Domain-Sperren

CUII blockt weiterhin unberechtigt Webseiten

Die »Clearingstelle Urheberrecht im Internet« (CUII) handelt bei der (Ent-)Sperrung von Domain-Namen weiter wenig sorgfältig: wie die Blogger von netzpolitik.org berichten, waren einzelne Domains jahrelang unberechtigt gesperrt.

Seit 2021 ist die CUII auf Betreiben von Internetzugangsprovidern und Rechteinhabern bemüht, »strukturell urheberrechtsverletzende Webseiten« (SUW) zu bekämpfen. Darunter versteht man Webseiten, deren Geschäftsmodell auf massenhafte Urheberrechtsverletzungen ausgerichtet ist. Entdeckt die CUII eine solche Website oder wird sie ihr gemeldet, kann sie diese auch ohne vorherige gerichtliche Überprüfung mittels DNS-Sperre sperren. Dabei wird die Zuordnung zwischen dem in die Browserzeile eingegebenen Domain-Namen und der IP-Adresse auf dem DNS-Server des Access-Providers verhindert, so dass die Domain nicht mehr zur entsprechenden Internetseite führt; die Inhalte selbst bleiben unter der IP-Adresse aber weiterhin erreichbar. Eine Liste der auf diese Weise gesperrten Domains wird nach Angaben der CUII auf deren Website veröffentlicht; ein Schüler, der sich selbst »Damian« nennt, hat aber bereits 2024 aufgedeckt, dass die veröffentlichte Liste unvollständig ist und nicht regelmäßig gepflegt wird; ein Drittel der Domains war zum Zeitpunkt seiner Recherchen zu Unrecht gesperrt, weil über die damit verbundene Website keine Urheberrechte verletzt wurden. Erst nachdem er über netzpolitik.org öffentlich Druck aufbaute, wurden zahlreiche Sperren aufgehoben.

Zu einer sorgfältigeren Prüfung der gesperrten Domain-Namen scheint das aber nicht geführt zu haben. Wie netzpolitik.org meldet, empfahl die CUII den in ihr vertretenen Providern am 19. Dezember 2024, die Domains libgen.rocks und library.lol zu sperren. Laut archive.org habe aber zumindest library.lol, als die Seite noch online war, lediglich auf alternative Domains aus dem Libgen-Umfeld verwiesen. Zuvor war „Damian“ auf die Domain serien.sx aufmerksam geworden; erst auf seinen Hinweis hin wurde die Domain wieder entsperrt. Die CUII-Geschäftsstelle schreibt auf netzpolitik.org-Anfrage:

In der Praxis der CUII ist es in mehr als 200 Fällen zur Aufhebung von Sperren gekommen, weil hinreichend sicher war, dass die Domains nicht mehr für das kriminelle Geschäftsmodell genutzt werden. In allen Fällen erfolgte die Aufhebung der DNS-Sperren durch die CUII-Zugangsanbieter unverzüglich und fehlerfrei.

Diese Ansicht teilt »Damian« nicht; die CUII habe gar nicht mitbekommen, dass die zur Sperrung empfohlenen Domains libgen.rocks und library.lol nicht mehr online waren. Dabei sieht der Verhaltenskodex der CUII ein Monitoring gesperrter Seiten ausdrücklich vor. Wörtlich heißt es:

Die Rechteinhaber, die selbst oder deren Mitglieder den Antrag auf Umsetzung einer DNS-Sperre gestellt haben, überwachen mit geeigneten Maßnahmen die betreffenden SUW, für die DNS-Sperren auf der Grundlage dieses Verhaltenskodex umgesetzt wurden, daraufhin, ob die Voraussetzungen gemäß Ziffer 6 a weiter vorliegen. Liegen die Voraussetzungen nicht mehr vor, teilen der bzw. die Rechteinhaber der Clearingstelle mit, dass die DNS-Sperre entfallen kann.

Allgemein ist die Zahl der gesperrten Domains in letzter Zeit stark gestiegen, und das aus unterschiedlichen Gründen. So hat die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) die fünf größten deutschen Internetprovider bereits Ende 2024 angewiesen, eine Website wegen »extremistisch-propagandistischer Inhalte« zu sperren; zudem hat die Behörde zahlreiche weitere Domains zu Erwachseneninhalten sperren lassen, weil die Anbieter den Jugendschutz nicht ernst genug nehmen sollen. Auf Betreiben der Bundesnetzagentur sind zudem 56 Domains gesperrt, weil die Seitenbetreiber unter die Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland fallen. Die Zeiten des Gesetzes zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen (Zugangserschwerungsgesetz), das den Zugang allein zu Webseiten mit pornographischer Darstellung sexueller Handlungen von und an Kindern erschweren sollte, sind jedenfalls vorbei – und wurden überholt. Aber auch damals galt, was noch heute gilt: die Domains mögen gesperrt sein, die Inhalte sind oft – und sei es über Umwege – dennoch erreichbar.

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