WSIS

Tauziehen um die Macht im Netz

Wenige Wochen vor dem Weltgipfel der Informationsgesellschaft (WSIS), der vom 16. bis 18. November 2005 in Tunis (Tunesien) stattfinden wird, scheinen sich die Fronten zu verhärten. Zwar will US-Präsident Bush anlässlich eines Treffens mit EU-Kommissionspräsident Barroso über die Zukunft der Internetverwaltung diskutieren; die USA stellten jedoch schon zuvor klar, auch weiterhin die Kontrolle behalten zu wollen.

Im Kern der Auseinandersetzung steht nichts weniger als die Zukunft des Internets, einschliesslich der Verwaltung des Domain Name Systems und des IP-Adressing. Während die USA die bisherige Verwaltung durch ICANN beibehalten wollen und damit über das Handelsministerium weiterhin unmittelbar Einfluss nehmen können, plädieren die Vereinten Nationen (UN) für eine Ablösung zugunsten eines multinationalen Gremiums, welches die Verwaltung des Internets in die Hände der Regierungen legen will. Mit leichtem Entsetzen mussten die USA verfolgen, dass in den vergangenen Tagen die EU-Kommission entsprechende Bestrebungen aus Brasilien, Russland und dem Iran ausdrücklich begrüsste; nicht wenige US-Medien sprachen gar von der drohenden Spaltung des Internets. Inzwischen rudert die EU etwas zurück. EU-Kommissionssprecher Martin Selmayr sprach gegenüber der Presse offiziell von „neuem Kooperationsmodell“, das man suchen und finden wolle. Inhaltlich gäbe es mit den USA weitgehend Übereinstimmung in fundamentalen Prinzipien; so solle die Verwaltung mehr in den Händen Privater als in jenen von Regierungen liegen. Das derzeitige Modell ICANN beschrieb er als sehr effizient.

Die USA scheinen indes wenig gewillt, von ihrer Position abzurücken. Der US-Senat bekräftigte mit einer Vorlage die Unterstützung für Präsident Bush. Sollte die Verwaltung des World Wide Web und insbesondere der Root Server auf Bürokraten übergehen, werde das Internet zu einem Instrument der Zensur sowie politischen Unterdrückung. Die britische Domain-Verwaltung Nominet sprach sich etwas überraschend für einen vermittelnden Vorschlag aus Argentinien aus. Nach Angaben von Nominet-Justitiarin Emily Taylor sieht man wenig Anlass zu Änderung am derzeitigen Modell; ergänzend sollte jedoch ein weltweites Forum geschaffen werden, an dem sowohl Regierungen als auch Unternehmen und internationale Organisationen teilhaben. Der spöttisch als „teuersten Debattierclub der Welt“ bezeichneten UN käme man bei diesem Modell jedenfalls inhaltlich sehr nahe. Letztlich bleibt das Internet jedoch zu wichtig, um es zum Spielball einzelner Regierungen werden zu lassen.

Im Vorfeld des WSIS-Gipfel hat die WGIG die anstehenden Probleme erörtert und in einem Abschlussbericht zusammengefasst.

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