Domain-Newsletter

Ausgabe #1029 – 06. August 2020

Themen: nTLD-Auktion – stopft ICANN sich die Taschen voll? | Statistik – .nl feiert sechsmillionste Domain | TLDs – Neues von .ch, .jcp und .uk | nTLDs – Report digitale Stadtmarken 2020 | BayObLG – Domains und örtliche Zuständigkeit | it.co.uk – kurze IT-Domain für GBP 187.200,- | August – Online-Workshop des DNS-OARC

NTLD-AUKTION – STOPFT ICANN SICH DIE TASCHEN VOLL?

Und sie bewegt sich doch: bei der seit über drei Jahren andauernden Suche nach einem Modell für die Verteilung der Auktionserlöse aus der Versteigerung von nTLDs ist ICANN ein Stück vorangekommen. Bis die ersten Gelder fließen, wird es aber noch eine ganze Weile dauern.

US$ 240.590.128,00 – diesen Betrag hat ICANN aus der Versteigerung von bisher 17 neuen generischen Top Level Domains erlöst. Für sie gab es jeweils mehr als einen Bewerber, ohne dass sich eine gütliche Einigung erzielen ließ. Allein US$ 135.000.000,- stammen aus der Versteigerung von .web, die sich der Neuling NU DOT CO LLC mit Hilfe von VeriSign Inc. sicherte. Eher günstig war dagegen .srl; für die Endung musste die in Regensburg ansässige mySRL GmbH lediglich US$ 400.000,- bezahlen. Nach Abzug der Kosten von US$ 7.134.565,- verbleiben ICANN damit noch US$ 233.455.563,-. Das auf einem gesonderten Konto verwahrte Geld weckt schon seit Beginn des nTLD-Programms Begehrlichkeiten, weil umstritten ist, was mit den Einnahmen passieren soll. ICANN hat daher bereits im Januar 2017 die Cross-Community Working Group on new gTLD Auction Proceeds (CCWG) ins Leben gerufen, um Vorschläge auszuformulieren, wie mit dem Geld umgegangen werden soll. Nach intensiver Arbeit hat die CCWG ihren vorläufigen Abschlussbericht veröffentlicht und zur Prüfung an die beteiligten Interessensgruppen weitergeleitet.

Ende Juli 2020 haben nun mit der Generic Names Supporting Organization (GNSO) und dem Root Server System Advisory Committee (RSSAC) zwei wichtige Gruppen grünes Licht für den Report gegeben. Er sieht zunächst die Schaffung eines neuen Independent Project Applications Evaluation Panels vor, das eine Aufsichtsfunktion innehaben soll. Dessen Mitglieder müssen sich vor allem durch Kompetenz und Unabhängigkeit auszeichnen; auch Diversität soll berücksichtigt werden. Umstritten ist dabei noch, ob dieses Panel als neue Abteilung innerhalb ICANNs eingerichtet werden soll (was die CCWG bevorzugt), oder ob man mit einem unabhängigen Dritten zusammenarbeitet. Die konkrete Vergabe von Geldern soll sich zudem nach folgenden drei Kategorien richten:

– Benefit the development, distribution, evolution and struc-
tures/projects that support the Internet’s unique identifier
systems
– Benefit capacity building and underserved populations, or;
– Benefit the open and interoperable Internet

Obwohl diese Kategorien den Eindruck erwecken, als sollten die Auktionserlöse in die Internet-Community fließen, schließen sie einen potentiellen Empfänger nicht aus – ICANN selbst. In dieser Frage wurde sich die Arbeitsgruppe nicht einig, wie sie selbst betont. Für das Board of Directors von ICANN ist hingegen klar, dass man das entscheidende Wort mitzusprechen hat; immerhin hat man im November 2018 US$ 36 Mio. aus den Auktionserlösen bereits verwendet, um damit einen Reservefonds für Krisenzeiten aufzustocken. Kritikern ebenfalls nicht gefallen dürfte, dass ICANN-übliche Streitschlichtungsverfahren nicht zulässig sein sollen, um einen (Nicht-)Erhalt von Geldern juristisch anzugreifen.

Ein abschließendes Votum ist damit nicht gefallen, das bleibt dem Board of Direcors vorbehalten. Da bis zur praktischen Umsetzung der Vorschläge weitere Zeit vergehen dürfte, wird es noch eine ganze Weile dauern, bis die ersten Gelder fliessen.

Den Beschluss der GNSO finden Sie unter:
> https://gnso.icann.org/en/council/resolutions/2020#202007

Quelle: icann.org, eigene Recherche

STATISTIK – .NL FEIERT SECHSMILLIONSTE DOMAIN

Der Juli 2020 hat in der Domain-Branche allen wirtschaftlichen Warnrufen getrotzt: mit einem Plus von fast 450.000 Domain-Namen schritt vor allem .com unbeirrt voran. Lediglich die nTLDs kriseln erneut, dafür kann die Endung .nl für die Niederlande einen historischen Rekord feiern.

Über 550.000 Domains plus im Juni, nun fast 450.000: die weltweite Rezession mag noch tiefer ausfallen als erwartet, an der Domain Name Industry geht sie bisher aber vorbei. Das gilt zumindest, wenn man auf .com abstellt. Aber auch .de, eine der weltweit wichtigsten Länderendungen, schlägt sich bisher hervorragend; im Juli 2020 ging es um knapp 30.000 Domains netto voran. Das würden .info, .biz und .eu auch gern vermelden, allerdings ging es für alle drei Endungen erneut – und nun schon seit Mai 2020 – nach unten. Das gilt auch für .icu und .top, die beiden führenden nTLDs. Vor allem .icu kennt seit Mai 2020 nur noch den Weg nach unten. Dabei steht .icu die schwierigste Zeit noch bevor. Das explosionsartige Wachstum hat im Sommer 2019 begonnen und im Frühjahr 2020 den Höhepunkt erreicht; in rund neun Monaten mit Ablauf der meist einjährigen Registrierungsverträge wird sich also erst zeigen, wie viele Domain-Inhaber an ihrer .icu-Adresse festhalten.

Als einer der letzten wichtigen ccTLD-Verwalter hat die französische AFNIC ihren Jahresbericht für 2019 vorgestellt. Demnach schloss .fr das Jahr 2019 mit 3.428.951 Domain-Namen, ein Plus von 123.655 Domains netto oder umgerechnet 3,7 Prozent. Gegenüber dem Vorjahr, in dem es noch 4,4 Prozent waren, fiel das Wachstum damit leicht geringer aus, blieb aber im deutlich positiven Bereich. Insgesamt hat .fr einen Marktanteil von 37,7 Prozent in Frankreich, was ein Allzeithoch bedeutet. Auch die wichtige „renewal quote“, also der Anteil der Vertragsverlängerungen, blieb mit 82,7 Prozent erfreulich hoch und laut AFNIC noch über dem Wert bei .com, den die .fr-Registry mit zwischen 78 und 79 Prozent angibt. Der insgesamt 26-seitige Report kann ab sofort kostenlos heruntergeladen werden.

Inmitten der Corona-Pandemie Anlass zum Feiern hat die .nl-Registry SIDN. Schon am 18. Juni 2020 wurde die sechsmillionste .nl-Domain registriert. Glückliche Inhaberin ist die Unternehmerin Cindy Woesthuis mit der Adresse deyogiclub.nl, die aktuell aber nur auf einen Platzhalter verweist. Den Sprung über die historische Marke hat .nl ausgerechnet der Pandemie zu verdanken. Da viele Unternehmen erst in der Krise ihr Online-Angebot eingerichtet haben, stiegen auch die Registrierungszahlen überdurchschnittlich, weshalb laut SIDN die Sechs-Millionen-Marke sehr viel früher überschritten wurde als erwartet. Seit dem Gang in den „intelligent lockdown“ wurden über 250.000 Domains unter .nl neu registriert. Weltweit gesehen ist .nl damit die zahlenmäßig fünftstärkste Länderendung der Welt.

Die aktuellen Domain-Zahlen:
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.de – 16.507.514 – (Vergleich zum Vormonat: + 29.684)
.at – 1.344.793 – (Vergleich zum Vormonat: + 4.620)
.com – 149.126.214 – (Vergleich zum Vormonat: + 447.643)
.net – 13.414.526 – (Vergleich zum Vormonat: + 8.012)
.org – 10.225.330 – (Vergleich zum Vormonat: + 21.428)
.info – 4.344.398 – (Vergleich zum Vormonat: – 72.272)
.biz – 1.419.034 – (Vergleich zum Vormonat: – 20.454)
.eu – 3.543.507 – (Vergleich zum Vormonat: – 6.828)

.icu – 6.385.096 – (Vergleich zum Vormonat: – 207.115)
.top – 3.564.193 – (Vergleich zum Vormonat: – 67.080)
.xyz – 3.295.198 – (Vergleich zum Vormonat: + 49.428)

(Stand 01. August 2020)

Den Jahresbericht 2019 für .fr finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2344

Aktuelle Domain-Zahlen finden Sie unter:
> http://www.domain-recht.de

Weitere Registrar-Statistiken finden Sie unter:
> https://ntldstats.com/

Quelle: afnic.fr, sidn.nl, eigene Recherche

TLDS – NEUES VON .CH, .JCP UND .UK

Die 80 sind voll: mit dem Einzelhandelsunternehmen J.C. Penney hat sich erneut eine .brand freiwillig aus dem Domain Name System zurückgezogen. Derweil engagiert sich SWITCH in der Corona-Krise, während das Auktionsmodell ausgelaufener .uk-Domains in die Kritik gerät – hier unsere Kurznews.

SWITCH, Registry der schweizerischen Länderendung .ch, ist den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Registrierungsverhalten auf den Grund gegangen. Tatsächlich gingen übermässig viele private Meldungen zu angeblich missbräuchlich registrierten Domain-Namen lautend auf „corona“, „covid“ oder „virus“ bei der Verwalterin ein. In den meisten Fällen haben sich die Domain-Inhaber korrekt bei SWITCH identifiziert, und es mussten keine weiteren Massnahmen getroffen werden. Auch die Behörden der Schweiz haben mehr Verdachtsfälle gemeldet; von März bis Mai 2020 wurde die Registry insgesamt 253 mal um Amtshilfe gebeten. Auffällig viele Anfragen wurden beantwortet, und die Behörden konnten mögliche Gesetzesverstösse direkt mit den Inhabern der betroffenen Domains regeln. In einigen wenigen Fällen wurden die neu registrierten Domain-Namen auf Antrag der Behörden vorübergehend blockiert. Was sich aber feststellen liess, waren vermehrt Phishing-Angriffe auf Internetnutzende, die von zuhause aus gearbeitet haben; hier stellt SWITCH noch Nachholbedarf fest. Die gestiegene Cyberkriminalität im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie macht damit einmal mehr deutlich, wie empfindlich die Internetinfrastruktur ist.

Das traditionsreiche US-amerikanische Einzelhandelsunternehmen J.C. Penney trennt sich von seiner Marken-Endung .jcp. Am 23. Juni 2020 kündigte die JCP Media Inc. den Verwaltervertrag mit ICANN. Gestützt ist die Kündigung einmal mehr auf Sektion 4. 4 b) des Registry-Agreements, die eine jederzeitige ordentliche Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 180 Kalendertagen gestattet. Ganz überraschend kommt der Schritt nicht; am 15. Mai 2020 hatte J.C. Penney Insolvenz nach Chapter 11 des US Bankruptcy Code anmelden müssen. Damit solle die Umsetzung eines Plans ermöglicht werden, der eine Schuldenreduzierung und finanzielle Flexibilität in der Corona-Krise ermögliche. Das Unternehmen versucht also, weiter im Geschäft zu bleiben und sich aus der Insolvenz zu retten. Praktische Auswirkungen hat der Rückzug aus dem DNS nicht; über vier Jahre nach Delegierung sind nur zwei .jcp-Domains registriert.

Die Ankündigung der .uk-Verwalterin Nominet, den Markt der ausgelaufenen Domains grundlegend zu reformieren, stößt auf erheblichen Widerstand. Wie berichtet, denkt Nominet darüber nach, ausgelaufene Domains meistbietend zu versteigern. Eine Gruppe von inzwischen über 100 Domain-Registraren, angeführt von Netistrar Ltd., hat eine Petition gestartet, in der sie den gleichberechtigten Zugang aller Registrare zum Pool der ausgelaufenen Domains auf Basis des „first come, first served“-Grundsatzes verlangt; sie befürchten, dass sonst nur derjenige mit den „tiefsten Taschen“ gewinnt. Nominet hat auf die Petition schon reagiert und in einem Blog-Beitrag von Eleanor Bradley, MD Registry and Public Benefit, darauf verwiesen, dass es nicht ums Geld gehe; man erwarte, dass die große Masse der ausgelaufenen Domains zum üblichen Preis von GBP 3,90 pro Jahr abgegeben werde. Für das eine Prozent (rund 12.000) an besonders begehrten Domains denke man ohnehin über eine Sonderlösung nach. Noch im August 2020 soll ein runder Tisch stattfinden, an dem sich alle Interessierten beteiligen können. Ob und bis wann die Änderungen von Nominet umgesetzt werden, bleibt daher weiterhin abzuwarten.

Den Blog-Beitrag von SWITCH finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2345

Das Kündigungsschreiben für .jcp finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2346

Die Petition zu .uk-Auktionen finden Sie unter:
> https://agm.org.uk/

Den Blog-Beitrag von Eleanor Bradley finden Sie unter:
> https://www.nominet.uk/consulting-on-expiring-domains/

Quelle: switch.ch, icann.org, agm.org.uk

NTLDS – REPORT DIGITALE STADTMARKEN 2020

Das internationale Management-Beratungsunternehmen DOTZON GmbH legte dieser Tage eine neue Ranking-Studie „Digitale Stadtmar-ken 2020“ vor. Bei den neuen Städte-Domains steht .berlin ganz vorn, gefolgt von .amsterdam und .tokyo.

Seit 2005 berät DOTZON Unternehmen im deutschsprachigen Raum zu digitalen Identitäten. Aktuell legte DOTZON die 16-seitige Studie „Digitale Stadtmarken 2020“ vor und setzt damit die Rankings aus 2017, 2018 und 2019 fort. Dieses Ranking bildet ab, wie erfolgreich eine Stadt ihre digitale Stadtmarke nutzt. DOTZON untersuchte 36 Städte und ihre 41 Domain-Endungen. Die Stadtdomain Doha hat ihre Endung .doha zurückgegeben. Istanbul, Moskau, Barcelona, Abu Dhabi sowie Köln verfügen über je zwei Varianten ihrer Top Level Domains, so dass die 36 Städte mit 41 Domain-Endungen aufwarten können. Die Bewertung der „Digitalness“ der einzelnen digitalen Stadtmarken beruht auf acht Kriterien, die DOTZON zunächst erläutert. Herangezogen werden die Anzahl registrierter und die der aktiven Domains unter der cityTLD, der damit erzielte Umsatz, das Google-Listing, der Alexa-Rank, die Anzahl von Domains und das Bruttosozialprodukt pro Einwohner sowie der Vergleich Stadt-Endung versus Länder-Endung. Nach Auswertung dieser Referenzwerte steht .berlin, wie bereits in den drei vorangegangenen Studien, auf Rang eins. Bei rund 48.000 registrierten Domains erzielt sie einen Umsatz von 1,6 Millionen US-Dollar, denen 55.000 Domains und US$ 1,8 Mio. in 2019 gegenüberstehen. Mit 51 Domains im Majestic Rank (der im vergangenen Jahr noch nicht gemessen wurde) und sechs Domains im Alexa Rank belegt sie unter den Städtedomains Platz 5. Sie glänzt allerdings mit über 60 Prozent aktiv betriebenen Domains. Auf 1.000 Berliner kommen zudem 14 registrierte .berlin-Domains.

Ihr folgt .amsterdam, die schon im vergangenen Jahre Platz 6 einnahm. In den meisten der acht Parameter erreicht .amsterdam sehr gute Durchschnittswerte; den Spitzenplatz hält sie in der Kategorie „Domains pro 1.000 Einwohner“ mit 30 .amsterdam-Domains auf 1.000 Einwohner. An 3. Position steht .tokyo, die damit einen Platz einbüsste. Immerhin weist sie nach wie vor die meisten Registrierungen auf: 189.733 Domains. Im Majestix- und Alexa-Ranking steht .tokyo mit 36 und 26 gelisteten Domains auf dem 2. Platz. Es zeigt sich aber, dass auch hier die Werte über die Jahre abnehmen. Die im vergangenen Jahr auf dem 2. Platz rangierende .hamburg fiel auf Platz 8 ab. Worauf das konkret zurückzuführen ist, lässt sich der Studie nicht entnehmen. Auf Platz 4 richtete sich .nyc ein, die von Platz 7 aufgestiegen ist. Ihr folgte auf Platz 5 .london, die sich vom vorjährigen achten Platz verbessern konnte. Die Vorjahres-5. .koeln kam lediglich auf den 10. Platz. Insgesamt ist die Zahl der unter cityTLDs registrierten Domains von 615.710 auf nun 624.776 um ca. 1,5 Prozent angestiegen. DOTZON stellt fest: „Im Zusammenhang mit der globalen Corona-Epidemie sind 2020 bereits neue digitale Projekte entstanden, die eine cityTLD nutzen. Dazu gehören beispielsweise bizhelp.miami, unitedwestream .berlin und tsc.nyc.“ Es sei von der Fortsetzung dieses Trends auszugehen.

Die Studie „Digitale Stadtmarken 2020“ informiert und ist lesenswert. DOTZON greift für die Studie auf öffentliche Quellen und Datenbanken zurück, wie etwa ntldstats.com, google.com und „stadtspezifische lokale Kenngrößen“, und konnte auf Selbstauskünfte der Registries zurückgreifen. Wir gewinnen aus der diesjährigen Ausgabe den Eindruck, dass die Zahlen unter den .city-Domains etwas zurückfallen, wenn auch die tatsächlichen Registrierungszahlen höher sind als im Vorjahr. Interessierte können weitere Daten zu der Studie bei DOTZON anfordern.

Die Studie „Digitale Stadtmarken 2020“ können Sie bei dotzon.consulting herunterladen:
> https://dotzon.consulting/news/digitale-stadtmarken-2020

Quelle: dotzon.consulting, eigene Recherche

BAYOBLG – DOMAINS UND ÖRTLICHE ZUSTÄNDIGKEIT

Die erste Entscheidung mit Bezug zu Domain-Namen seit der Wiedererrichtung im Jahr 2018 hatte das Bayerische Oberste Landgericht (BayObLG) zu treffen: im Streit um einen missglückten Yachturlaub musste es das zuständige Amtsgericht bestimmen (Beschluss vom 23.07.2020 – 1 AR 31/20).

Der im Bezirk des Amtsgerichts Hersbruck wohnhafte Antragsteller nimmt die Antragsgegnerinnen an seinem Wohnsitzgericht auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung eines Chartervertrags über eine in griechischen Gewässern liegende Yacht in Anspruch, mit der er wegen eines abgefallenen Propellers anders als vertraglich vereinbart nur zwei Tage lang segeln konnte. Die Antragsgegnerin zu 1) hat ihren Sitz in München, die Antragsgegnerin zu 2) in Griechenland. Der Antragsteller hat in der Klageschrift vorgebracht, es sei unklar, welche der beiden Gegnerinnen Vercharterer und damit ersatzpflichtig sei; er nehme daher (vorsorglich) beide in Anspruch. Das von ihm angerufene Amtsgericht Hersbruck sei örtlich gemäß Art. 17 Abs. 1 Buchst. c) i.V.m. Art. 18 Abs. 1 Brüssel-Ia-VO zuständig. Die Antragsgegnerin zu 2) habe ihren Markt auf die Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet; sie habe dort Vermittler und bahne ihre Dienstleistungen durch ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln und unter Begründung von Fernabsatzverträgen an bzw. schließe solche ab. Dazu wurde ein Auszug aus dem Angebot von www.nomicosyachts.com/nomicosagents vorgelegt, auf dem die Antragsgegnerin zu 1) als Vermittlerin genannt wurde, aber auch eine Firma in Starnberg bei München oder eine Firma aus Sulzbach-Rosenberg. Er könne daher vor dem Gericht des Ortes eine Klage erheben, an dem er als Verbraucher seinen Wohnsitz habe. In der Klageerwiderung legte die Antragsgegnerin zu 1) dar, dass aus ihrer Sicht der Anwendungsbereich der BrüsselIa-VO wegen Art. 17 Abs. 3 Brüssel-Ia-VO nicht eröffnet sei; maßgeblich sei daher ihr allgemeiner Gerichtsstand in München. Die Antragsgegnerin zu 2) hat die internationale und örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt. Im Einzelnen blieb auch nach einer ersten mündlichen Verhandlung am Amtsgericht Hersbruck vieles streitig. Das Amtsgericht hat schließlich das Verfahren dem BayObLG zur Prüfung der gerichtlichen Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vorgelegt.

Mit Beschluss vom 23. Juli 2020 bestimmte das BayObLG hierauf das Amtsgericht in Hersbruck als das für den Rechtsstreit gegen beide Antragsgegnerinnen einheitlich örtlich zuständige Gericht. Trotz der mündlichen Verhandlung sei noch keine Prozesslage erreicht, die dem bestimmenden Gericht eine echte Auswahl unter den grundsätzlich bestimmbaren Gerichten nicht mehr ermöglichen würde. Außerdem sei § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auch anzuwenden, wenn ein Antragsgegner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand gemäß §§ 12, 13, 17 ZPO hat und hinsichtlich eines anderen Antragsgegners im Inland lediglich ein besonderer Gerichtsstand nach den unionsrechtlichen Zuständigkeitsbestimmungen begründet ist. Nach der unionsrechtlichen Zuständigkeitsregelung des Art. 18 Abs. 1 Brüssel-Ia-VO bestehe ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand am Wohnsitz des Antragstellers als Verbraucher, somit beim Amtsgericht Hersbruck. Die Einstufung als Verbrauchersache ergäbe sich vorliegend aus Art. 17 Abs. 1 Buchst. c) Brüssel-Ia-VO, wobei – einmal mehr – das Merkmal des „Ausrichtens“ im Mittelpunkt stand. Vorliegend habe auch die Antragsgegnerin zu 2) ihre Tätigkeit auf Deutschland ausgerichtet, wobei das Gericht auf deren Internetauftritt abstellte. Die Verwendung des Domain-Namens nomicosyachts.com mit der Endung .com sei zwar an sich neutral; die Antragsgegnerin habe aber ihre Leistungen über sechs Vermittler u.a. in Deutschland angeboten. Dass der Ausdruck der Internetseite nicht mehr den Stand zu Vertragsschluss wiedergab, war für das Gericht irrelevant, da die Antragsgegnerin zu 2) dazu nicht substantiiert vorgetragen habe. Dem Berufstätigen, der die Gestaltung seines Internetauftritts vornimmt und die für dessen Veränderung maßgeblichen Entscheidungen trifft, sei es ohne weiteres möglich, hierzu im Einzelnen vorzutragen.

Eine Entscheidung in der Sache selbst hat das BayObLG nicht getroffen. Das obliegt nun in erster Instanz dem Amtsgericht in Hersbruck. In Streit steht ein Schaden von EUR 2.171,30 (anteiliger Ersatz der Chartergebühr und der Endreinigung; Fähr- und Hotelkosten; anteilige Flugkosten; weitere An- und Abreisekosten; Parkplatz; Mietwagen für den Transfer; Taxikosten sowie Entschädigung für fünf Tage entgangene Urlaubsfreuden).

Die Entscheidung finden des BayObLG München finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2347

Spezialisierte Anwälte findet man unter:
> http://www.domain-anwalt.de

Quelle: eigene Recherche

IT.CO.UK – KURZE IT-DOMAIN FÜR GBP 187.200,-

Die vergangene Domain-Handelswoche brachte einen Höhepunkt mit it.co.uk zum Preis von GBP 187.200,- (ca. EUR 207.251,-), die die Jahresbestenliste der Länderendungen anführt. Überhaupt waren die Preise diesmal recht erfreulich.

In China verkaufte sich huahua.com zum Preis von US$ 58.608,- (ca. EUR 50.524,-) und wurde so die teuerste .com der vergangenen Domain-Handelswoche. Ihr folgte melp.com mit US$ 50.000,- (ca. EUR 43.103,-). Dritte war through.com mit US$ 35.500,- (ca. EUR 30.603,-), die damit deutlich über ihren Preis von US$ 16.000,- (ca. EUR 11.511,-) im Mai 2014 hinauskam. Es folgten einige Domains mit Preisen im fünfstelligen Bereich, darunter drei Drei-Zeichen-Domains, die in China gehandelt wurden: kdw.com brachte es auf US$ 28.292,- (ca. EUR 24.390,-), jrg.com bestach mit US$ 14.562,- (ca. EUR 12.553,-) und die obskure 2×4.com summierte sich auf US$ 13.500,- (ca. EUR 11.638,-).

Einige Domain-Investoren wissen einfach, was sie wollen – und das zu recht: Im April 2009 stand die Domain it.co.uk bereits in einer Auktion von Rick Latona anlässlich der T.R.A.F.F.I.C. zum Verkauf. Das Startgebot stand seinerzeit bei US$ 115.000.-, doch erreichte die Domain lediglich ein Höchstgebot von US$ 156.274,-, welches für einen finalen Zuschlag wohl nicht ausreichte. Im Mai 2014 stand sie dann in einer Sedo-Auktion mit einem Startgebot zwischen GBP 50.000,- bis GBP 99.999,-, erhielt zwei Gebote, aber keinen Zuschlag. Nun aber konnte der Inhaber seine Domain it.co.uk zum Preis von GBP 187.200,- (ca. EUR 207.251,-) losschlagen, und setzte damit den Glanzpunkt dieser Domain-Handelswoche. Sie liegt zudem auf Platz 1 der Jahresbestenliste der Länderendungen, kurz vor free.co.uk, die im März 2020 US$ 205.000,- (ca. EUR 179.825,-) erzielte. An zweiter Stelle, aber weit abgeschlagen, kam die deutsche for you.de mit EUR 12.000,-. Neben ihr gab es sieben weitere erwähnenswerte .de-Verkäufe. Auch stark waren die in China gehandelten .cn-Domains mit der Zwei-Ziffern-Domain 46.cn für ordentliche US$ 12.976,- (ca. EUR 11.186,-).

Die neuen generischen Endungen waren diesmal nicht vertreten. Die klassischen generischen Endungen vermochten lediglich ipfs.org mit runden US$ 10.000,- (ca. EUR 8.621,-) aufzufahren, während millennium.net sich mit US$ 4.000,- (ca. EUR 3.448,-) und raum.org mit US$ 3.000,- (ca. EUR 2.586,-) zufrieden geben mussten. Die Zwei-Zeichen-Domain tk.net erzielte in China US$ 1.600,- (ca. EUR 1.379,-). Die vergangene Domain-Handelswoche war damit sehr erfreulich und erfolgreich.

Länderendungen
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it.co.uk – GBP 187.200,- (ca. EUR 207.251,-)

foryou.de – EUR 12.000,-
deutsche-industrie.de – US$ 3.960,- (ca. EUR 3.414,-)
myselfie.de – EUR 3.500,-
clickandlearn.de – EUR 3.000,-
cm-projekt.de – EUR 2.900,-
personaltrainings.de – EUR 2.800,-
reifenexpress.de – EUR 2.500,-
thara.de – EUR 2.320,-

46.cn – US$ 12.976,- (ca. EUR 11.186,-)
dian.cn – US$ 7.281,- (ca. EUR 6.277,-)
275.cn – US$ 5.767,- (ca. EUR 4.972,-)
alcina.cn – EUR 5.000,-
2c.cn – US$ 5.118,- (ca. EUR 4.412,-)
286.cn – US$ 4.325,- (ca. EUR 3.728,-)
xaw.cn – US$ 3.893,- (ca. EUR 3.356,-)
497.cn – US$ 2.884,- (ca. EUR 2.486,-)
anggui.cn – US$ 2.869,- (ca. EUR 2.473,-)
smb.cn – US$ 2.018,- (ca. EUR 1.740,-)
ckg.cn – US$ 1.587,- (ca. EUR 1.368,-)

it.lt – EUR 9.720,-
clarins.id – GBP 3.499,- (ca. EUR 3.873,-)
smore.co – EUR 2.488,-
rentola.es – US$ 2.400,- (ca. EUR 2.069,-)
marketer.ai – EUR 2.000,-
gx.cc – US$ 2.177,- (ca. EUR 1.877,-)
buylocal.in – US$ 2.000,- (ca. EUR 1.724,-)
chorus.it – US$ 2.000,- (ca. EUR 1.724,-)

Generische Endungen
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ipfs.org – US$ 10.000,- (ca. EUR 8.621,-)
millennium.net – US$ 4.000,- (ca. EUR 3.448,-)
raum.org – US$ 3.000,- (ca. EUR 2.586,-)
goseo.net – EUR 2.800,-
stopstigma.org – US$ 2.495,- (ca. EUR 2.151,-)
tk.net – US$ 1.600,- (ca. EUR 1.379,-)

.com
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huahua.com – US$ 58.608,- (ca. EUR 50.524,-)
melp.com – US$ 50.000,- (ca. EUR 43.103,-)
through.com – US$ 35.500,- (ca. EUR 30.603,-)
3831.com – US$ 29.003,- (ca. EUR 25.003,-)
kdw.com – US$ 28.292,- (ca. EUR 24.390,-)
sexid.com – US$ 18.500,- (ca. EUR 15.948,-)
carecompany.com – US$ 14.999,- (ca. EUR 12.930,-)
jrg.com – US$ 14.562,- (ca. EUR 12.553,-)
throughthelens.com – US$ 13.800,- (ca. EUR 11.897,-)
2×4.com – US$ 13.500,- (ca. EUR 11.638,-)
05550.com – US$ 12.904,- (ca. EUR 11.124,-)
propertyholdings.com – US$ 12.000,- (ca. EUR 10.345,-)
intuitiveinsight.com – US$ 10.400,- (ca. EUR 8.966,-)
eclear.com – US$ 10.199,- (ca. EUR 8.792,-)
xinyong.com – US$ 10.165,- (ca. EUR 8.763,-)
itinfra.com – US$ 10.000,- (ca. EUR 8.621,-)
p44.com – US$ 8.040,- (ca. EUR 6.931,-)
euslots.com – US$ 7.499,- (ca. EUR 6.465,-)
cfdna.com – US$ 7.499,- (ca. EUR 6.465,-)
3scores.com – EUR 7.450,-
09088.com – US$ 7.353,- (ca. EUR 6.339,-)
depool.com – US$ 7.300,- (ca. EUR 6.293,-)
huoxiu.com – US$ 6.488,- (ca. EUR 5.593,-)
briceno.com – US$ 6.000,- (ca. EUR 5.172,-)
diaconia.com – US$ 6.000,- (ca. EUR 5.172,-)
kneeinjury.com – US$ 5.997,- (ca. EUR 5.170,-)
bioethica.com – US$ 5.799,- (ca. EUR 4.999,-)
roofsurveys.com – EUR 5.500,-
lightshow.com – US$ 5.500,- (ca. EUR 4.741,-)
spiritspace.com – US$ 5.300,- (ca. EUR 4.569,-)

Weitere Domain-Preise finden Sie unter:
> http://www.domain-spiegel.de

Quelle: tldinvestor.com, sedo.de, thedomains.com

August – Online-Workshop des DNS-OARC

Die Corona-Pandemie hat auch ihr Gutes: das Angebot an Online-Konferenzen steigt nahezu täglich. Aktuelles Beispiel ist ein Workshop des DNS-OARC, der bereits für den 11. August 2020 angesetzt ist.

Beim „Domain Name System Operations Analysis and Research Center“ (DNS-OARC) handelt es sich um eine gemeinnützige, mitgliederbasierte Organisation, die dazu beitragen möchte, die Sicherheit, Stabilität und das Verständnis für die Infrastruktur des Domain Name Systems zu verbessern. Die beiden ersten Aspekte beschreiben die Kernziele der Internet-Verwaltung ICANN, so dass es nicht verwundert, dass das DNS-OARC im ICANNwiki eine positive Bewertung erfährt. Auf der Agenda des Workshops stehen mehrere, in der Regel 25-minütige und damit kompakte Vorträge, unter anderem zu den Themen „The Current State of DNS Resolvers and RPKI Protection“, „Defining a DNS Statistical Core“, „DNS Privacy… there must be an app for that?“ und „LocalRoot – Serve yourself the DNS root plus“. Als Sprecher hierfür gelistet sind unter anderem Sara Dickinson (Sinodun IT), Axel Koolhaas (University of Amsterdam), Edward Lewis (ICANN) und Willem Toorop (NLnet Lab). Die Liste der bereits angemeldeten Teilnehmer ist ebenfalls namhaft, darunter Vertreter von ICANN, Afilias, EURid, Nic.at, SWITCH und Nominet.

Der 2. OARConline Workshop findet am 11. August 2020 von 13:00 bis 15:00 Uhr (UTC) statt, also von 15:00 bis 17:00 Uhr deutscher Sommerzeit. Die Anmeldung erfordert eine vorherige Regisstrierung, die Zahl der Teilnehmer ist außerdem auf 500 limitiert. Die Teilnahmegebühren sind mit US$ 50,- vergleichsweise günstig, für ausgewählte Gruppen wie Studenten ist die Teilnahme sogar kostenlos.

Weitere Informationen und Anmeldung unter:
> https://indico.dns-oarc.net/event/36/

Quelle: mynext.events

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