Themen: Digitale Dienste – CENTR gibt Stellungnahme ab | Domain-Kauf – ICA veröffentlicht Mustervertrag | TLDs – Neues von .lv, .org und .uk | Premiums – erster Radix-Report für 2020 | UDRP – SARS ist nicht gleich sars.app | nas.com – bisher teuerste Domain des Jahres 2020 | September 2021 – 2. IT-JuristInnen Tag verschoben
DIGITALE DIENSTE – CENTR GIBT STELLUNGNAHME AB
Die Europäische Kommission hat die erste Phase ihrer öffentlichen Konsultation für ein Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act) abgeschlossen. CENTR, das Council of European National Top-Level Domain Registries, hat für die Domain Name Industry Stellung bezogen.
Die Kommission will die zwanzig Jahre alte EU-Gesetzgebung für digitale Dienste und Online-Plattformen modernisieren. Alle europäischen Unternehmen brauchen gleiche Wettbewerbsbedingungen, damit sie wachsen und innovativ sein und global konkurrieren können. Zugleich soll die Sicherheit der Nutzer und die Achtung ihrer Grundrechte, vor allem ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung, garantiert werden. Vom 02. Juni 2020 bis zum 08. September 2020 lief eine öffentliche Konsultation zu den beiden von der Kommission im Februar 2020 angekündigten Aktionsbereichen. Die erste Regelung würde die Grundsätze der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr betreffen, und eine umfassende Beschränkung der Haftung für von Nutzern erstellte Inhalte vorsehen. Die zweite Maßnahme würde die Frage der gleichen Wettbewerbsbedingungen in den europäischen digitalen Märkten angehen, auf denen zurzeit einige wenige große Online-Plattformen (wie Google und Facebook) als „Torwächter“ agieren. Die Kommission wird Vorschriften prüfen, die diese Ungleichgewichte auf den Märkten beheben sollen. Das Gesetz, für das es bisher keinen Textentwurf gibt, zählt zu den Leuchtturmprojekten von Kommissionschefin Ursula von der Leyen.
Um die Position der Domain-Branche einzubringen, hat das CENTR eine 22-seitige Stellungnahme in die Konsultation eingebracht und dabei auf zahlreiche Fragen geantwortet. Zunächst hebt der Verband hervor, dass ccTLDs kein Online-Vermittler im juristischen Sinne seien; als rein technischer Betreiber fehle es sowohl an den rechtlichen Voraussetzungen als auch an den praktischen Möglichkeiten, um über die (Il)Legalität von Webinhalten zu befinden. Die Entscheidung, ob Inhalte zulässig sind oder nicht, liegt nach Ansicht von CENTR bei den zuständigen Behörden; mit anderen Worten: keine Registry soll als „Content-Polizei“ fungieren müssen, zumal sie selbst keine Inhalte hosten. CENTR geht aber noch darüber hinaus und verwahrt sich ausdrücklich dagegen, illegale Inhalte entfernen zu müssen. Man stehe in den seltensten Fällen in direkter Verbindung mit dem Domain-Inhaber; dafür seien die Registrare zuständig. Registries sollen daher ausdrücklich von jeder Haftung in dem geplanten Gesetz ausgeklammert werden. Das schließt aber nicht die Pflicht aus, bei Vorliegen einer gerichtlichen Entscheidung gegen eine Domain vorzugehen, denn in diesem Fall habe ein Gericht die Rechtswidrigkeit von Inhalten positiv festgestellt. Im Übrigen übt CENTR nach eigener Ansicht allenfalls eine subsidiäre Verantwortung aus, wenn zuvor beispielsweise der Domain-Registrar oder der Provider nicht eingegriffen haben. Sofern manche Registries aus eigener Initiative proaktiv gegen DNS-Missbrauch etwa durch Malware oder Phishing vorgingen, seien dies freiwillige Maßnahmen, die freiwillig bleiben sollen.
Ob CENTR mit dieser Stellungnahme Erfolg haben wird, oder ob es überhaupt Pläne gibt, die Stellung von Registries und Registraren zu überdenken, ist derzeit ungewiss. Eine frühe Abgrenzung dürfte in der Regel aber nicht schaden, so dass mit ähnlichen Stellungnahmen aus der Registrar-Branche zu rechnen sein dürfte. Die Diskussionen rund um das neue Gesetz über digitale Dienste haben jedenfalls begonnen.
Die Stellungnahme von CENTR finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2367
Weitere Informationen zum Digital Services Act (Digitale Dienste Gesetz) finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2368
Quelle: centr.org, eigene Recherche
DOMAIN-KAUF – ICA VERÖFFENTLICHT MUSTERVERTRAG
Praktische Hilfe im Domain-Alltag: der Interessenverband Internet Commerce Association (ICA) hat einen Musterkaufvertrag für Domains in englischer Sprache veröffentlicht. Er steht ab sofort zum kostenlosen Download bereit.
Der Kauf und Verkauf von Domain-Namen ist nicht nur für Domain-Spekulanten etwas Alltägliches geworden. Doch wie bei vielen Verträgen steckt der Teufel oft im Detail, so dass es sich ausdrücklich empfiehlt, Domain-Kaufverträge nicht nur zu Beweiszwecken in schriftlicher Form abzuschließen, auch wenn das Gesetz diese Form nicht verlangt. Da ist es hilfreich, wenn der Lobbyverband ICA mit Mitgliedern wie Sedo, GoDaddy, Escrow.com und Uniregistry das passende Muster bereithält. Das Muster hat einen Umfang von insgesamt sieben Seiten, enthält aber vor allem Anmerkungen zu einzelnen Klauseln, so dass der tatsächlich zu schließende Vertrag deutlich kürzer ausfällt. Dieser beschränkt sich auf die Klauseln „Purchase and Sale of Domain Name“, „Consideration“, „Representations and Warranties“, „Notices“ und „Miscellaneous“. Der Mustervertrag wurde laut ICA mit Unterstützung spezialisierter Domain-Anwälte erstellt; in ihn seien Jahrzehnte von Erfahrungen mit der Domain Name Industry geflossen.
Für die Abwicklung des Transfers sieht das Muster die Einschaltung eines „Escrow Agent“ vor. Das ist nicht verpflichtend, jedoch vor allem bei hochpreisigen Domain-Verkäufen üblich. Wichtig sind hingegen Regelungen für Rechtsmängel und betreffend den Ausschluss von Haftungsansprüche. Hier sollte man sich vor Augen führen, dass das Muster auf den US-Markt zugeschnitten ist; würde man einige der Klauseln auf ihre Vereinbarkeit mit den deutschen Regelungen über allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß der §§ 305 ff BGB prüfen, käme es wohl zu Problemen. Es ist also nicht damit getan, den Vertrag in deutsches Recht zu übersetzen. Wirklich geeignet scheint er uns nur für den Fall, dass beide Parteien in Ausübung ihrer geschäftlichen Tätigkeit länder- und jurisdiktionsübergreifend tätig werden. Über eines sollte man sich bei all dem aber klar sein: ein solches Muster kann die individuelle Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. Die Hinzuziehung spezialisierter Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ist daher in jedem Fall empfehlenswert.
Den Musterkaufvertrag der ICA finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2366
Spezialisierte Anwälte findet man unter:
> http://www.domain-anwalt.de
Quelle: eigene Recherche
TLDS – NEUES VON .LV, .ORG UND .UK
UDRP, URS und jetzt noch „Appeals Process“: bei .org kommt ein weiteres Schiedsverfahren zum Einsatz. Derweil bemüht man sich in Lettland, .lv mit Zwei-Faktor-Authentisierung sicherer zu machen, während Nominet ausgelaufene .uk-Domains entgegen bisheriger Planungen nicht mehr versteigern möchte – hier unsere Kurznews.
Die University of Latvia, Registry der lettischen Länderendung .lv, macht ihre ccTLD ein Stück sicherer. Mit Hilfe von Zwei-Faktor-Authentisierung sollen Änderungen um eine .lv-Domain in Zukunft erschwert werden. Um auf den Registry-Account zugreifen zu können, braucht es nicht nur einen Benutzernamen sowie ein Passwort, sondern zusätzlich entweder einen „security token“ oder einen „biometric factor“; letzteres kann ein Fingerabdruck oder ein Gesichtsscan sein. Um die Zwei-Faktor-Authentisierung zu aktivieren, muss man eine Software wie FreeOTP oder Google Authenticator auf seinem Computer oder Smartphone installieren, sich in das Online-System der Registry unter der Domain nic.lv einloggen und mittels QR-Code die zusätzliche Sicherheitsstufe aktivieren. Ab dann kann man sich in seinen Account nur noch einloggen, wenn man neben Benutzername und Passwort den zusätzlichen Faktor nutzt. Zusätzliche Kosten fallen hierfür nicht an. Eine Deaktivierung des zweiten Faktors ist ebenso möglich; dazu muss jedoch ein schriftlicher Antrag eingereicht werden.
Die .org-Verwalterin Public Interest Registry (PIR) schafft eine neue Beschwerdemöglichkeit für Inhaber suspendierter .org-Domains. Das „Appeals Process“ genannte Schiedsgerichtsverfahren ergänzt die „Anti-Abuse Principles“, die es PIR erlauben, bei einer Verletzung dieser Grundsätze eine .org-Domain zu suspendieren. Diese Entscheidung können Domain-Inhaber künftig angreifen und sie vor dem Forum (vormals bekannt als National Arbitration Forum) überprüfen lassen. Die Gerichtsgebühren liegen bei US$ 1.200,-, werden von PIR aber mit einem Betrag von US$ 700,- bezuschusst, so dass letztlich US$ 500,- vom Domain-Inhaber zu zahlen sind; diese erhält er im Obsiegensfall entgegen beispielsweise der UDRP- oder URS-Verfahren erstattet. Allerdings ist das „Appeals Process“-Verfahren fristgebunden; so muss der Domain-Inhaber binnen 60 Tagen nach Suspendierung bei PIR um Aufhebung bitten und im Fall der Ablehnung binnen weiterer 15 Tage das Beschwerdeverfahren beim Forum einleiten. Das Verfahren selbst läuft per eMail ab, Verfahrenssprache ist Englisch. PIR betont, dass das Verfahren keine Ausweitung seiner Bemühungen um Eindämmung von DNS-Missbrauch zum Beispiel durch Spam oder Phishing darstellt; ebenso wenig möchte man die .org-Inhalte aktiver kontrollieren.
Die .uk-Verwalterin Nominet lässt ihren Plan fallen, ausgelaufene Domains meistbietend zu versteigern. Im Zuge einer öffentlichen Anhörung habe sich herausgestellt, dass nach überwiegender Ansicht der befragten Teilnehmer es nicht Aufgabe der Registry sei, derartige Auktionen durchzuführen. Dennoch hält Nominet an der Absicht fest, den Markt der ausgelaufenen Domains zu reformieren. Daher soll es Interessenten in Zukunft möglich sein, „connections“ zu erwerben. Offenbar sollen die Registrare also zusätzliche käufliche Optionen erhalten, auf den Pool der freigewordenen Domains zuzugreifen. Im Gespräch sind Preise von GBP 600,- für bis zu sechs Optionen, bis zu GBP 6.000,- für maximal 60 Optionen; alle praktischen Details sind aber aktuell noch offen und sollen in den kommenden Wochen erarbeitet werden. Betroffen ist laut Nominet ein Pool an 12.000 besonders begehrten .uk-Domains, die jedes Jahr frei werden.
Weitere Informationen zur Zwei-Faktor-Authentisierung unter .lv finden Sie unter:
> https://www.nic.lv/en/two-factor-authentication
Weitere Informationen zum „Appeals Process“ bei .org finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2369
Weitere Informationen zu den ausgelaufenen Domains unter .uk finden Sie unter:
> https://www.nominet.uk/expired-domains-consultation/
Quelle: nic.lv, thenew.org, nominet.uk
PREMIUMS – ERSTER RADIX-REPORT FÜR 2020
Die Registry Radix legte kürzlich ihren „Premium Domains Report“ für das erste Halbjahr 2020 vor. Wir haben uns das Dokument angeschaut.
Radix, eine Tochter der in Indien beheimateten Directi Group, ist Inhaberin einiger Domain-Registrare und Webhosting-Unternehmen. Sie verwaltet zudem neun der neuen Internet-Endungen, darunter .tech, .online, .site, .space und .store. Seit einiger Zeit gibt sie halbjährlich Premium-Domains Reports heraus, in denen sie darstellt, welche Umsätze die Registrierung von Premium-Domains unter den von ihr verwalteten neuen generischen Top Level Domains einbringen.
Im aktuellen „H1 2020 Premium Domains Report“, der – wie üblich – als „einseitige“ Infographik daherkommt, und der sich auf den Zeitraum vom 01. Januar bis 30. Juni 2020 bezieht, stellt Radix die Einkünfte mit Premium-Domains unterteilt in Neuregistrierungen und Renewals dar. So spricht Radix von US$ 1.968.035,- (ca. EUR 1.659.389,-) an „Total Premium Revenue“ für das erste Halbjahr 2020, von denen allein US$ 971.324,- (ca. EUR 818.992,-) aus Neuregistrierungen von 1.223 Domains stammen. Bei den Renewal-Gebühren bereits registrierter Domains kamen weitere US$ 996.711,- (ca. EUR 840.397,-) zusammen. Gegenüber dem 1. Halbjahr des Vorjahres (2019), in dem die „Total Premium Revenue“ US$ 1.360.865,- (damals ca. EUR 1.237.150,-) betrug, von denen US$ 522.365,- (damals ca. EUR 474.877,-) aus Neuregistrierungen von 619 Domains stammen, ist das ein sehr deutlicher Anstieg der Werte. Wie ersichtlich, hat sich die Anzahl der neuregistrierten Premium-Domains beinahe verdoppelt. Weniger stark stiegen die Einkünfte der Renewal-Gebühren gegenüber den US$ 838.500,- (damals ca. EUR 762.273,-) vom Vorjahr.
Das Gros der Neuregistrierungen erzielten mit US$ 360.800,- (ca. EUR 304.216,-) 288 .tech-Domains, gefolgt von 238 .online-Domains, die US$ 199.122,- (ca. EUR 167.894,-) einbrachten. Die Spitzenpositionen haben also gegenüber dem 1. Halbjahr 2019 die Plätze gewechselt: seinerzeit lagen mit US$ 156.320,- (ca. EUR 142.109,-) 183 .online-Domains vor 158 .tech-Domains, die US$ 151.936,- (ca. EUR 138.124,-) eingebracht hatten. Der ganz überwiegende Teil der Domains wurde wieder über GoDaddy registriert (41,9 Prozent, also 0,3 Prozent Anstieg gegenüber dem Vorjahr), gefolgt von Namecheap mit 17 Prozent (zuvor 10,2 Prozent), während Google sich mit dem dritten Platz und 8,2 Prozent (11,3 Prozent im Vorjahr) zufrieden geben musste. Radix gibt auch einen Überblick über die Durchschnittspreise und der Verteilung von Registrierungen über die verschiedenen Preisklassen. So verkauften sich Domains zu US$ 250,- (insgesamt 258 Domain) am meisten, während lediglich eine Domain im Bereich von US$ 25.000,- lag, sechs im Bereich von US$ 10.000,- und 20 im Bereich von US$ 5.000,-. Ein Kuriosum stellt die eine Domain dar, die für US$ 3.000,- verkauft wurde. Der Durchschnittspreis von .tech-Domains lag mit US$ 1.115,- am höchsten, gefolgt von .online-Domains mit US$ 1.006,- und .site-Domains mit US$ 941,-. Die .tech-Domains waren denn auch mit insgesamt US$ 265.824,- die einträglichsten, während nicht .online, sondern .store an zweiter Stelle insgesamt US$ 175.406,- einbrachte; Domain-Namen unter .online warfen insgesamt US$ 167.290,- in den Topf. Radix teilt auch vier konkrete Preise von Domains mit, die nicht ausschließlich über Radix verkauft wurden: so erzielte sp.tech US$ 22.000,-, history.press US$ 13.549,-, collective.space US$ 8.000,- und hex.tech US$ 7.500,-. Schließlich bestätigt der Report wieder: je älter eine Domain ist, desto älter wird sie. Die Renewal-Rate nach dem ersten Registrierungsjahr beläuft sich auf 63 Prozent, nach dem zweiten Jahr liegt sie im Schnitt bei 72 Prozent, und in den Folgejahren bei 78 Prozent.
Die Zahlen, die Radix liefert, sind für sich interessant, geben aber sicher keinen Überblick über die Domain-Industrie. Sie zeigen aber über die Jahre die Entwicklung des Konzepts der Premium-Domains und lieferten, wenn die Daten detailreicher wären, Indikatoren dafür, welche Domain-Endungen beim Endkunden am erfolgreichsten sind. Sicher bleiben Unklarheiten darüber, welche Domains als Investitionen für den Secondary Market und welche tatsächlich von Endnutzern für die endgültige Nutzung registriert werden. Klar ist allerdings, dass zumindest bei Radix und im Hinblick auf den Vorjahreszeitraum das Geschäft blüht.
Den „H1 2019 Premium Domains Report“ finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2152
Quelle: thedomains.com, eigene Recherche
UDRP – SARS IST NICHT GLEICH SARS.APP
In einem UDRP-Streit des South African Revenue Service (SARS) um die Domain sars.app nahm der Entscheider ein Wörterbuch zur Hand, um festzustellen, dass die Domain aus aktuellem Anlass registriert wurde und nicht wegen des südafrikanischen Finanzamts.
Der South African Revenue Service („SARS“), ein autonomes südafrikanisches Staatsorgan, welches für die Verwaltung des südafrikanischen Steuersystems und des Zolls verantwortlich ist (kurz: das Finanzamt), sah seine Marke „SARS“ durch die Domain sars.app verletzt. Die Institution betreibt unter anderem Websites unter sars.gov.za und sarsefiling.co.za sowie eine Facebook-Seite, über die sie mit Steuerzahlern in Kontakt steht. Sie ist seit August 2014 Inhaberin mehrerer südafrikanischer Marken; der Begriff „SARS“ ist seit Oktober 1997 Teil ihres Namens. Im UDRP-Verfahren wegen der Domain sars.app trug sie unter anderem vor, bei SARS handele es sich um eine bekannte Marke im Sinne von Artikel 6bis der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze gewerblichen Eigentums, die der Gegner kannte oder habe kennen müssen. Der Gegner, ein Einwohner Chinas, registrierte die Domain sars.app im Januar 2020, verknüpfte sie jedoch nicht mit einer Website. In der Sache nahm er nicht Stellung. Als Entscheider wurde der australische Juraprofessor in Beijing (China) Matthew Kennedy eingesetzt.
Kennedy wies die Beschwerde des South African Revenue Service ab, da nicht schlüssig vorgetragen war, dass die Domain bösgläubig registriert und genutzt wurde (WIPO Case No. D2020-1791). Zunächst stellte sich wieder einmal die Frage der Verfahrenssprache, da die Domain über einen chinesischen Registrar registriert ist, die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde aber auf Englisch eingereicht hatte und das Verfahren auf Englisch führen wollte. Der Gegner erhielt die Beschwerde per eMail auf Englisch und auf Chinesisch und sogar per Courier. Da er nicht reagierte und also kein Interesse am Verfahren zeigte, entschied sich Kennedy für Englisch als Verfahrenssprache, erklärte aber, eine chinesische Stellungnahme würde er ebenfalls berücksichtigt haben, es sei nur keine eingegangen.
Kurz stellte Kennedy fest, dass Domain und Marke identisch seien. Die Frage eines Rechts oder berechtigten Interesses an der Domain seitens des Gegners bestimmte sich durch die passive Nutzung der Domain ohne Website. Die Nutzung spreche nicht für ein gutgläubiges Angebot von Waren oder Dienstleistungen, wie es die UDRP vorsieht. Es liege auch keine legitime, nicht-kommerzielle oder faire Verwendung der Domain vor. Es spreche zudem nichts dafür, dass der Gegner Xing Wang Ling unter dem Domain-Namen sars.app bekannt sei. Zudem sei nicht ersichtlich, dass der Gegner die Domain im Sinne ihrer Namensbedeutung zu nutzen plane. Demnach habe die Beschwerdeführerin auch das zweite Element der UDRP erfüllt. Bei der Frage der Bösgläubigkeit schaute sich Kennedy die Bekanntheit der Marke „SARS“ genauer an und ob der Gegner sie hätte kennen können oder müssen. Die Marke sei vor der Domain registriert worden, die mit ihr identisch ist. Die Marke bestehe aus einem Akronym, das auch im Wörterbuch zu finden ist. Die Identität von Marke und Domain bedeutet nicht, dass der Gegner von der Marke wusste, als er die Domain registrierte. Die Beschwerdeführerin liefere nur wenig Informationen über die Nutzung ihrer Marke: Sie betreibe zwei Homepages und die Facebook-Seite. Von Interesse sei das nur für Steuerzahler in Südafrika. Dass der Gegner Südafrikaner sei, habe die Beschwerdeführerin nicht behauptet. Das Internet ist ein globales Medium, aber die Beschwerdeführerin erkläre nicht, warum irgendjemand anderes als südafrikanische Steuerzahler von ihren Websites und ihrer Marke wissen sollte. Kennedy konnte aufgrund des Sachstands keinen Grund finden, dass der Gegner von der Marke der Beschwerdeführerin wusste oder hätte wissen müssen. Alsdann verwies Kennedy auf das Online Dictionary, das mitteilt: „SARS (noun Pathology) Severs Acute Respiratory Syndrom: an acute respiratory illness caused by a coronavirus, characterized by fever, coughing, breathing difficulty, and usually pneumonia.“ Kennedy hält es für eine öffentlich bekannte Tatsache, dass ein neuartiger Coronavirus-Ausbruch in China, wo der Beklagte ansässig ist, kurz vor der Registrierung der Domain sars.app im Januar 2020 gemeldet wurde. In ihrer Argumentation erwähne die Beschwerdeführerin SARS als Krankheit und mögliche Erklärung für die Registrierung der Domain nicht. Damit komme die Beschwerdeführerin ihrer Beweislast dafür, dass der Gegner die Domain aufgrund ihrer Marke registriert hat, nicht nach. Kennedy sah sich aufgrund dessen nicht in der Lage festzustellen, dass der Gegner die Domain bösgläubig registrierte und nutze. Er wies damit die Beschwerde ab, gestand der Beschwerdeführerin jedoch zu, bei Hinzukommen neuer Indizien und Beweise, das Verfahren wieder eröffnen zu können.
Die UDRP-Entscheidung über die Domain sars.app finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2370
Art. 6bis der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze gewerblichen Eigentums finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2371
Spezialisierte Anwälte findet man unter:
> http://www.domain-anwalt.de
Quelle: wipo.int, eigene Recherche
NAS.COM – BISHER TEUERSTE DOMAIN DES JAHRES 2020
Die vergangene Domain-Handelswoche überraschte mit der Mitteilung, dass die Drei-Zeichen-Domain nas.com für US$ 720.000,- (ca. EUR 607.887,-) den Inhaber wechselte. Damit liegt der bisher teuerste bekanntgewordene Domain-Kauf des Jahres vor.
Keith, Mitglied der Domain-Investoren-Plattform Namepros, teilte am 10. September mit, er habe nas.com für US$ 720.000,- (ca. EUR 607.887,-) verkauft. Wie Raymond Hackney auf domaininvesting.com mitteilt, hatte Keith die Domain 2017 für 6,9 Bitcoins, damals ca. US$ 50.000,- (damals ca. EUR 42.000,-) gekauft. Mit deutlichem Abstand kommt unter der Endung .com dann daring.com zu US$ 48.888,- (ca. EUR 41.276,-). Auch diese Domain hat eine Geschichte: im Juni 2015 hatte der Inhaber die Domain für lediglich US$ 3.500,- (damals ca. EUR 3.153,-) erworben. Ebenso erwähnenswert ist ootd.com, die jetzt US$ 40.000,- (ca. EUR 33.772,-) erzielte, während sie im Juli 2009 auf lediglich US$ 3.000,- (damals ca. EUR 2.158,-) kam.
Auch unter den Länderdomains gab es eine hochpreisige Domain. Die für US$ 15,- erworbene chinesische privatejet.cn soll für mehr als US$ 80.000,- (ca. EUR 67.543,-) ihren Inhaber gewechselt haben. Käuferin sei ein Flugzeugvermieter, heißt es unter Namepros.com. Die zweitteuerste Domain kommt aus Kolumbien: offices.co kam auf EUR 19.000,-. Zwei .eu-Domains machten ebenfalls gute Preise: themarket.eu kam auf EUR 13.500,- und lumen.eu, die im September 2009 noch EUR 5.000,- kostete, brachte es nun auf EUR 12.999,-. Die deutsche Endung .de startete mit wwhs.de bei EUR 12.000,- und lieferte neun weitere Domains bis hinunter zu steuerfallen.de zu EUR 2.000,-. Wir listen noch einige der 36 .ai-Domains, die anlässlich einer Auktion von Whois.ai über den Tisch gingen.
Die neuen generischen Endungen waren lediglich von zeit.reise zum Preis von EUR 2.800,- vertreten (die anderen kommen sicher bald nach oder wurden bereits gehandelt). Die klassischen generischen Endungen starteten mit der gut aufgestellten, aber kryptischen yhxc.net für US$ 15.000,- (ca. EUR 12.664,-), gefolgt von der weniger erfolgreichen imove.net mit US$ 4.900,- (ca. EUR 4.137,-) und zwei weiteren schwächeren Domains. Dank nas.com und privatejet.cn war die vergangene Domain-Handelswoche herausragend.
Länderendungen
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privatejet.cn ca. – US$ 80.000,- (ca. EUR 67.543,-)
offices.co – EUR 19.000,-
wings.co – EUR 8.988,-
lumina.co – US$ 2.500,- (ca. EUR 2.111,-)
furnitures.co – EUR 2.055,-
carpets.co – EUR 2.055,-
themarket.eu – EUR 13.500,-
lumen.eu – EUR 12.999,-
wwhs.de – EUR 12.000,-
stoehr.de – EUR 10.000,-
hometrainer.de – EUR 9.188,-
zement24.de – EUR 5.000,-
phone-repair.de – US$ 3.960,- (ca. EUR 3.343,-)
superchips.de – US$ 3.466,- (ca. EUR 2.926,-)
unistaff.de – EUR 3.456,-
fensterfolien.de – EUR 2.990,-
bokashi.de – EUR 2.900,-
steuerfallen.de – EUR 2.000,-
menu.jp – US$ 6.000,- (ca. EUR 5.066,-)
stereo.fi – EUR 5.200,-
amen.io – US$ 5.000,- (ca. EUR 4.221,-)
canopies.co.uk – GBP 4.800,- (ca. EUR 5.183,-)
liquids.ch – EUR 3.990,-
ciso.nl – EUR 3.799,-
htg.io – US$ 3.499,- (ca. EUR 2.954,-)
fanbase.ch – US$ 3.466,- (ca. EUR 2.926,-)
taxfix.co.za – US$ 3.000,- (ca. EUR 2.533,-)
futurelearn.co.uk – GBP 2.800,- (ca. EUR 3.023,-)
beautify.me – US$ 2.799,- (ca. EUR 2.363,-)
smartsmiles.co.uk – GBP 2.500,- (ca. EUR 2.700,-)
rhosneigr.co.uk – GBP 2.000,- (ca. EUR 2.160,-)
volt.ai – US$ 8.049,- (ca. EUR 6.796,-)
creative.ai – US$ 7.024,- (ca. EUR 5.930,-)
coin.ai – US$ 6.006,- (ca. EUR 5.071,-)
forecast.ai – US$ 5.938,- (ca. EUR 5.013,-)
simple.ai – US$ 5.165,- (ca. EUR 4.361,-)
image.ai – US$ 5.156,- (ca. EUR 4.353,-)
vault.ai – US$ 4.446,- (ca. EUR 3.754,-)
orca.ai – US$ 4.099,- (ca. EUR 3.461,-)
gym.ai – US$ 3.913,- (ca. EUR 3.304,-)
text.ai – US$ 3.635,- (ca. EUR 3.069,-)
review.ai – US$ 3.050,- (ca. EUR 2.575,-)
input.ai – US$ 2.999,- (ca. EUR 2.532,-)
portrait.ai – US$ 2.980,- (ca. EUR 2.516,-)
dental.ai – US$ 2.555,- (ca. EUR 2.157,-)
io.ai – US$ 2.510,- (ca. EUR 2.119,-)
transcend.ai – US$ 2.009,- (ca. EUR 1.696,-)
supreme.ai – US$ 2.001,- (ca. EUR 1.689,-)
Neue Endungen
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zeit.reise – EUR 2.800,-
Generische Endungen
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yhxc.net – US$ 15.000,- (ca. EUR 12.664,-)
imove.net – US$ 4.900,- (ca. EUR 4.137,-)
elmtree.org – US$ 3.800,- (ca. EUR 3.208,-)
venturecapitals.org – EUR 2.500,-
.com
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nas.com – US$ 720.000,- (ca. EUR 607.887,-)
daring.com – US$ 48.888,- (ca. EUR 41.276,-)
lokal.com – EUR 40.600,-
ootd.com – US$ 40.000,- (ca. EUR 33.772,-)
roboticprocessautomation.com – EUR 22.000,-
avelis.com – US$ 15.000,- (ca. EUR 12.664,-)
saio.com – EUR 14.800,-
bancoitaubba.com – US$ 10.000,- (ca. EUR 8.443,-)
buyweedonline.com – US$ 10.000,- (ca. EUR 8.443,-)
umso.com – US$ 10.000,- (ca. EUR 8.443,-)
villas24.com – EUR 9.999,-
chinagood.com – EUR 9.999,-
smartorganic.com – US$ 9.888,-
nutrinform.com – EUR 9.200,-
codesee.com – US$ 9.000,- (ca. EUR 7.599,-)
specialtybuildingproducts.com – US$ 8.888,- (ca. EUR 7.504,-)
hhusa.com – US$ 8.500,- (ca. EUR 7.176,-)
evolutioncare.com – US$ 7.500,- (ca. EUR 6.332,-)
itbo.com – US$ 7.388,- (ca. EUR 6.238,-)
simla.com – US$ 7.100,- (ca. EUR 5.994,-)
allmine.com – EUR 6.000,-
Weitere Domain-Preise finden Sie unter:
> http://www.domain-spiegel.de
Quelle: namepros.com, sedo.de, thedomains.com, domainnamewire.com, tldinvestors.com
SEPTEMBER 2021 – 2. IT-JURISTINNEN TAG VERSCHOBEN
Der für den 02. Oktober 2020 angesetzte 2. IT-JuristInnen Tag wurde kurzfristig um ein Jahr auf September 2021 verschoben. Das BarCamp-Konzept der Veranstaltung ist mit Pandemie-Verordnungen nicht kompatibel.
Der IT-JuristInnen Tag ist als Unkonferenz für IT-JuristInnen, Datenschutzbeauftragte und IT-Secs, die in erster Linie IT-JuristInnen sichtbar(er) machen und einen Raum zum Netzwerken geben will, konzipiert. Sie findet in diesem Jahr nicht statt. Der als BarCamp zu Digitalisierung und Recht ausgerichtete und für den 02. Oktober 2020 geplante 2. IT-JuristInnen Tag in Hamburg musste aufgrund der COVID-19 Pandemie verschoben werden. Die Organisatorinnen, Rechtsanwältin Nina Diercks und Marlene Schreiber, Rechtsanwältin und Partnerin der Kanzlei Härting, die den IT-JuristInnen Tag zusammen organisieren, teilen auf Diercks Blog mit, dass die Auflagen der SARS-CoV2-EindämmungsVO so hoch sind, dass eine NetzwerkerInnen-Veranstaltung wie der IT-JuristInnen Tag nicht umsetzbar ist. Der erste IT-JuristInnen Tag, der am 25. Oktober 2019 stattfand, war aufgrund seiner BarCamp-Struktur und der Möglichkeit des Netzwerkensein voller Erfolg, an den in diesem Jahr angeknüpft werden sollte. Doch da sich dieses Erfolgsrezept so nicht in die digitale Welt übertragen lässt und der IT-JuristInnen Tag lediglich als klassische Konferenz möglich gewesen wäre, verzichteten die Organisatoren darauf, den 2. IT-JuristInnen Tag in diesem Jahr durchzuführen. Doch Diercks und Schreiber verbreiten auch gleich die gute Nachricht:
Der zweite IT-JuristInnen Tag soll im kommenden Jahr am 10. September 2021 von 08:30 Uhr bis 19:30 Uhr im tba, Volksparkstraße 48A in 22525 Hamburg stattfinden. Tickets für die Veranstaltung kosten EUR 124,21 (inklusive USt.). Bereits gekaufte Tickets behalten ihre Gültigkeit, können jedoch auch storniert werden. Es gibt 60 Tickets für Frauen und 20 für Männer.
Weitere Informationen und Anmeldung unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2372
Quelle: diercks-digital-recht.de