Themen: „Berlin Group“ – Reformvorschläge für das WHOIS | Illegale Inhalte – Webhoster als Schiedsrichter? | TLDs – Neues von .it, .so und .uk | .brands – Neustar wechselt zu .neustar | viking.com – keine Vertragsauslegung vor der WIPO | liquid.com – flüssig gemacht für US$ 750.000,- | Berlin – 5. Deutscher IT-Rechtstag im April 2018
„BERLIN GROUP“ – REFORMVORSCHLÄGE FÜR DAS WHOIS
Die „Internationale Arbeitsgruppe zum Datenschutz in der Telekommunikation“ (sogenannte „Berlin Group“) hat sich in die Debatte um die Zukunft des WHOIS-Systems eingeschaltet: in einem Arbeitspapier wurden Empfehlungen für den Datenschutz von Webseitenbetreibern verabschiedet.
Die „Berlin Group“, die aktuell von der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, Maja Smoltczyk, geleitet wird, beschäftigt sich nach eigenen Angaben schon seit Jahren mit der Privatsphäre und dem Datenschutz von Personen, die Domain-Namen registrieren möchten. Die daraus resultierenden datenschutzrechtlichen Probleme hat man nun im 13-seitigen „Arbeitspapier zu Fragen der Privatsphäre und des Datenschutzes im Zusammenhang mit Daten von Registranten und dem WHOIS-Verzeichnis bei ICANN“ zusammengefasst. Als Hauptproblem ist ausgemacht, dass die verschiedensten Stakeholder (genannt werden insbesondere die Akteure im Werbe-, Marktforschungs-, Rechtsschutz-, Verbraucherschutz- und Strafverfolgungsbereichen) immer mehr Daten anfordern, was sich in den Registrars’ Accreditation Agreements (RAA) widerspiegelt. Das RAA wird danach von der „Berlin Group“ scharf kritisiert; so seien die Anforderungen zur Erhebung der Daten von Domain-Inhabern exzessiv und unverhältnismäßig. Problematisch sei auch, dass die WHOIS-Daten von Anbietern von Mehrwertdiensten gesammelt werden und nur unter erschwerten Umständen wieder aus gewerblichen Datensammlungen entfernt werden können. Ferner fehle es an einer Neubewertung des Verzeichnisses vor dem Hintergrund seines ursprünglichen Zwecks.
Bei all dieser Kritik spart die „Berlin Group“ aber auch nicht mit konkreten Empfehlungen. So müssten rechtmäßige Zwecke für die Verarbeitung der Daten von Domain-Inhabern und für die Offenlegung im öffentlichen Verzeichnis definiert werden, die jedoch auf den Aufgabenbereich von ICANN, die Sicherheit und Stabilität des Internets zu gewährleisten, begrenzt sein müssen. Dazu gehöre keinesfalls die weltweite Veröffentlichung von WHOIS-Daten im Internet, noch rechtfertige dies die Vorhaltung zusätzlicher Daten, die für den ursprünglichen Zweck nicht erforderlich sind. Des Weiteren müssten die im WHOIS offengelegten personenbezogenen Daten auf jene Daten beschränkt werden, die notwendig sind, um mit dem Domain-Inhaber Kontakt aufzunehmen, falls es im Zusammenhang mit dem registrierten Namen zu technischen Problemen kommt. Selbst Strafverfolgungsbehörden sollten keinen unbegrenzten Zugriff erhalten; die „Berlin Group“ regt stattdessen an, dass Lösungen entwickelt werden, die zugelassenen Stellen, die einen legitimen Bedarf nach Daten nachweisen können, abgestuften Zugriff ermöglichen. Insgesamt umfasst das Arbeitspapier acht solcher Empfehlungen, die jedoch abstrakt bleiben, ohne konkrete Praxisvorschläge zu unterbreiten.
Ob und welchen Einfluss die Empfehlungen auf ICANN und die aktuell diskutierten WHOIS-Reformmodelle nehmen, bleibt vorerst unklar. Die „Berlin Group“ hält aber am Ende des Papiers fest, dass ICANN in letzter Zeit vermehrt den Kontakt zu Datenschutzaufsichtsbehörden gesucht hat und um Feedback bittet. Gelegenheit zur weiteren Diskussion bietet jedenfalls das erste ICANN-Meeting in diesem Jahr, das vom 10. bis 15. März 2018 in San Juan (Puerto Rico) angesetzt ist.
Das Arbeitspapier der „Berlin Group“finden Sie unter:
> http://www.berlin-privacy-group.org
Quelle: datenschutz-berlin.de
ILLEGALE INHALTE – WEBHOSTER ALS SCHIEDSRICHTER?
Im Zuge der Bekämpfung illegaler Online-Inhalte hat die EU-Kommission eine Reihe operativer Maßnahmen vorgestellt, um in Zukunft eine rasche und proaktive Erkennung und Entfernung zu gewährleisten. Die gerichtliche Vorprüfung wird dabei zum Ausnahmefall.
Bereits im September 2017 sagte die EU-Kommission über den Umgang mit illegalen Online-Inhalten zu, Fortschritte auf diesem Gebiet zu überwachen und zu bewerten, ob zusätzliche Maßnahmen notwendig sind. Als „illegaler Online-Inhalt“ gelten dabei alle Inhalte, die dem Recht der Union oder dem einzelstaatlichen Recht eines Mitgliedstaats zuwiderlaufen. Hierunter fallen terroristische Inhalte, Material mit Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs, illegale Hetze, gewerbliche Betrügereien und Verletzungen des Rechts am geistigen Eigentum. Die Verbreitung solcher Inhalte untergräbt nach Ansicht der EU-Kommission das Vertrauen der Bürger in das Internet und stellt zudem eine Sicherheitsbedrohung dar. Bevor die Kommission darüber befindet, ob weitere Rechtsvorschriften notwendig sind, soll zunächst eine Reihe operativer Maßnahmen helfen, die von den Online-Plattformen und den Mitgliedstaaten zu ergreifen sind, um diese Arbeit weiter voranzutreiben.
Zu diesen operativen Maßnahmen gehören klarere „Melde- und Abhilfeverfahren“. Die Unternehmen sollten einfache und transparente Regeln für die Meldung illegaler Inhalte festlegen. Konkret denkt die EU an Schnellverfahren für „vertrauenswürdige Hinweisgeber“, so dass beispielsweise Hosting-Diensteanbieter in der Lage sind, eine sachkundige, umsichtige Entscheidung zu treffen, ob der gemeldete Inhalt als illegal anzusehen ist und entfernt oder gesperrt werden sollte oder nicht. Die Hinweisgeber können dabei auf Wunsch anonym bleiben. Über eine Entfernung oder Sperrung soll der Anbieter der Inhalte grundsätzlich informiert werden, es sei denn, es ist offenkundig, dass sich die illegalen Inhalte auf schwere Straftaten beziehen, die das Leben oder die Sicherheit von Personen bedrohen, oder eine Behörde dies verlangt. Dem Inhalteanbieter bleibt dann die Möglichkeit, durch eine Gegendarstellung zu widersprechen; dieser Gegendarstellung muss der Hosting-Diensteanbieter „gebührend Rechnung“ tragen und außerdem erneut prüfen, ob er seine Entscheidung, den Inhalt zu entfernen oder zu sperren, rückgängig macht. Damit nicht genug: Hosting-Diensteanbieter sollten aufgefordert werden, proaktive Maßnahmen gegen illegale Inhalte zu ergreifen; dies schließt den Einsatz von Systemen zur automatischen Erkennung – also Filter – mit ein. Schließlich legt die EU-Kommission eine engere Zusammenarbeit mit den Behörden nahe.
Die Rolle der Hosting-Diensteanbieter als eine Art Richter untermauert die Kommission mit der Empfehlung, die außergerichtliche Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Entfernung oder einer Sperrung illegaler Inhalte zu erleichtern. Alle Verfahren für die außergerichtliche Beilegung sollten dabei leicht zugänglich, wirksam, transparent und unparteiisch sein und gewährleisten, dass das Ergebnis dieser Streitbeilegung gerecht und mit dem geltenden Recht vereinbar ist. Allerdings sollten sie den ordentlichen Rechtsweg nicht ausschliessen. Für die kommenden Wochen hat die Kommission eine öffentliche Konsultation angekündigt; dort sollen die erzielten Fortschritte weiter analysiert werden.
Die Empfehlung 2018/334 der EU-Kommission vom 1. März 2018 für wirksame Maßnahmen im Umgang mit illegalen Online-Inhalten finden Sie unter:
> http://www.domain-recht.de/verweis/1781
Die Pressemitteilung der EU-Kommission finden Sie unter:
> http://europa.eu/rapid/press-release_IP-18-1169_de.htm
Ein Factsheet finden Sie unter:
> http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-18-1170_de.htm
Quelle: europa.eu
TLDS – NEUES VON .IT, .SO UND .UK
Die Änderungswelle im Zuge der Datenschutz-Grundverordnung hat trotz Brexit auch die Insel erfasst: die .uk-Registry schränkt den Umfang der WHOIS-Daten ein. Bei Italiens .it haben dagegen die Statistiker das Wort, während Somalia die Landesendung .so unter staatliche Kontrolle stellt – hier unsere Kurznews.
Italiens Domain-Registry Nic.it hat ihren Bericht für das vierte Quartal 2017 vorgestellt. Per 31. Dezember 2017 waren demnach 3.095.967 .it-Domains registriert. 513.467 neu registrierten .it-Domains standen 419.384 Löschungen gegenüber, was unter dem Strich einen Nettogewinn von 94.083 Domains bedeutet. Damit hält der seit 2009 bestehende Aufwärtstrend für .it weiterhin an und trotzt so den Entwicklungen einiger generischer Endungen wie .net oder .biz. Besonders stark gefragt waren Domains in der Lombardei vor der Region Lazio; auf sie entfällt ein Anstieg von 20 bzw. 13 Prozent. Der größte Teil aller .it-Registrierungen entfällt auf natürliche Personen; sie kommen auf über 42 Prozent. Danach folgen Unternehmen mit knapp unter 40 Prozent. Ob und welche Änderungen Nic.it beim WHOIS plant, lässt der Bericht offen. Der 39-seitigen Report steht ab sofort zum kostenlosen Download bereit.
Die im Osten Afrikas gelegene Bundesrepublik Somalia nimmt das Schicksal ihrer Landesendung .so wieder in die eigene Hand: am 9. März 2018 gab die Regierung bekannt, dass die National Communications Authority (NCA) die Registry-Funktion vom bisherigen Verwalter Somali National Information Center (SONIC) übernommen hat. SONIC wird zu einer Funktionseinheit innerhalb der NCA. Die NCA macht damit Gebrauch von Artikel 54 (2) des „2017 National Communications Law“, das .so zum nationalen Vermögenswert erklärt hat. Abdulaziz Huseein Omar, vormaliger Direktor von SONIC, zeigte sich zufrieden, dass das Management nun wieder in den Händen der Regierung liegt. Abdi Sheik Ahmed, General Manager von NCA, kündigte an, .so künftig im öffentlichen Interesse verwalten zu wollen. Was das konkret heisst, ließ er offen. Aktuell können natürliche und juristische Personen .so-Domains nur unter bestimmten Voraussetzungen registrieren. Die Registrierung erfordert, dass der Domain-Inhaber sowohl zum Zeitpunkt der Registrierung als auch danach einen Firmensitz, Wohnsitz oder eine berechtigte und nachweisbare Verbindung zu Somalia vorweisen kann. Ob und inwieweit die Einhaltung dieser Voraussetzung geprüft wird, ist jedoch bestenfalls offen.
Auch die britische .uk-Verwalterin Nominet kann sich den bevorstehenden Änderungen durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht entziehen. Um der geänderten Rechtslage Rechnung zu tragen, hat die Registry angekündigt, ab dem 25. Mai 2018 den Namen und die Adresse eines Domain-Inhabers nicht mehr zu veröffentlichen, es sei denn, er hatte ausdrücklich in eine Veröffentlichung eingewilligt. Ein Mechanismus zur Erteilung dieser Einwilligung wird noch entwickelt. Im Übrigen soll das .uk-WHOIS jedoch unverändert bleiben. Strafverfolgungsbehörden erhalten weiterhin einen erweiterten, kostenfreien und automatisierten WHOIS-Einblick. Ebenfalls erweiterten Einblick erhält, wer – wie zum Beispiel Inhaber von Markenrechte – ein berechtigtes Interesse geltend machen kann. Ferner wird das Registry-Registrar-Agreement (RRA) um einen Datenschutzanhang ergänzt; dabei wird es den Registraren künftig ausdrücklich gestattet, einen Proxy- oder Privacy-Service anzubieten, so dass Informationen zum Domain-Inhaber nicht an Nominet weitergereicht werden müssen. Vorerst hat die Öffentlichkeit Zeit bis 4. April, um zu den geplanten Änderungen Stellung zu nehmen; eine Umsetzung gilt jedoch als gesichert.
Den aktuellen .it-Report finden Sie unter:
> http://www.domain-recht.de/verweis/1779
Weitere Informationen zu den geplanten Änderungen bei .uk finden Sie unter:
> http://www.domain-recht.de/verweis/1780
Quelle: nic.it, mareeg.com, nominet.uk
.BRANDS – NEUSTAR WECHSELT ZU .NEUSTAR
Die Domain-Registry Neustar Inc., die unter anderem .biz, .us und .co verwaltet, ist kürzlich vollständig von neustar.biz auf ihre eigene Endung .neustar umgezogen. Von ihren Erfahrungen berichtet Neustar in einem Paper und in Artikeln.
Neustar berichtet immer wieder von Erfahrungen im Umgang mit .brands. Die Registry selbst ist eine der ersten .brand-Inhaberinnen, die ihr Geschäft vollständig auf die eigene Domain-Endung verlegt hat. Unter anderem in einem kurzen Artikel hat Neustar die bisherigen Erfahrungen niedergeschrieben. In den „7 important lessons we learned from launching our branded Top Level Domain“ macht Neustar deutlich, dass es nicht nur Informationen der verschiedenen Teams eines Unternehmens bedurfte, wie IT, Recht, Marketing usw., sondern auch der Unterstützung von oben, vom C-Level des Unternehmens. Dabei erwies sich als sinnvoll, schon die Planung der Umsetzung selbst zu planen. Damit einher ging die Durchleuchtung der Webseiteninhalte und deren Messung, um nach dem Umstieg die Werte vergleichen zu können. Wichtig für den Umstieg erwies sich auch, alle Beteiligten regelmäßig zu informieren: die Mitarbeiter müssten sich informiert und eingebunden fühlen, um Beschwerden und Durcheinander zu verhindern. Der spätere Erfolg muss dann messbar sein, weshalb Neustar klare Vorgaben machte, was „Erfolg“ für das Unternehmen meint, im Hinblick auf die Leistung der Webseite, den SEO-Werten usw. Ein solches Projekt kann nicht wirklich erfolgreich sein, wenn man keine Richtschnur hat, an der man es messen kann. Ein weiterer wesentlicher Punkt war das Timing. Neustar entschied sich für eine schrittweise Umsetzung: zunächst testete man einige Seiten, dann aktivierte man die neuen eMail-Kontakte bei einigen Mitarbeitergruppen. Diesen sanften Start führte man fort, bis alle Systeme aktiv waren. Erst dann bewarb Neustar die neue Domain .neustar. Nach dem offiziellen Start wurden die Systeme genauestens beobachtet, etwaige Warnzeichen würden auf Probleme hinweisen, die dann unverzüglich bearbeitet werden konnten. Bei alle dem galt es für Neustar, flexibel zu sein, um auf Unerwartetes reagieren zu können.
Die Informationen dieses Artikels finden sich umfangreicher und nochmals informativer in der 30 Seiten starken Broschüre „Unleashing the Power of a .brand“ von Neustar. Hierin wendet sich Neustar an andere Inhaber einer .brand, um diesen die Möglichkeit zu geben, am Beispiel Neustar zu lernen. Dabei geht Neustar in Details und zeigt anhand des Schemas „Warum haben wir das gemacht?“, „Wie haben wir das gemacht?“ sehr gut die eigenen Überlegungen und Lösungen auf. Dargelegt wird sodann unter anderem, wie es zur neuen eMail-Nomenklatura kam, die in einem Artikel von Blogger Konstantinos Zournas (onlinedomain.com) auf Kritik stößt. Früher nutzte Neustar für Mitarbeiter und Gruppen im Unternehmen deren Namen und Bezeichnung unter @neustar.biz. Nun laufen die Mitarbeiter unter name@team.neustar, der Kundensupport nutzt @support.neustar und besondere Fälle laufen unter @team.neustar. Für Kommentatoren stellt das ein riesiges Kuddelmuddel dar, im Gegensatz zu der früheren Lösung. Doch Neustar sieht Vorteile für das Marketing, das Vertrauen des Kunden in für ihn sichtbare, geordnete Strukturen sowie den Schutz von hochrangigen Mitarbeitern. Weiter findet man in der Broschüre Informationen zur Domain-Struktur und warum Neustar 600 Domain-Namen allein zur Weiterleitung eingerichtet hat, man erfährt etwas über die neue, interne Suchmaschine und dass der Umstieg für einen komplett neu entwickelten Internetauftritt genutzt wurde.
Nicht nur .brand-Inhaber können aus der Fallstudie von Neustar lernen und Gewinn ziehen. Wir empfehlen die Lektüre der Broschüre „Unleashing the Power of a .brand“ von Neustar, die man nach Angabe von Personalien und einer eMail-Adresse per Download erhält:
> http://www.launchguide.neustar/
Wer es lieber etwas kürzer hat, kann sich an den Artikel „7 important lessons we learned from launching our branded Top Level Domain“ halten:
> http://www.domain-recht.de/verweis/1782
Sie finden Neustar jetzt unter:
> http://home.neustar
Quelle: home.neustar, onlinedomain.com
VIKING.COM – KEINE VERTRAGSAUSLEGUNG VOR DER WIPO
Die Aurelius Group, ein Konzern mit 23 Töchtern, hatte im Jahr 2016 die europäischen Geschäfte einer anderen Unternehmensgruppe erworben und dabei übersehen, dass die Domain viking.com nicht vom Vertrag umfasst war. Nun versuchte sie, in einem UDRP-Verfahren an die Domain zu kommen.
Beschwerdeführerin ist die Aurelius RHO GTM Development Limited mit Sitz in Irland, die im Dezember des Jahres 2016 die europäischen Geschäfte der Beschwerdegegnerin gekauft hatte. Die Gegnerin ist die 1986 gegründete Office Depot Inc. mit Sitz in den USA, die sich 1998 mit der Viking Office Products Inc. zusammengeschlossen hatte und dabei unter anderem die Domain viking.com erlangte. Bei der Übernahme der europäischen Geschäfte der Gegnerin durch die Beschwerdeführerin war die Domain viking.com nicht miteinbezogen. Die Beschwerdeführerin wurde Inhaberin zahlreicher Marken „Viking“, die im europäischen und internationalen Raum registriert sind. Sie sieht nun ihre Markenrechte durch die Nutzung der Domain viking.com verletzt. Nach ihrer Auffassung sei beim Kauf der europäischen Geschäfte vereinbart worden, dass alle Marken und Domains von Europa aus verwaltet werden sollten. Zwar sei die Domain viking.com nicht in der Anlage des Übernahmevertrages aufgelistet, doch gäbe es eine „wrong pockets“-Vereinbarung, wonach geistiges Eigentum, welches sich auf Europa bezieht, ebenfalls auf die Beschwerdeführerin übertragen werde. Dazu zähle auch viking.com, weshalb die Beschwerdeführerin die Gegnerin ansprach und um die Domain bat. Die Gegnerin lehnte dankend ab und erklärte, sie erwäge die Domain an einen Dritten zu verkaufen. Dem entnahm die Beschwerdeführerin, die Gegnerin wolle sie so in eine Zwangslage bringen, damit sie die Domain kaufe. Sie meint, die Gegnerin nutze die Domain unberechtigt und bösgläubig. Die Gegnerin hielt entgegen, sie habe die Domain gutgläubig erworben und im Zusammenhang mit Viking Büroartikeln für 15 Jahre gutgläubig genutzt. Zu dieser Zeit sei sie Mitinhaberin zahlreicher Viking-Marken gewesen und teilweise auch noch, über die ihr verbundene Viking Office Products Inc., womit ihre Rechten deren der Beschwerdeführerin lange vorausgingen. Die Beschwerdeführerin habe ihr vor Erhebung der UDRP-Beschwerde zahlreiche Kaufangebote hinsichtlich der Domain gemacht. Das stehe im Widerspruch zu der Behauptung, eigentlich gehöre die Domain aufgrund der „wrong pocket“-Vereinbarung ihr. Schließlich erhob die Gegnerin noch den Vorwurf des Reverse Domain Name Hijackings.
Das Entscheidungsgremium für das UDRP-Verfahren wurde mit drei Mitgliedern besetzt: dem bulgarischen Rechtsanwalt Assen Alexiev, dem irisch-australisch-neuseeländischen Juristen Alistair Payne und dem US-amerikanischen Rechtsanwalt Evan D. Brown. In einer langen Entscheidung wiesen die drei die Beschwerde der Aurelius RHO GTM Development Ltd. zurück und stellten ein Reverse Domain Name Hijacking fest (WIPO-Case No. D2017-2174). Im Hinblick auf die Identität von Marke und Domain hatten die Entscheider kein Problem, die stellten sie kurzerhand fest. Doch bei der Frage nach dem Nichtbestehen eines Rechts oder von berechtigten Interessen an der Domain auf Seiten der Beschwerdegegnerin scheiterte die Beschwerdeführerin. Dem Vorwurf einer Nichtberechtigung habe die Gegnerin nachvollziehbar und überzeugend entgegnet, dass sie die Domain ursprünglich berechtigt nutzte und aufgrund bestehender Markenrechte nach wie vor berechtigt nutzt. Die Domain viking.com war in der Liste der zu übertragenden Rechte des Übernahmevertrages über die europäischen Geschäfte der Gruppe, deren Teil die Gegnerin war, nicht enthalten. Eine Vereinbarung hinsichtlich der Domain legte keine der Parteien vor. Für das Entscheidungsgremium ergab sich auch kein Hinweis, dass die streitige Domain unter die „wrong pocket“-Vereinbarung fiel, da dem die Behauptung der Gegnerin entgegenstehe, die Domain viking.com sei von dem Vertrag nicht umfasst gewesen. Das Gremium war der Ansicht, diese Fragen seien letztlich zu komplex für ein UDRP-Verfahren und sollten vor einem ordentlichen Gericht geklärt werden. Jedenfalls scheitere die Beschwerdeführerin bereits an der zweiten Voraussetzung der UDRP. Das Gremium prüfte gleichwohl noch die Frage der Bösgläubigkeit seitens der Gegnerin, die sie aufgrund der Umstände problemlos verneinen konnte. Die Beschwerdeführerin argumentiere, die Absicht der Gegnerin, viking.com an einen Dritten verkaufen zu wollen, bringe sie in Zugzwang: es würde durch einen Verkauf die Weiterleitung der Domain auf die eigene Webseite viking-direct.co.uk beenden. Davon liess sich das Gremium nicht beirren: die Gegnerin habe die Domain lange Jahre berechtigter Weise genutzt und registriert. Bösgläubigkeit bei Registrierung der Domain sei auf Seiten der Beschwerdegegnerin schlichtweg nicht ersichtlich. Und da Bösgläubigkeit bei Registrierung und Nutzung kumulativ gegeben sein müsse, sei die Voraussetzung für die Bösgläubigkeit nicht gegeben. Sodann war noch die Frage des Reverse Domain Name Hijacking zu klären. Da die Beschwerdeführerin in keiner Weise vernünftig darstellen konnte, dass ihre Gegnerin die Domain bösgläubig habe registrieren können, sei dies der überzeugende Punkt für das Vorliegen eines Reverse Domain Name Hijacking. Schaut man sich die Sache im Ganzen an, wird auch klar, dass keinerlei Basis für einen solchen Vorwurf gegeben sei. Dies allein reiche für die Annahme eines Reverse Domain Name Hijacking aus. Somit wies das Gremium nicht nur die Beschwerde zurück, sondern bestätigte auch den Vorwurf des Reverse Domain Name Hijacking.
Die Entscheidung ist kein glücklicher Ausgang für einen bereits bei einem umfänglichen Vertrag gemachten Fehler. Seinerzeit hätte geklärt werden müssen, was mit der Domain viking.com bei der Übernahme der europäischen Geschäfte der Gegnerin passieren solle. Möglicherweise wurde das auch geklärt, die Domain war im Vertrag nicht gelistet, und man wollte das später nicht wahr haben. Der zweite Fehler ergab sich wahrscheinlich aus dem Umstand, dass man sich zur Führung des UDRP-Verfahrens keines externen Spezialisten bediente, sondern die Beschwerdeführerin die eigene Rechtsabteilung an die Sache setzte. Für die Gegnerin ging die Sache in mehrfacher Hinsicht gut aus: nicht nur wurde die Beschwerde zurückgewiesen und der Vorwurf des Reverse Domain Name Hijacking bestätigt, man konnte auch einen Kaufvertrag über viking.com mit einem Dritten abschließen. Die Domain befindet sich mittlerweile in den Händen der Kreuzfahrtlinie Viking und leitet auf vikingcruises.com weiter.
Die UDRP-Entscheidung über die Domain viking.com finden Sie unter:
> http://www.domain-recht.de/verweis/1783
Spezialisierte Anwälte findet man unter:
> http://www.domain-anwalt.de
Quelle: wipo.com, eigene Recherche
LIQUID.COM – FLÜSSIG GEMACHT FÜR US$ 750.000,-
Die vergangene Domain-Handelswoche setzte wieder Höhepunkte. So lagen zwei Domain-Namen im sechsstelligen Preisbereich mit liquid.com zu US$ 750.000,- (ca. EUR 604.839,-) an der Spitze. Neben ihr lag star.org mit US$ 225.000,- (ca. EUR 181.452,-) ebenfalls im Spitzenpreissegment.
Der Höhenflug im Domain-Handel schreitet fort. Die Kommerzendung knüpfte mit liquid.com zum Preis von US$ 750.000,- (ca. EUR 604.839,-) erfreulich hoch am Ergebnis der vorangegangenen Handelswoche an. liquid.com stand allerdings nicht ohne Fundament. Mit drei Domains im gehobenen fünfstelligen Preisbereich war .com auch in dem Feld großzügig: die Drei-Zeichen-Domain osl.com erzielte US$ 72.000,- (ca. EUR 58.065,-), runner.com war mit US$ 69.000,- (ca. EUR 55.645,-) im Rennen, und fakenews.com sorgte für runde US$ 65.000,- (ca. EUR 52.419,-). Daneben waren fünf weitere Drei-Zeichen-Domains vertreten, von boj.com zum Preis von US$ 35.000,- (ca. EUR 28.226,-) bis hinunter zu 2cy.com für US$ 15.000,- (ca. EUR 12.097,-).
Unter den Länderendungen erwies sich die kolumbianische .co als stärkste Kraft, mit nurture.co zum Preis von US$ 45.000,- (ca. EUR 36.290,-), mit dem sie alle anderen weit hinter sich ließ. Die Endung .co bot noch zwei günstigere Domains. An zweiter Position unter den Länderendungen stand die chilenische matrimonio.cl mit EUR 10.000,-, sehr dicht gefolgt von der peruanischen circus.pe zum Preis von EUR 9.999,-. Die deutsche Endung schaltete sich erst bei EUR 6.000,- mit connstore.de ein und bot darüber hinaus lediglich onlinedoktor.de zu einem Preis von US$ 3.720,- (ca. EUR 3.000,-).
Ein ähnliches Bild wie die Länderendungen bieten die neuen Endungen an: mit blockchain.ventures zum Preis von US$ 42.000,- (ca. EUR 33.871,-) stach eine Domain heraus. Ihr folgten dann ruhigere Domains wie berlin.club für EUR 9.500,- oder findme.online für US$ 7.500,- (ca. EUR 6.048,-). Die Diversität der Endungen lag höher als gewohnt: neben drei .online- und drei .club–Domains kamen auch .help, .recipes und .group zum Zuge. Überraschend brachte .org einen herausragenden Domain-Deal hervor: die Domain star.org erzielte sagenhafte US$ 225.000,- (ca. EUR 181.452,-) und ging in chinesische Hände, an die „The Star Foundation“, die mit Blockchain-Technologie darauf zielt, kosmische Entdeckungen und „network value transfer“ zu steigern. Im übrigen lagen die Zahlen bei den alten generischen Endungen im üblichen Rahmen. Dank star.org und liquid.com, die beide herausragende Preise erzielten, war die vergangene Domain-Handelswoche wieder sehr erfreulich.
Länderendungen
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nurture.co – US$ 45.000,- (ca. EUR 36.290,-)
supply.co – EUR 4.285,-
kaomoji.co – US$ 3.500,- (ca. EUR 2.823,-)
matrimonio.cl – EUR 10.000,-
circus.pe – EUR 9.999,-
good.ai – US$ 10.000,- (ca. EUR 8.065,-)
sfi.nl – EUR 7.750,-
solid.kr – US$ 8.000,- (ca. EUR 6.452,-)
connstore.de – EUR 6.000,-
86.tv – US$ 4.900,- (ca. EUR 3.952,-)
firmar.es – EUR 3.500,-
arm.us – US$ 4.000,- (ca. EUR 3.226,-)
hausfrauen.ch – US$ 3.720,- (ca. EUR 3.000,-)
onlinedoktor.de – US$ 3.720,- (ca. EUR 3.000,-)
estate.gr – US$ 3.410,- (ca. EUR 2.750,-)
Neue Endungen
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blockchain.ventures – US$ 42.000,- (ca. EUR 33.871,-)
berlin.club – EUR 9.500,-
findme.online – US$ 7.500,- (ca. EUR 6.048,-)
tax.help – US$ 6.000,- (ca. EUR 4.839,-)
porn.club – US$ 5.000,- (ca. EUR 4.032,-)
assurance.online – US$ 5.000,- (ca. EUR 4.032,-)
microgen.group – US$ 4.300,- (ca. EUR 3.468,-)
polo.club – US$ 4.000,- (ca. EUR 3.226,-)
assurances.online – US$ 3.000,- (ca. EUR 2.419,-)
bread.recipes – US$ 3.000,- (ca. EUR 2.419,-)
Generische Endungen
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star.org – US$ 225.000,- (ca. EUR 181.452,-)
r5.net – US$ 7.500,- (ca. EUR 6.048,-)
uon.org – US$ 7.140,- (ca. EUR 5.758,-)
cotton.net – US$ 4.888,- (ca. EUR 3.942,-)
trn.org – US$ 3.400,- (ca. EUR 2.742,-)
ipos.org – US$ 2.600,- (ca. EUR 2.097,-)
.com
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liquid.com – US$ 750.000,- (ca. EUR 604.839,-)
osl.com – US$ 72.000,- (ca. EUR 58.065,-)
runner.com – US$ 69.000,- (ca. EUR 55.645,-)
fakenews.com – US$ 65.000,- (ca. EUR 52.419,-)
tees.com – US$ 50.000,- (ca. EUR 40.323,-)
boj.com – US$ 35.000,- (ca. EUR 28.226,-)
yon.com – US$ 31.000,- (ca. EUR 25.000,-)
bodyguards.com – US$ 29.500,- (ca. EUR 23.790,-)
bjn.com – US$ 29.000,- (ca. EUR 23.387,-)
mvc.com – US$ 28.000,- (ca. EUR 22.581,-)
avicenna.com – US$ 24.800,- (ca. EUR 20.000,-)
new50.com – US$ 23.205,- (ca. EUR 18.714,-)
dancelessons.com – US$ 23.000,- (ca. EUR 18.548,-)
coinlink.com – US$ 22.000,- (ca. EUR 17.742,-)
publicize.com – US$ 16.000,- (ca. EUR 12.903,-)
2cy.com – US$ 15.000,- (ca. EUR 12.097,-)
rubbish.com – US$ 15.000,- (ca. EUR 12.097,-)
weddingphotos.com – US$ 14.000,- (ca. EUR 11.290,-)
memopad.com – US$ 13.640,- (ca. EUR 11.000,-)
ninjamarketing.com – US$ 12.500,- (ca. EUR 10.081,-)
vegetal.com – US$ 12.261,- (ca. EUR 9.888,-)
buysteel.com – US$ 12.000,- (ca. EUR 9.677,-)
vedp.com – US$ 12.000,- (ca. EUR 9.677,-)
mikkeller.com – US$ 10.500,- (ca. EUR 8.468,-)
publicrelations.co.uk – US$ 10.099,- (ca. EUR 8.144,-)
keko.com – US$ 10.099,- (ca. EUR 8.144,-)
tranquilizer.com – US$ 10.000,- (ca. EUR 8.065,-)
Weitere Domain-Preise finden Sie unter:
> http://www.domain-spiegel.de
Quelle: dnjournal.com, sedo.de, thedomains.com
BERLIN – 5. DEUTSCHER IT-RECHTSTAG IM APRIL 2018
Die DAV-Arbeitsgemeinschaft IT-Recht (davit) und die DeutscheAnwaltAkademie veranstalten am 26. und 27. April 2018 den 5. „Deutscher IT-Rechtstag“ in Berlin. Die Veranstaltung widmet sich in Vorträgen und Workshops verschiedenen Fragen wie etwa dem Bundestrojaner, der DSGVO und weiteren Themen.
Mit dem IT-Rechtstag sprechen davit und DeutscheAnwaltAkademie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, IT-Rechts-Spezialistinnen und -Spezialisten, Juristen aus Unternehmen, Ministerien und Verbänden sowie IT-Verantwortliche an. Die Veranstaltung schafft die Möglichkeit, sich zum fachlichen Austausch rund um das Informationstechnologierecht zusammenfinden. Der 5. Deutsche IT-Rechtstag wird von einschlägigen Zeitschriften der Verlage Dr. Otto Schmidt und C.H. Beck unterstützt. Als Moderatoren sind wie gewohnt Rechtsanwältin Dr. Astrid Auer-Reinsdorff (davit) und Rechtsanwalt Karsten U. Bartels (davit) dabei. Der IT-Rechtstag startet am Donnerstag, den 26. April 2018 um 13:00 Uhr. Auf der Themenliste stehen unter anderem Online-Durchsuchung und Quellen-TKÜ, Bundestrojaner, NetzDG sowie die Datenschutzgrundverordnung. Der zweite Tag bringt nach einem Vortrag von Rechtsanwalt Prof. Dr. Friedrich Graf von Westphalen zur Digital Charta zwei Workshops zum Thema Transparenzanforderung im E-Commerce und über Legal Tech. Der IT-Rechtstag endet nach zwei Programmpunkten zu digitalen Assistenten um 17:00 Uhr.
Der 5. IT-Rechtstag findet vom 26. April 2018 ab 13:00 Uhr bis Freitag, den 27. April 2018 um 17:00 Uhr im Steigenberger Hotel am Kanzleramt, Ella-Trebe-Straße 5 in 10557 Berlin, statt. Die Teilnahme kostet für Mitglieder der AG IT-Recht und dem Forum Junge Anwälte EUR 450,00; Nichtmitglieder zahlen EUR 505,00 – jeweils zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer. Die Teilnahme am 5. IT-Rechtstag umfasst 10 Vortragsstunden.
Weitere Informationen und Anmeldung unter:
> http://www.domain-recht.de/verweis/1784
Quelle: davit.de, eigene Recherche