Die vom eco – Verband der Internetwirtschaft eV ins Leben gerufene Initiative »topDNS« plädiert in einem neuen Erklärvideo dafür, Domain-Sperren nur in Ausnahmefällen einzusetzen. Stattdessen soll der Grundsatz des »Löschen statt Sperren« verstärkt umgesetzt werden.
Anfang des Jahres 2022 haben sich auf Betreiben von eco unter der Bezeichnung »topDNS« weltweit führende Registries, Registrare und Hosting-Provider zusammengeschlossen, um den Missbrauch des Domain Name Systems (»DNS Abuse«) zu bekämpfen. Zu den Mitgliedern zählen unter anderem die .com- und .net-Registry VeriSign, die .org-Verwalterin Public Interest Registry (PIR), die sowohl als Registry als auch als Registrar tätige CentralNic Group PLC und einige größere Domain-Registrare. Ihr Ziel ist es, einen stabilen und sicheren Betrieb des DNS zu gewährleisten, einschließlich der Förderung bestehender Aktivitäten zur Bekämpfung von DNS-Missbrauch und Aufklärung darüber, welche Maßnahmen effektiv und angemessen sind. Die Praxis sieht sich dabei zunehmend Domain-Sperren ausgesetzt, wie sie etwa die »Clearingstelle Urheberrecht im Internet« (CUII) einsetzt. Eine Sperre erfolgt, wenn die Clearingstelle das empfiehlt und die Bundesnetzagentur unter den Maßgaben der EU-Netzneutralitätsverordnung keine Bedenken hat; sie verhindert die Zuordnung einer Domain zu einer IP-Adresse und somit den direkten Zugang zu einer Webseite. Doch derartige Sperren sind aus Sicht von eco ein Unding. Im Falle von Rechtsverletzungen die Domain einer Website zu sperren, über die ein missbräuchliches Angebot erreichbar sei, sei so, als würde man den Haupteingang eines Hotels schließen, weil ein Dieb gemeldet wurde. Das Hotel und die ehrlichen Gäste stünden dumm da – und der Dieb wäre nicht unschädlich gemacht.
Domain-Sperren bieten damit häufig nur eine sehr kurzfristige Abhilfe anstatt einer nachhaltigen Lösung und gefährden die Rechtssicherheit für Internet-Infrastrukturanbieter, wie das neue Erklärvideo von eco und der topDNS-Initiative anschaulich zeigt. So ist zwar bei einer Domain-Sperre die Domain gesperrt, das rechtswidrige Angebot aber nicht gelöscht und über die IP-Adresse oder alternative Domain-Namen weiterhin erreichbar. Domain-Abschaltungen sind damit kein wirksames Mittel im Kampf gegen illegale Internetinhalte, da diese nicht nachhaltig gelöscht werden. Gleichzeitig kann der Schaden, der durch die Domain-Sperre entsteht, schnell sehr groß werden, etwa wenn ein einzelnes gefälschtes Produkt dazu führt, dass ein Online-Marktplatz nicht mehr erreichbar ist; auch eMails oder andere Dienste, die mit einer Domain verbunden sind, könnten nicht mehr funktionieren. Ein weiteres Problem besteht in der Verantwortlichkeit und Haftung für die Abschaltung von Domains, da diese etwa im Fall der CUII von privatwirtschaftlichen Internet-Infrastrukturunternehmen ohne vorherige juristische Prüfung durchgeführt werden sollen. Unternehmen haben meist aber weder die Ressourcen noch die juristische Befugnis, solche Entscheidungen zu treffen; willkürliche und teils unberechtigte Abschaltungen wären eine mögliche Folge. Insbesondere bei einer fluiden Ressource wie dem Internet, die von vielen Akteuren über Landesgrenzen hinweg genutzt wird, müsse nach Ansicht von eco die Zuständigkeit für den Umgang mit rechtswidrigen Inhalten bei den jeweiligen Strafverfolgungsbehörden liegen, die über die entsprechende Expertise und Autorität verfügen. Für die Unterscheidung zwischen Recht und Unrecht seien Gerichte zuständig, die von Polizei und anderen Ermittlern unterstützt werden.
Rechtsstaatliche Prozesse sollte man auch im DNS nicht den Registries und Registraren überlassen, die dazu weder qualifiziert noch berechtigt sind, wie es in dem Video heißt. Thomas Rickert, Director Names & Numbers beim eco, ergänzt:
Der eco Verband plädiert daher dafür, dass Domainsperren nur in Ausnahmefällen erfolgen sollten. In einem freien und sicheren Internet müssen Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, wie in der Offline-Welt, um jeden Preis geschützt werden. Illegale Online-Inhalte müssen nach dem Grundsatz »Löschen statt Sperren« von zuständigen Strafverfolgungsbehörden an der Quelle unschädlich gemacht und die Verantwortlichen strafrechtlich verfolgt werden. Genau dafür macht sich die eco topDNS-Initiative gemeinsam mit ihren Mitgliedern stark.