Domain-Newsletter

Ausgabe #1028 – 30. Juli 2020

Themen: .web – Schiedsverfahren tritt in finale Phase | Corona-Krise – Vorsicht bei ausgelaufenen Domains | TLDs – Neues von .com, .eu und .shriram | eco – Studie zur Internetnutzung 2020 | UDRP – Billige Tricks im Streit um cheapstuff.com | dance.co – Hüftschwung für US$ 58.000,- | November – NORIDs virtuelles Internetforum 2020

.WEB – SCHIEDSVERFAHREN TRITT IN FINALE PHASE

Der seit Jahren schwelende Streit um die Zukunft der neuen generischen Domain-Endung .web tritt in die finale Phase: ab dem 03. August 2020 beginnt die virtuelle Anhörung vor dem Schiedsgericht des International Centre for Dispute Resolution (ICDR).

Im November 2018 hatte Afilias Domains No. 3 Limited, unterlegene Bewerberin um .web, ein „Independent Review Process“-Schiedsverfahren (IRP) gegen die Internet-Verwaltung ICANN eingeleitet. Darin führt Afilias aus, weshalb ICANN bei der Vergabe von .web an den Registry-Neuling Nu Dot Co LLC gegen eigene Statuten verstoßen habe und deshalb vom weiteren Bewerbungsverfahren hätte ausgeschlossen werden müssen. Zentraler Vorwurf ist, dass Nu Dot Co mit der .com-Registry VeriSign Inc. einen finanzstarken Partner im Rücken hatte, der das (am Ende siegreiche) Auktionsgebot von US$ 135 Mio. überhaupt erst möglich gemacht hat, dessen Beteiligung jedoch nicht offengelegt wurde. In einer ersten Reaktion auf dieses IRP-Verfahren hatte sich ICANN verpflichtet, von allen Maßnahmen abzusehen, die auf eine Delegierung von .web abzielen; daher ist .web bisher weder in die Root Zone eingetragen, noch gibt es einen konkreten Termin, ab dem die ersten .web-Domains registrierbar sind. Zuletzt wurde bekannt, dass sich VeriSign über einen „amicus curiae“-Schriftsatz zu Gunsten von ICANN an dem Verfahren beteiligt hat.

Ob das den gewünschten Erfolg hat, wird sich ab dem 03. August 2020 zeigen. Anlässlich des sogenannten „earnings call“, einer Telefonkonferenz mit Investoren, gab VeriSign am 24. Juli 2020 bekannt: „(…) a final hearing is currently scheduled to begin on August 03 in the Independent Review Process or IRP that affiliates initiated in November 2018“. Die Anhörung findet via Videokonferenz statt. VeriSign selbst ist zwar nicht Partei des Schiedsverfahrens, hat aber das Recht erhalten, in begrenztem Umfang teilzunehmen, hauptsächlich durch schriftliche Stellungnahmen. Bis wann das Schiedsgericht seine Entscheidung dann trifft, ist derzeit offen. Während es in der Auseinandersetzung um .amazon nur einige Wochen nach der Anhörung zu der Verkündigung kam, hat es in anderen Fällen mehrere Monate gedauert. Dass die ersten .web-Domains noch in diesem Jahr registriert werden können, ist also unwahrscheinlich, erst Recht in Zeiten einer weltweiten Pandemie.

Wie das Schiedsgericht entscheiden wird, lässt sich nicht seriös vorhersagen. Afilias macht unter anderem geltend, dass VeriSign mit den Einnahmen aus .com verhindern will, dass .web mit einer erfahrenen Registry zu einem ernsthaften Konkurrenten heranwächst. VeriSign hingegen hat ausgeführt, erst 2015, mithin drei Jahre nach Einreichung der .web-Bewerbung, vereinbart zu haben, dass man Nu Dot Co unterstützen wird. Ausserdem behauptet Verisign, dass Afilias selbst eine „blackout period“ wenige Tage vor der öffentlichen Auktion verletzt habe. Details der gewechselten Schriftsätze sind auf der ICANN-Website für jedermann öffentlich einsehbar.

Weitere Informationen zum „Independent Review Process“ um .web finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/1974

Quelle: icann.org, domainincite.com, eigene Recherche

Corona-Krise – Vorsicht bei ausgelaufenen Domains

Die ab Herbst 2020 befürchtete Pleitewelle infolge der Corona-Krise rückt das Risiko ausgelaufener Domains verstärkt in den Vordergrund. Warum es sinnvoll ist, Domain-Namen auch nach Einstellung eines Internetangebots zu behalten, haben wir für Sie zusammengefasst.

Nach einem Bericht im Online-Angebot der Tagesschau befürchtet die Wirtschaftsauskunftei Creditreform wegen des von der Corona-Krise ausgelösten Konjunktureinbruchs eine Insolvenzwelle in der zweiten Jahreshälfte 2020. Wenn die Insolvenzantragspflicht ab Ende September 2020 nicht mehr ausgesetzt sei, werde sich die Zahl der Insolvenzanträge deutscher Unternehmen erheblich erhöhen. Auch wenn die Insolvenz nicht das „Aus“ eines Unternehmens bedeutet, sondern im Gegenteil dessen Erhalt dienen soll, droht vielen Gewerbetreibenden, wirtschaftlich unter die Räder zu kommen. Häufig betroffen sind davon auch deren Domains, für die von heute auf morgen kein Bedarf (mehr) besteht. Doch wer nun versucht, diese Domains schon vor Ablauf der Registrierungszeit zu löschen, macht sich für Angreifer besonders verwundbar. Wer die Domain hat, hat nicht nur Kontrolle über den damit verbundenen Datenverkehr (Traffic), sondern auch der eMail-Korrespondenz – und damit möglicherweise auch Zugriff auf Nutzerkonten in sozialen Medien.

Der Sicherheitssepzialist Gabor Szathmari hat bereits 2018 Berichte über Anwaltskanzleien veröffentlicht, die sich aufgelöst oder mit geändertem Namen neu formiert haben, mit der unschönen Folge, dass deren „alte“ Domains frei wurden. Szathmari musste lediglich eine dieser Domains neu registrieren und einen eMail-Server aufsetzen, schon gelangte er ohne jedes professionelle Hacking an zahlreiche vertrauliche Unterlagen und Informationen. Die gleiche Methode lässt sich jederzeit auf andere Online-Angebote wie Webshops übertragen, deren Domain-Namen gelöscht werden; das „look & feel“ der vormaligen Webseiten lässt sich dank archive.org ohne viel Aufwand rekonstruieren, so dass jedenfalls für nicht-regelmäßige Besucher der Eindruck entsteht, sie hätten es mit dem ursprünglichen Angebot zu tun, über das sie wie selbstverständlich ihre Bestellungen aufgeben und bezahlen können. Schon sitzen sie in der Falle von Cyberkriminellen, die mit wenig Aufwand hohe Erträge erzielen.

Da Domain-Namen in der Regel günstig sind, ist es daher die beste Versicherung gegen Cyberkriminelle, sie nach dem wirtschaftlichen Ende eines Internetangebots noch einige Zeit weiter registriert zu halten, bis auch der letzte Besucher weiss, dass es eingestellt wurde und seine Bookmarks aktualisiert hat. Zudem sollte man für die eMail-Korrespondenz einen „catch-all“-Service einrichten, um eingehende Nachrichten weiterleiten und kontrollieren zu können. Der Verlust der eigenen wirtschaftlichen Existenz ist oft dramatisch genug; Tür und Tor für Kriminelle zu öffnen, sollte man daher unbedingt vermeiden.

Einen Blog-Eintrag von Gabor Szathmari aus 2018 finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2340

Quelle: tagesschau.de, csoonline.com

TLDS – NEUES VON .COM, .EU UND .SHRIRAM

Die 79. Marken-Endung verlässt das Internet: der Registry-Vertrag für .shriram wurde aufgrund der Corona-Pandemie gekündigt. Dagegen liberalisiert .eu die Vergaberegeln, während .com bis jedenfalls März 2021 ohne Preiserhöhung auskommt – hier unsere Kurznews.

Im Angesicht der weltweiten Corona-Krise hat VeriSign Inc. angekündigt, die Gebühren für .com- und .net-Domains bis mindesstens 31. März 2021 stabil zu halten. Bereits im März 2020 hatte VeriSign versprochen: „In order to support individuals and small businesses affected by this crisis, Verisign will freeze registry prices for all of our Top-Level Domains (TLDs), including .com and .net, through the end of 2020.“ Dieses Einfrieren der Gebühren hat VeriSign nun bis zum Ende des 1. Quartals 2021 verlängert. Wirtschaftlich hart treffen wird VeriSign dieser Schritt nicht. Zum einen lag die Zahl der im 2. Quartal 2020 registrierten .com- und .net-Domains trotz Pandemie über jener aus dem 2. Quartal 2019; zum anderen müsste VeriSign die Erhöhung sechs Monate vorher ankündigen, so dass man ohnehin erst ab Januar 2021 die Einkaufspreise für die Registrare hätte erhöhen können.

Die .eu-Verwalterin EURid hat die Registrierungsregelungen für .eu überarbeitet. Am 11. Juni 2020 hat die European Free Trade Association (EFTA) mitgeteilt, sich mit der European Economic Area (EEA) auf eine Umsetzung der Verordnung (EU) 2019/517 des Europäischen Parlaments und des Rates verständigt zu haben. Damit können künftig auch Bürger aus Norwegen, Liechtenstein und Island .eu-Domains registrieren, unabhängig davon, wo sie ihren Sitz haben. Für EU-Bürger gilt diese Regelung bereits seit Oktober 2019. Damit möchte man zum einen die Domain Name Industry stärken, zum anderen den digitalen Binnenmarkt erweitern und um europäische Werte wie Vielsprachigkeit, Datenschutz und Sicherheit bereichern. Überarbeitete Vergaberegelungen will EURid bis zum 02. September 2020 veröffentlichen.

Der indische Finanzdienstleister Shriram Capital Ltd., Teil eines umfangreichen Unternehmenskonglomerats, hat den Registry-Vertrag für die Marken-Endung .shriram mit der Internet-Verwaltung ICANN gekündigt. Anders als praktisch alle .brands zuvor begründet Shriram Capital diesen Schritt, und zwar unter einem Verweis auf die Corona-Krise: „Due to unprecedented Covid-19 effect on the business, we have no other option but to terminate the registry agreement with effect from 3lst March 2020.“ Auch wenn die Regelung nicht zitiert wird, wertet ICANN diesen Verweis als Kündigung gemäß Sektion 4. 4 b) des Registry-Agreements, die eine jederzeitige ordentliche Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 180 Kalendertagen gestattet. Die Endung wurde am 24. Dezember 2014 delegiert, die Zahl der registrierten Domains kam jedoch nie über 50 hinaus; in vielen Fällen wurden sie lediglich zur Weiterleitung auf ein .com-Angebot genutzt.

Die Mitteilung von EURid finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2338

Das Kündigungsschreiben für .shriram finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2339

Quelle: domainnamewire.com, icann.org, eurid.eu

ECO – STUDIE ZUR INTERNETNUTZUNG 2020

Eco – Verband der Internetwirtschaft eV, legt eine neue Studie unter dem Titel „Benchmarks der Internetnutzung 2020“ vor, in welcher der Umgang von namhaften Unternehmen mit dem Internet untersucht wird. Bei der Domain-Pflege haben danach noch zahlreiche Unternehmen Nachholbedarf.

„Der Digitalisierungs-Schub durch Corona ist nachhaltig“ heißt es schon in den ersten Zeilen der 35-seitigen Studie, in die Hauptgeschäftsführer von eco, Harald A. Summa, und Online-Marketingexperte Dr. Torsten Schwarz einführen. Die Zusammenfassung zu Beginn der Studie weist im Titel darauf hin, woran es deutlich fehlt: „Unternehmen sollten Domain-Sicherheit verbessern“. Aber auch die Website-Gestaltung muss bei vielen in die Hand genommen und auf mobile Endgeräte abgestimmt werden, da immer mehr Menschen mit solchen Geräten im Internet aktiv sind und Google sein Ranking ab September 2020 „einzig und allein“ über mobiles Webdesign indexieren wird. Aber zunächst zum Aufbau der Studie: Nach den einführenden Worten werden die Parameter der Untersuchung vorgestellt, die Anzahl der Unternehmen, Kriterien für die Differenzierung der Unternehmen, die Erkenntnisse und die Veränderungen gegenüber der Vorjahresuntersuchung. Dann wird kurz das Ranking betrachtet, ehe Einblick in die einzelnen Ergebnisse der Studie genommen wird.

Die Daten der Studie wurden im Zeitraum April bis Juni 2020 erhoben. eco untersuchte 5.036 Unternehmen aus der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz), die man neun Branchen (B2B, Handel, Markenhersteller, Finanzen, Medien usw.) zuordnet und unterhalb dieser Branchen in insgesamt 208 Sektoren (z.B. unter Gesundheit: Klinik, Seniorenheim, Versandapotheke usw.) aufteilt. Die Varianz der Unternehmen reichte von solchen mit über 5 Mio. Website-Zugriffen monatlich (6 Prozent), über das Gros von 36 Prozent mit bis zu 100.000 Zugriffen, bis auf die mit bis zu 10.000 (19 Prozent) Webzugriffen im Monat. Die Unternehmen wurden anhand von 18 Kriterien untersucht, von denen drei (u.a. Ladezeiten der Website) variabel waren und eine Bewertung von „0 bis 99“, während die Einzelkriterien lediglich ein „ja“ oder „nein“ zuließen. Wesentliche Erkenntnis war, dass lediglich vier Prozent der untersuchten Domains der Unternehmen vollumfänglich gegen Missbrauch Dritter geschützt waren. Was fehle, seien aktive DMARC- und SPF-Einträge. Es handelt sich dabei um „Domain-based Message Authentication, Reporting and Conformance“, eine Spezifikation, die den Missbrauch von eMails reduzieren soll. Die Authentifizierung von eMails soll mit dieser sicherer werden. DMARC baut dabei auf SPF (Sender Policy Framework) und DKIM (DomainKeys Identified Mail) auf. Diese legen für eine Absender-Domain fest, wie der Empfänger der eMail deren Authentifizierung durchführen soll und wie bei Fehlern zu verfahren ist. Die Studie zeigt, dass der Umfang der Domain-Sicherung bei Unternehmen mit kleinerer Online-Reichweite deutlich schlechter ausfällt. Davon abgesehen, scheinen Länderendungen bei den ausgewählten Unternehmungen nicht so populär zu sein, wie man es erwarten würde: lediglich 58 Prozent nutzen .de-, .at- oder .ch-Domains, während .com von 39 Prozent herangezogen wird. Bei letzteren handelt es sich auch vorrangig um international agierende Unternehmen. Diese, wie auch die je 1 Prozent, die .net und .eu als Endung nutzen, erkennen aber zum Großteil nicht einmal den Standort des Website-Besuchers, um sie direkt auf eine spezifische Länderseite weiterzuleiten.

Die Studie zeigt unter anderem, dass der Spielraum für Unternehmen, sich um die eigenen Internetdomains zu kümmern und die Situation zu verbessern, durchaus groß ist. Die Studie „Benchmarks der Internetnutzung 2020“ ist leicht verständlich, sehr aufschlussreich und lesenswert. Wir haben uns die Kurzversion angeschaut. Eine ausführliche Standard-Version mit den vollständigen Rankings aller 208 Sektoren bekommt man ebenfalls bei eco eV. Übrigens, als vorbildlichstes Unternehmen sticht DHL hervor, das Platz eins belegt, gefolgt von Witt Weiden und jobware.

Sie können die Kurzversion der Studie abrufen unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2341

Quelle: eco.de, wikipedia.org

UDRP – BILLIGE TRICKS IM STREIT UM CHEAPSTUFF.COM

Das kalifornische Unternehmen Cheapstuff Inc. verlor seine Domain cheapstuff.com, die im Rahmen einer Drop-Auktion der indischen NG9 Communications für ein Gebot von US$ 3.687,- zugeschlagen wurde. Dadurch sah Cheapstuff seine Rechte verletzt, nicht zuletzt, nachdem die neue Inhaberin US$ 150.000,- für diese Domain haben wollte. Ein UDRP-Verfahren sorgte für Klarheit.

Die in Kalifornien (USA) sitzende Cheapstuff Inc. sah ihre Rechte durch die Domain cheapstuff.com verletzt. Deren Inhaberin war sie bis Januar 2020. Dann ging sie aus ihr unerklärlichen Gründen in die Hände der Gegnerin über, dem indischen Unternehmen NG9 Communications. Die Beschwerdeführerin wandte sich deshalb an die WIPO und beantragte die (Rück-)Übertragung der Domain cheapstuff.com. Sie trug vor, man sei ein 20 Jahre altes Unternehmen, das via Internet rabattierte Waren verkaufe und Markenrechte am Begriff „cheap stuff“ erlangt habe. Ihr eigener Registrar habe nicht erklären können, wieso die Domain, deren Inhaberin man seit 1997 sei, verloren gehen konnte, aber man habe für die aktuelle Registrierungsperiode bezahlt. Als Beleg legte die Beschwerdeführerin eine Rechnung vor, die auf den 22. April 2020 datiert. Am selben Tag habe man die Gegnerin angemailt und ihr den Fehler des Registrars erklärt. Am 17. Mai 2020 habe diese geantwortet und erklärt, für US$ 150.000,- könne sie die Domain erwerben, was für die Bösgläubigkeit der Gegnerin spreche. Die Gegnerin, die sich vom Domainer-Anwalt John Berryhill vertreten ließ, hielt dem entgegen, dass die Beschwerdeführerin allenfalls 2008 gegründet worden sei, jedoch mittlerweile nicht mehr existiere, weil sie wegen versäumter Steuerzahlungen aus dem kalifornischen Unternehmensregister gestrichen wurde. Die Domain war vor 2008 auf verschiedene Dritte registriert, nicht aber auf die Beschwerdeführerin. Der von der Beschwerdeführerin vorgelegte Screenshot, der ihr aktuelles Tätigsein wiedergeben solle, sei 10 Jahre alt: er verweise auf Rabattwaren wie Fernseher von 2009 auf buy.com, eine Domain, die 2010 der japanische Anbieter Rakuten gekauft hat. Die Domain cheapstuff.com habe man anlässlich einer Domain-Auktion am 08. März 2020 für US$ 3.687,- ersteigert. Die vermeintliche Marke „cheap stuff“ sei nicht eingetragen und bestehe aus zwei allgemeinen Begriffen, die zusammen eine allgemeine Floskel bilden. Die Beschwerdeführerin sei als Cybersquatter bekannt, der Malware anbietet, und ihr Leiter sei an mehreren UDRP-Verfahren beteiligt gewesen. Eine eMail der Beschwerdeführerin habe man nie erhalten und demgemäß auch nicht mit einem Verkaufsangebot in Höhe von US$ 150.000,- geantwortet; die Antwort-eMail sei gefälscht. Die Beschwerdeführerin missbrauche daher das UDRP-Verfahren, es liege ein Fall von Reverse Domain Name Hijacking vor. Zum Entscheider wurde der australische Rechtsanwalt John Swinson bestimmt.

Swinson wies die Beschwerde der Cheapstuff Inc. zurück und gab dem Antrag auf Reverse Domain Name Hijacking statt (WIPO Case No. D2020-1354). Doch zunächst warf Swinson prozessuale Fragen auf. So, ob die Beschwerdeführerin überhaupt verfahrensfähig ist, da sie eigentlich nicht mehr existiere. Dem widmete er sich bei der Frage nach einem bestehenden Markenrecht. Weiter stellte sich die Frage, ob der Domain-Registrar im Rahmen des UDRP-Verfahrens als Gegner zu adressieren sei. Die Gegnerin hatte vorgetragen, dass sie alleine Inhaberin der Domain sei und nicht auch der Registrar. Dem stimmte Swinson zu: ob die Beschwerdeführerin einen Handelsstreit mit dem Registrar hat, sei nicht relevant für die Frage, wer der richtige Gegner des UDRP-Verfahrens ist. Der Beschwerdeführerin bleibe es unbenommen, den korrekten Rechtsweg gegen den Registrar zu beschreiten. Der Registrar sei jedenfalls nicht Partei des UDRP-Verfahrens. Die Beschwerdeführerin und die Gegnerin hatten zudem zahlreiche zusätzliche Einlassungen eingereicht, die Swinson nach Prüfung zuließ, von denen er jedoch erklärte, sie hätten kaum Einfluss auf das Verfahren gehabt.

In der Sache stellte Swinson alsdann fest, dass die Beschwerdeführerin keine Nachweise dafür erbracht habe, dass sie Markeninhaberin sei. Sie verlasse sich bei der Marke alleine auf ein Gewohnheitsrecht, doch für den Nachweis dieses Rechts gebe es keinen brauchbaren Vortrag, wie Angaben zum Umsatz und sonstige Zahlen, Marketingmaterial und so weiter. Die Domain bestehe aus zwei allgemeinen Begriffen, die zusammen keinen willkürlichen oder unterscheidbaren Begriff bilden. Swinson hatte sich zudem Ausdrucke der Website des „California Secretary of State“ genau angeschaut und daraus entnommen, dass der Beschwerdeführerin jegliche Befugnisse, Rechte oder Privilegien, einschließlich des Rechts, den Namen der Entität zu verwenden, entzogen worden seien. Damit sei die Beschwerdeführerin auch nicht berechtigt, sich auf ein Gewohnheitsrecht aus dem Begriff „Cheap Stuff“ zu berufen. Daraus ergäbe sich auch, dass sie gar nicht berechtigt sei, dieses Verfahren zu führen, was er aber jetzt nicht heranziehen müsse, um zum eigentlichen Ergebnis des Verfahrens zu kommen. Jedenfalls läge schon kein Markenrecht vor, womit das erste Element der UDRP nicht erfüllt sei.

Swinson ging weiter und bestätigte, die Gegnerin habe belegt, als Internetentwicklerin die Domain im Rahmen einer Auktion zu einem Preis von US$ 3.687,- zu gutgläubiger Nutzung und nicht wegen der Beschwerdeführerin ersteigert zu haben, die ihrerseits keine Markenrechte für sich in Anspruch nehmen könne. Er schloss, dass die Gegnerin Rechte und ein berechtigtes Interesse an der Domain cheapstuff.com habe. Bei Prüfung der Bösgläubigkeit bescheinigte Swinson dem Vortrag der Beschwerdeführerin ernsthafte faktische Unstimmigkeiten. Sie beziehe sich auf zwei Punkte, die auf die Bösgläubigkeit der Gegnerin verweise: das passive Halten der Domain cheapstuff.com, und dass sie US$ 150.000,- für sie verlange. Da die Gegnerin die Domain aber erst kürzlich erworben hat, gäbe das erste Argument keinen Anhaltspunkt für die Bösgläubigkeit. Das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Verkaufsangebot für US$ 150.000,- erfolgte nach eigenem Vortrag auf ihre eigene Anfrage. Allein das spreche schon gegen Bösgläubigkeit bei der Gegnerin. Hinzu komme aber, dass bei näherer Untersuchung der eMail klar werde, dass diese gar nicht von der Gegnerin stamme. Alles spreche dagegen, dass die Gegnerin die Domain ersteigert habe, um sie an die Beschwerdeführerin zu veräußern. Ein Fall von Bösgläubigkeit sei nicht gegeben. Abschließend bestätigte Swinson noch das Reverse Domain Name Hijacking seitens der Beschwerdeführerin, weil ihr Vortrag die Wahrheit missachte, und falsche Behauptungen und Beweise aufweise, die das Panel fehlleiten sollten. Als Beispiel bezog sich Swinson auf die Behauptung, wonach die Beschwerdeführerin die Registrierungsgebühr für die Domain gezahlt habe, aber die Domain wegen eines Fehlers des Registrars nicht verlängert worden sei. Die in diesem Zusammenhang vorgelegte Rechnung des Registrars sei auf einen Zeitpunkt ausgestellt, zu dem sich die Domain bereits in Händen der Gegnerin befand.

Die Schönheit dieser Entscheidung liegt im Irrsinn des Sachverhalts, in den kruden Behauptungen der Beschwerdeführerin und der Auflösung dieser durch Fakten und Belege durch die Gegnerin. Neu für uns war, dass der Panelist hier klar den Domain-Registrar aus dem Schussfeld nimmt. Üblicherweise steht der auch nie dort, sondern allenfalls ein – oft vom Registrar angebotener – Privacy-Service, der allerdings nur solange relevant ist, bis der eigentliche Domain-Inhaber offenbart ist. Zu guter Letzt winkte Swinson noch mit dem Scheunentor, indem er erklärte, dass mit diesem Verfahren die Zuständigkeit des UDRP-Panels ende, aber der Gegnerin die Möglichkeit offen stehe, die Vertreter der Beschwerdeführerin vor den zuständigen Behörden, sei es die Anwaltskammer oder andere, zu melden.

Die UDRP-Entscheidung über die Domain cheapstuff.com finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2342

Spezialisierte Anwälte findet man unter:
> http://www.domain-anwalt.de

Quelle: wipo.int, eigene Recherche

DANCE.CO – HÜFTSCHWUNG FÜR US$ 58.000,-

Die vergangene Domain-Handelswoche ließ die Preise tanzen, obgleich im Slowdance. Aber immerhin kam dance.co auf herausragende US$ 58.000,- (ca. EUR 50.435,-). Domain-Namen unter .com hielten sich zurück.

Die Domain flappybird.com hob mit ihren US$ 35.000,- (ca. EUR 30.435,-) zwar deutlich ab, kam aber nicht in die höchsten Höhen der vergangenen Domain-Handelswoche. Dafür leitet sie lediglich weiter, ist nur mobil unterwegs und bietet Spiele an. Ihr folgte mit etwas Abstand medicannibis.com zu einem Preis von US$ 25.770,- (ca. EUR 22.409,-), die wiederum zum Verkauf steht. Nur wenige US-Dollar günstiger war selectbet.com mit ihrem Preis von US$ 25.000,- (ca. EUR 21.739,-), die zu einer Glücksspielseite führt. Mit im Boot ist die Fünf-Ziffern-Domain 35358.com, die US$ 8.026,- (ca. EUR 6.979,-) erzielte und wohl ebenfalls wieder zum Verkauf steht. Von Interesse dürfte auch noch die Domain wein-kaufen.com zum Preis von US$ 6.325,- (ca. EUR 5.500,-) sein, die allerdings keine Inhalte bietet.

Die Länderendungen lieferten nicht nur die teuerste Domain der vergangenen Domain-Handelswoche, diese fand sich sogar unter der kolumbianischen Endung .co: dance.co brachte es auf sehr gute US$ 58.000,- (ca. EUR 50.435,-) und bewirbt ein kommendes Elektro-Bike mit Namen Dance. Ebenfalls kolumbianisch war die Domain ruby.co, die US$ 12.500,- (ca. EUR 10.870,-) erzielte und so deutlich besser abschnitt als jene US$ 3.000,- (damals ca. EUR 2.190,-), die sie im März 2011 gekostet hatte. Ganz so glücklich lief es bei der schwedischen annonsera.se nicht: im Juli 2010 brachte sie EUR 10.000,- ein, jetzt musste sie sich mit EUR 3.500,- begnügen. Die deutsche Endung lieferte unter den Länderendungen die zweitteuerste, mit sistems.de zum Preis von EUR 20.000,-. Ihr folgten drei weitere .de-Domains. Ebenfalls vertreten war die Schweiz und das Vereinigte Königreich mit Domain-Verkäufen.

Die neuen generischen Endungen vermochten mit sa.global US$ zu einem Preis von 12.500,- (ca. EUR 10.870,-) sich ebenfalls propper zu positionieren. Daneben gab es zahlreiche .club-Verkäufe, wie singles.club zu US$ 8.100,- (ca. EUR 7.043,-) oder value.club zu US$ 7.000,- (ca. EUR 6.087,-) sowie sechs weitere. Die klassischen Endungen waren nicht üppig und .org nicht nennenswert vertreten. Unter .net kostete der insuranceclaim .net US$ 9.000,- (ca. EUR 7.826,-) und die Vier-Zeichen-Domain xwhb.net immerhin US$ 8.996,- (ca. EUR 7.823,-). Darüber hinaus war auch eine .pro vertreten: people.pro brachte es auf runde US$ 4.000,- (ca. EUR 3.478,-). Die vergangene Domain-Handelswoche war damit kein Knüller, wies aber hier und da recht ordentliche Preise auf.

Länderendungen
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dance.co – US$ 58.000,- (ca. EUR 50.435,-)
ruby.co – US$ 12.500,- (ca. EUR 10.870,-)

sistems.de – EUR 20.000,-
gearbest.de – EUR 7.000,-
oct.de – EUR 3.500,-
carabo.de – US$ 2.300,- (ca. EUR 2.000,-)

anywhere.io – EUR 10.000,-
662.cn – US$ 6.152,- (ca. EUR 5.350,-)
cheddar.me – US$ 4.999,- (ca. EUR 4.347,-)
plombier.ch – EUR 4.200,-
annonsera.se – EUR 3.500,-
zuzu.cn – US$ 4.362,- (ca. EUR 3.793,-)
posterstore.nz – US$ 4.000,- (ca. EUR 3.478,-)
1990.cn – US$ 3.726,- (ca. EUR 3.240,-)
dian.tv – US$ 3.500,- (ca. EUR 3.043,-)
autorun.com.au – US$ 3.000,- (ca. EUR 2.609,-)
hearts.ch – US$ 2.864,- (ca. EUR 2.490,-)
bush.co.uk – US$ 2.541,- (ca. EUR 2.210,-)
videocall.ch – US$ 2.519,- (ca. EUR 2.190,-)
flight.li – US$ 2.500,- (ca. EUR 2.174,-)
openbank.no – US$ 2.288,- (ca. EUR 1.990,-)
prom.co.uk – US$ 2.070,- (ca. EUR 1.800,-)
juju.in – US$ 2.000,- (ca. EUR 1.739,-)
payg.in – US$ 2.000,- (ca. EUR 1.739,-)
assured.co.uk – US$ 1.715,- (ca. EUR 1.491,-)
shortbreaks.co.uk – US$ 1.530,- (ca. EUR 1.330,-)

Neue Endungen
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sa.global – US$ 12.500,- (ca. EUR 10.870,-)
singles.club – US$ 8.100,- (ca. EUR 7.043,-)
value.club – US$ 7.000,- (ca. EUR 6.087,-)
sun.global – US$ 5.200,- (ca. EUR 4.522,-)
tcm.global – US$ 3.380,- (ca. EUR 2.939,-)
ama.global – US$ 3.120,- (ca. EUR 2.713,-)
insider.club – US$ 2.000,- (ca. EUR 1.739,-)
thai.club – US$ 1.830,- (ca. EUR 1.591,-)
cocktail.club – US$ 1.540,- (ca. EUR 1.339,-)
beat.club – US$ 1.500,- (ca. EUR 1.304,-)
victory.club – US$ 1.500,- (ca. EUR 1.304,-)
168.club – US$ 1.000,- (ca. EUR 870,-)

Generische Endungen
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people.pro – US$ 4.000,- (ca. EUR 3.478,-)

insuranceclaim.net – US$ 9.000,- (ca. EUR 7.826,-)
xwhb.net – US$ 8.996,- (ca. EUR 7.823,-)
leaper.net – US$ 3.000,- (ca. EUR 2.609,-)

.com
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flappybird.com – US$ 35.000,- (ca. EUR 30.435,-)
medicannibis.com – US$ 25.770,- (ca. EUR 22.409,-)
selectbet.com – US$ 25.000,- (ca. EUR 21.739,-)
avesina.com – EUR 15.000,-
dekhlo.com – US$ 11.000,- (ca. EUR 9.565,-)
rsmall.com – US$ 10.350,- (ca. EUR 9.000,-)
takarakuji.com – US$ 10.000,- (ca. EUR 8.696,-)
35358.com – US$ 8.026,- (ca. EUR 6.979,-)
gxu.com – US$ 8.008,- (ca. EUR 6.963,-)
wein-kaufen.com – US$ 6.325,- (ca. EUR 5.500,-)
byfi.com – US$ 6.000,- (ca. EUR 5.217,-)
everydaily.com – US$ 5.900,- (ca. EUR 5.130,-)
anyhome.com – US$ 5.000,- (ca. EUR 4.348,-)
batri.com – US$ 5.000,- (ca. EUR 4.348,-)
jetprofessionals.com – US$ 5.000,- (ca. EUR 4.348,-)

Weitere Domain-Preise finden Sie unter:
> http://www.domain-spiegel.de

Quelle: dnjournal.com, sedo.de, thedomains.com, tldinvestors.com

NOVEMBER – NORIDS VIRTUELLES INTERNETFORUM 2020

Mitte November 2020 findet das norwegische Internetforum 2020 unter dem Titel „Crisis opens new opportunities“ statt. Dieses Jahr wird auch diese Veranstaltung online stattfinden.

Das norwegische nationale Internetforum ist ein Treffpunkt für Akteure aus verschiedenen Bereichen der Internetbranche, aus Recht, Politik, Philosophie und Sicherheit. NORID, die Verwaltung der norwegischen Endung .no, organisiert dieses Forum alle Jahre. Geplant war für 2020 ein eintägiges Treffen mit rund 150 Teilnehmern in Oslo in einem einschlägigen Tagungshotel. Doch aufgrund der Corona-Pandemie hat NORID seine Pläne umgeschmissen und lädt nun zu einem virtuellen Treffen. Für diese Veranstaltung sind bereits sehr interessante Vortragende gebucht. So unter anderem Maria Strømme, eine Physikerin und Professorin für Nanotechnologie an der Universität Uppsala, und der Spieleentwickler und Unternehmensgründer Jørgen Tharaldsen (Megapop). Ebenfalls dabei sind Silvija Seres, eine Mathematikerin und Investorin mit einem Doktorgrad der Universität Oxford, und Ingrid Melve, die nationale wie internationale Innovationsprojekte im Bereich der Digitalisierung von Hochschulbildung und neuer Bildungsplattformen leitet, sowie Autor und Philosoph Joakim Hammerlin. Als Moderator konnte Rechtsanwalt Magnus Ødegaard gewonnen werden.

Das virtuelle Internetforum 2020 findet am 17. November 2020 von 09:00 bis 17:00 Uhr ausschließlich online statt. Auch bei dieser Veranstaltung wird sich zeigen, ob nicht aufgrund des Online-Modus sich die Teilnehmerzahl rapide erhöht. Die Registrierung für das Event steht ab August/September 2020 offen.

Weitere Informationen und Anmeldung unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2343

Quelle: norid.no

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