Websperren

Russland klemmt mit Sperrung von »t.co« auch große Player ab

Während man in Deutschland Netz-Sperren wieder hervorkramt, erlebt Russland die negative Seite dieser Maßnahme: beim Versuch, den Microblogging-Dienst Twitter und den Zugriff auf dessen Domain t.co zu drosseln, kam es bei zahlreichen anderen Domains wie microsoft.com und reddit.com zu Kollateralschäden.

Anfang März 2021 hatte der Föderale Dienst für die Aufsicht im Bereich der Informationstechnologie und Massenkommunikation (kurz: Roskomnadsor), die russische Regulierungs-, Aufsichtsund Zensurbehörde für Massenmedien, Telekommunikation und Datenschutz, die Geschwindigkeit gedrosselt, mit der die russischen Internetnutzer auf Twitter zugreifen konnten. Begründet wurde die Maßnahme mit dem Schutz der eigenen Bevölkerung, offenbar weil sich Twitter zuvor geweigert hatte, mehr als 3.000 Posts zu entfernen, die Roskomnadsor für rechtswidrig hielt; so sollen unter anderem in 2.569 Fällen mediale Inhalte abrufbar gewesen sein, die minderjährige Personen zum Selbstmord aufrufen, 450 Fälle von Kinderpornograhpie und zudem 149 Fälle, die sich mit dem Konsum von Betäubungsmitteln befassen. Twitter wird in Russland jedoch unter anderem auch von politischen Oppositionellen genutzt, um Informationen auszutauschen. Die Reduzierung der Zugriffsgeschwindkeit vor allem über Mobiltelefone sollte diesen Austausch erschweren; arstechnica.com etwa meldet eine Drosselung von 94,825 Mbit/s auf 0,093 Mbit/s.

Allerdings schoß Roskomnadsor dabei versehentlich über das gewünschte Ziel hinaus. Die Behörde verpflichtet alle russischen Internet Service Provider, eine Hardware zu verbauen, die es ermöglicht, per »Deep Packet Inspection« Datenpakete zu überwachen und zu filtern. Sie erlaubt einen »massive overkill«, also das Sperren von Zugriffsmöglichkeiten weit über das eigentliche Ziel hinaus. Im Fall von Twitter wurde dabei eine so genannte Teergrube (engl. Tarpit) eingesetzt. Der Client baut dabei eine Verbindung zum Server auf, die dieser entgegennimmt; die Verbindung wird vom Server jedoch massiv verzögert bearbeitet, die Antwortdaten tröpfeln nur sehr langsam über die Leitung. Einer der betroffenen Domain-Namen war dabei t.co, der von Twitter zum Kürzen von Links eingesetzt wird. Diese Drosselung der Domain t.co führte aber dazu, dass auch zahlreiche andere Domains mit dieser Zeichenkette betroffen wurden; dazu gehörten microsoft.com, reddit.com und sogar das staatliche Nachrichtenangebot rt.com.

Beseitigt wurde der Fehler erst nach vier Tagen, die Twitter-Domain t.co soll aber nach wie vor nur mit Einschränkungen genutzt werden können. Bisher unklar ist, warum selbst scheinbar unverdächtige Domains wie kremlin.ru ebenfalls vorübergehend mit massiven Geschwindigkeitseinbrüchen zu kämpfen hatten. In jedem Fall gibt sich Roskomnadsor kämpferisch; sollten illegale Inhalte nicht entfernt werden, will die Staatsbehörde auch gegen Facebook, Instagram, TikTok, YouTube und Telegram vorgehen.

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