an die Vorsitzende und veröffentlichte sie als Teil der Entscheidung. Danach sahen sie keine vernünftige Möglichkeit, die Entscheidung aufgrund der von der Vorsitzenden vorgelegten Entwürfe der Entscheidung zu entscheiden. Die Vorsitzende hatte gleich zwei Entwürfe der Entscheidung vorgelegt, die „Final Version“ vom 06.06.2022 und das „Final Draft“ vom 09.06.2022. Für die „Final Version“ habe die Vorsitzende reichlich Recherchen im Internet angestellt und diese so in den Entscheidungstext eingearbeitet, dass beides nicht mehr auseinanderdividiert werden könne. Das „Final Draft“ baue auf die „Final Version“ auf, sei quasi eine überarbeitete Fassung und eben deshalb auch unbrauchbar. Das eigentliche Problem sei dabei nicht, dass die Vorsitzende eigene Recherchen angestellt und eingearbeitet habe, das sei von Seiten der UDRP und des Overview 3.0 gedeckt. Vielmehr habe sie den Parteien keine Möglichkeit zur Stellungnahme zu diesen Recherchen gewährt, was aber Voraussetzung gewesen wäre, um sie für die Entscheidungsgründe zu nutzen. Letztlich lief es darauf hinaus, dass die Vorsitzende bei ihrer Recherche parteiisch agierte, indem die so herangezogenen Nachweise sich gegen den Gegner richteten: „all of it was directed at the Respondent alone and was used to deny the Response and enable the Complainant to prevail in the proceeding.“ Die Mehrheit resümiert, da die „Final Version“ aufgrund ihres mangelhaften Entstehungsprozesses nicht bestehen bleiben könne, und sie als Grundlage des „Final Draft“ diene, wäre es nicht rechtens, das bereinigte „Final Draft“ als Entscheidungsbegründung heranzuziehen. Damit werde man beiden Parteien gerecht und der Integrität des UDRP-Prozesses, der frei von jeglichem Makel eines mangelhaften Verfahrens oder eines Fehlers in einem ordentlichen Prozess bleiben müsse. Brown geht bei der Begründung für diesen Umgang mit dem Gegebenheiten ausführlich in die Tiefe. Franklin schloss sich seinen Ausführungen mit der Erklärung an: “ After the Presiding Panelist presented the Panel with several draft decisions containing her extensive research, the undersigned stated more than once the firm opinion that it was unnecessary and incorrect to conduct that level of private research, effectively adding to one party’s case for them.“

Estebaranz ihrerseits rechtfertigt ihr Vorgehen auf zwei weiteren Seiten und macht darin deutlich, dass sie für jede ihrer Recherchen Anknüpfungspunkte in den Vorträgen der Parteien vorweisen kann, die diese rechtfertigten. Das allerdings reichte nicht, da sie bereits durch die Mehrheit des Panels überstimmt war. So entschied diese, die Beschwerde werde abgewiesen, und die Domain fordirect.com verbleibt beim Gegner. Der Beschwerdeführerin wurde freigestellt, eine neue Beschwerde einzureichen und zuzustellen, so dass ein neues Panel gebildet werden könne, dem kein an diesem Verfahren beteiligter Prüfer angehört.

Die UDRP-Entscheidung über die Domain fordirect.com finden Sie unter:
> https://www.wipo.int/amc/en/domains/decisions/pdf/2022/d2022-0954.pdf

Spezialisierte Anwälte findet man unter:
> https://www.domain-anwalt.de

Quelle: wipo.int, domainnamewire.com, eigene Recherche

WIPO – PANEL VERWEIST PARTEIEN AN ZIVILGERICHT

Wir haben wiederholt UDRP-Entscheidungen besprochen, bei denen Parteien sich auf einen Streit um eine Domain stürzen, obwohl es um ganz anderes geht, zum Beispiel um eine unternehmensinterne Auseinandersetzung. Im Streit um die Domain smartprivacy.com ging es allerdings um Markenrechte, die eigentlich vor ein ordentliches Gericht gehörten.

Aktuell liegt eine UDRP-Entscheidung vor, die nochmals unterstreicht, dass Markenrechtsauseinandersetzungen nicht sinnvoll über eine Domain und im UDRP-Verfahren ausgetragen werden sollten. Die britische Gazey and Partners LLP sieht ihre Rechte durch die Domain smartprivacy.com verletzt. Sie selbst ist Inhaberin der am 08. Juni 2016 registrierten EU-Marke „SMART PRIVACY“ und der am 11. Oktober 2017 beantragten und am 09. Februar 2021 eingetragenen US-Marke „SMART PRIVACY“. Zudem ist sie seit 28. Februar 2017 Inhaberin der Domain smartprivacy.co.uk. Der US-amerikanische Gegner hingegen, One Trust, ein Anbieter von unter anderem Vernetzungs- und Datenschutzdienstleistungen, meldete am 02. März 2017 seine US-Marke „SMARTPRIVACY“ an, die am 02. Oktober 2018 eingetragen wurde. Die Domain smartprivacy.com wurde 2001 erstmals registriert, der Gegner kaufte sie am 26. Juli 2016; zur Zeit leitet sie auf seine Domain privacyconnect.com weiter. Die beiden Parteien lassen sich ausführlich darüber aus, wer wann zuerst ein Recht an dem Begriff „smart privacy“ erlangt hat und wer als erster seine Domain oder seine Marke geschäftlich genutzt hat. Die Beschwerdeführerin meint unter anderem, der Gegner habe ja ein Co-Headquarter in London und hätte allein deshalb ihre Marke nicht nicht kennen können. Der Gegner macht unter anderem geltend, er habe von Februar 2017 seine Dienstleistungen in den USA und in Europa erfolgreich angeboten, was sich auch aus der Markenregistrierung ergebe und was zeitlich vor der Nutzung der EU-Marke der Beschwerdeführerin liege. Wohingegen laut der US-Markeneintragung der Beschwerdeführerin diese ihre Marke gar nicht nutze. Sie beantragte, Reverse Domain Name Hijacking festzustellen. Als Entscheider wurde der bulgarische Rechtsanwalt Assen Alexiev eingesetzt.

Alexiev wies die Beschwerde zurück und hielt es für besser, dass die Parteien ihren Streit vor den ordentlichen Gerichten ausfechten (WIPO Case No. D2022-3138). Die verwirrungstiftende Identität von Domain und Marke stellte er zweifelsfrei fest. Bei der Frage nach dem Recht oder einem berechtigten Interesse des Gegners an der Domain scheiterte die Beschwerde aber: Der Gegner habe nachgewiesen, dass er unter der Domain gutgläubig Waren und Dienstleistungen unter der Marke „SMARTPRIVACY“ seit 24. Februar 2017 anbietet. Hingegen habe die Beschwerdeführerin keinerlei Nachweise dafür erbracht, ihrerseits geschäftliche Tätigkeiten unter der Marke „SMART PRIVACY“ vor dem 11. August 2018 aufgenommen zu haben. Die erst 2021 eingetragene US-Marke der Beschwerdeführerin weise auch jetzt noch kein Datum für ihre erste Nutzung auf. Laut Wayback-Machine (archive.org) finden sich auf ihrer Website unter der am 28. Februar 2017 registrierten Domain smartprivacy.co.uk keine Inhalte vor dem 11. August 2018. Die streitige Domain smartprivacy.com hatte der Gegner aber bereits am 26. Juli 2016 erworben und die US-Marke „SMARTPRIVACY“ am 02. März 2017 beantragt. Das spreche alles dafür, dass es wahrscheinlicher ist, der Gegner hatte keine Kenntnisse von der Beschwerdeführerin und ihrer Marke vor dem 11. August 2018. Es spricht dafür, dass er die Domain unabhängig von der Beschwerdeführerin registrierte und nutzt, um seine eigenen Geschäfte zu führen. Es ergäben sich so auch keine Anhaltspunkte, wonach der Gegner die US-Marke lediglich registriert habe, um so im Rahmen eines UDRP-Verfahrens bestehen zu können. Demgemäß spreche auch nichts dafür, dass der Gegner die Domain bösgläubig registrierte und nutze. Damit habe die Beschwerdeführerin die Voraussetzung für das UDRP-Verfahren nicht erfüllt.

Kurz ging Alexiev noch darauf ein, ob hier von einem Reverse Domain Name Hijacking ausgegangen werden könne. Dies verneinte er allerdings. Die Beschwerdeführerin konnte zwei der Elemente des UDRP-Verfahrens nicht nachweisen, aber die Beziehung zwischen den Parteien beinhalte komplexe Tatsachen- und Rechtsfragen in Bezug auf konkurrierende und möglicherweise kollidierende Markenrechte (die besser vor Gericht geklärt werden). Es bestehe keine Grundlage für die Schlussfolgerung, die Beschwerdeführerin habe nicht in gutem Glauben meinen können, dass sie in diesem Verfahren Erfolg haben könnte. Damit wies Alexiev den Antrag des Gegners auf Reverse Domain Name Hijacking ab. Er bestätigte die Abweisung der Beschwerde und dass die Domain beim Gegner verbleibt.

Die UDRP-Entscheidung über die Domain smartprivacy.com finden Sie unter:
> https://www.wipo.int/amc/en/domains/decisions/pdf/2022/d2022-3138.pdf

Spezialisierte Anwälte findet man unter:
> https://www.domain-anwalt.de

Quelle: wipo.com, domainnamewire.com, eigene Recherche

FIDUCIARY.COM – TREUHÄNDER FÜR US$ 84.999,-

Die vergangene Domain-Handelswoche brachte mit fiduciary.com zum Preis von US$ 84.999,- (ca. EUR 85.858,-) keine hohen Zahlen. Mittlerweile lässt sich von einer Talsohle sprechen.

Auch diese Woche liegt der Preis der teuersten .com-Domain zu niedrig, um gut zu sein, auch wenn er der höchste der Woche ist: fiduciary.com kommt auf gerade einmal US$ 84.999,- (ca. EUR 85.858,-) und liegt damit deutlich unter dem Höchstpreis der vorangegangenen Woche, den die .xyz-Domain sino.xyz erzielt hatte. Mit etwas Abstand folgt touchwallet.com zum Preis von US$ 65.000,- (ca. EUR 65.657,-). Die Domain ecolife.com schafft US$ 18.000,- (ca. EUR 18.182,-) und liegt so deutlich über ihren Preis von $10.000,- (ca. EUR 6.623,-) vom Dezember 2009.

Die Länderendungen bringen schwache US$ 9.990,- (ca. EUR 10.091,-) für ihre Spitzendomain football.com.ng auf die Waage, die allerdings umso schwerer wiegt, als es sich um eine selten gehandelte nigerianische Third Level Domain handelt. Die deutsche Endung startet mit fasthub.de bei EUR 4.500,-. Die Endung von .uk bringt alte Bekannte aufs Tablet: database.co.uk steht mit GBP 3.700,- (ca. EUR 4.237,-) mehr oder weniger still seit April 2015, als sie auf GBP 3.057,- (ca. EUR 4.230,-) kam. Die Drei-Zeichen-Domain btp.co.uk verliert maßlos und fällt von GBP 6.000,- (ca. EUR 8.796,-) im Mai 2007 auf jetzt US$ 1.198,- (ca. EUR 1.210,-).

Die neuen generischen Endungen machen zumindest gute Miene mit seda.xyz zum Preis von EUR 25.000,- und adsmega.xyz zum Preis von US$ 24.000,- (ca. EUR 24.242,-). Die klassischen generischen Endungen waren mit aspergerssyndrome.org zum Preis von US$ 20.222,- (ca. EUR 20.426,-) und leonardodicaprio.org zum Preis von US$ 19.500,- (ca. EUR 19.697,-) ebenfalls akzeptabel dabei. Die vergangene Domain-Handelswoche war recht schwach. Eigentlich kann es jetzt wieder nur bergauf gehen.

Länderendungen
————–

fasthub.de – EUR 4.500,-
millionen.de – EUR 3.850,-
workstations.de – US$ 3.515,- (ca. EUR 3.551,-)
finanzelite.de – EUR 3.250,-
onlyjob.de – EUR 2.999,-
sealady.de – EUR 2.990,-
anergie.de – EUR 2.500,-
diewerbetechnik.de – EUR 2.500,-
schooltech.de – EUR 2.500,-
legalbook.de – EUR 2.499,-
highculture.de – EUR 2.000,-

football.com.ng – US$ 9.990,- (ca. EUR 10.091,-)
entretien.fr – US$ 6.450,- (ca. EUR 6.515,-)
ludus.it – EUR 6.200,-
ems.co.in – US$ 5.800,- (ca. EUR 5.859,-)
rooftop.co.uk – GBP 5.000,- (ca. EUR 5.726,-)
benzina.it – US$ 5.000,- (ca. EUR 5.051,-)
sophie.co.uk – GBP 4.100,- (ca. EUR 4.695,-)
database.co.uk – GBP 3.700,- (ca. EUR 4.237,-)
gasper.co – US$ 4.000,- (ca. EUR 4.040,-)
hooley.co.uk – GBP 3.500,- (ca. EUR 4.008,-)
gr.com.ar – US$ 3.500,- (ca. EUR 3.535,-)
webcraft.io – EUR 3.500,-
lendr.io – EUR 3.200,-
unlocker.fr – EUR 3.000,-
aui.ca – US$ 2.500,- (ca. EUR 2.525,-)
broadband.io – US$ 2.500,- (ca. EUR 2.525,-)
biotope.eu – EUR 2.499,-
rep.co.uk – US$ 2.442,- (ca. EUR 2.467,-)
wealth.uk – US$ 2.034,- (ca. EUR 2.055,-)
everymindmatters.co.uk – US$ 1.866,- (ca. EUR 1.885,-)
template-contracts.co.uk – US$ 1.413,- (ca. EUR 1.427,-)
btp.co.uk – US$ 1.198,- (ca. EUR 1.210,-)

Neue Endungen
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seda.xyz – EUR 25.000,-
adsmega.xyz – US$ 24.000,- (ca. EUR 24.242,-)
chairman.xyz – US$ 10.800,- (ca. EUR 10.909,-)
moso.xyz – US$ 5.000,- (ca. EUR 5.051,-)
esmeralda.org – US$ 4.995,- (ca. EUR 5.045,-)
husl.xyz – US$ 4.888,- (ca. EUR 4.937,-)
captaincooks.casino – US$ 2.000,- (ca. EUR 2.020,-)

Generische Endungen
——————-

aspergerssyndrome.org – US$ 20.222,- (ca. EUR 20.426,-)
leonardodicaprio.org – US$ 19.500,- (ca. EUR 19.697,-)
kimmelcancercenter.org – US$ 7.751,- (ca. EUR 7.829,-)
adelmo.net – US$ 6.000,- (ca. EUR 6.061,-)
montcalm.org – US$ 6.000,- (ca. EUR 6.061,-)
commonwealth.org – US$ 5.805,- (ca. EUR 5.864,-)
ussportsmen.org – US$ 5.800,- (ca. EUR 5.859,-)
wie.net – US$ 3.500,- (ca. EUR 3.535,-)
beyondyou.org – US$ 2.995,- (ca. EUR 3.025,-)
highschooljournalism.org – US$ 2.620,- (ca. EUR 2.646,-)
dignow.org – US$ 2.499,- (ca. EUR 2.524,-)
barcodelife.org – US$ 2.551,- (ca. EUR 2.577,-)
mtm.net – US$ 2.150,- (ca. EUR 2.172,-)

.com
—–

fiduciary.com – US$ 84.999,- (ca. EUR 85.858,-)
touchwallet.com – US$ 65.000,- (ca. EUR 65.657,-)
lawful.com – US$ 29.999,- (ca. EUR 30.302,-)
digitalhome.com – US$ 20.000,- (ca. EUR 20.202,-)
leonardodicaprio.org – US$ 19.500,- (ca. EUR 19.697,-)
ecolife.com – US$ 18.000,- (ca. EUR 18.182,-)
shiproad.com – US$ 18.000,- (ca. EUR 18.182,-)
newoceans.com – US$ 16.000,- (ca. EUR 16.162,-)
fitpaws.com – US$ 15.000,- (ca. EUR 15.152,-)
clocktower.com – US$ 13.300,- (ca. EUR 13.434,-)
rockhounds.com – US$ 12.286,- (ca. EUR 12.410,-)
prefixmag.com – US$ 12.000,- (ca. EUR 12.121,-)
lamarcounty.com – US$ 10.249,- (ca. EUR 10.353,-)
crispycones.com – US$ 6.995,- (ca. EUR 7.066,-)
jayfree.com – US$ 6.200,- (ca. EUR 6.263,-)
ds21.com – EUR 5.500,-
unified365.com – US$ 5.000,- (ca. EUR 5.051,-)
hmotion.com – US$ 4.995,- (ca. EUR 5.045,-)
iamsolutions.com – US$ 4.995,- (ca. EUR 5.045,-)

Weitere Domain-Preise finden Sie unter:
> https://www.domain-spiegel.de

Quelle: dnjournal.com, sedo.de, thedomains.com

NOVEMBER – ZWEI WEBINARE FÜR ICANN-EINSTEIGER

Die Internetverwaltung ICANN bietet Anfang November in ihrem „ICANN for Beginners Virtual Program“ gleich zwei Webinare unter dem Titel „ICANN for Beginners: An Introduction“, bei dem Neulinge ICANN kennenlernen können.

Das „ICANN for Beginners Virtual Program“ steht neben dem „Fellowship Program“ und dem „NextGen@ICANN Program“ als eine der Säulen, bei Neulingen Verständnis für das Gesamtkonstrukt ICANN zu entwickeln. ICANN geht es dabei darum, informierte und effektive Beteiligung von Interessensgruppen zu unterstützen und auszubauen. Das „ICANN for Beginners Virtual Program“ erweitert die Möglichkeiten der virtuellen Beteiligung und des Engagements für Neueinsteiger durch einführende Inhalte. Die Teilnahme an den am 02. und 03. November 2022 stattfindenden Webinaren soll einen positiven Eindruck vermitteln, der Teilnehmern bestätigt, dass sie als Anfänger einen Mehrwert für ihre berufliche Entwicklung haben und zugleich einen Mehrwert für das globale Internet-Ökosystem beisteuern können. Darüber hinaus soll die Struktur von ICANN vermittelt und zugleich Anfängern gezeigt werden, wie sie sich bei ICANN beteiligen und engagieren können.

Die Webinare „ICANN for Beginners: An Introduction“ finden am 02. und 03. November 2022 online statt. Am 02. November 2022 startet das Webinar um 02:00 PM UTC (14:00 Uhr MEZ), am 03. November 2022 um 06:00 PM UTC (19:00 Uhr MEZ). Die Teilnahme ist kostenlos, allerdings ist eine Anmeldung notwendig.

Weitere Informationen und Anmeldung unter:
> https://community.icann.org/display/IFBVP/ICANN+for+Beginners+Virtual+Program+Pilot

Quelle: icann.org

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