E-Government

Internetzukunftserklärung der EU, USA und weiterer Staaten in der Kritik

Gut gedacht, aber nicht unbedingt gut gemacht: Wolfgang Kleinwächter, emeritierter Professor für Internet-Politik und Regulierung an der Universität Aarhus hat die politische Erklärung zur Zukunft des Internets in einem Artikel unter circleid.com kritisch gewürdigt.

Am 28. April 2022 haben die Europäische Union, die USA und aktuell über 60 weitere internationale Partner die Declaration for the Future of the Internet verabschiedet. Die von den USA initiierte Erklärung zur Zukunft des Internets ist eine politische und damit rechtlich unverbindliche Erklärung, in der die Vertragsparteien ihr Engagement für den Schutz und die Achtung der Menschenrechte im Internet sowie in der gesamten digitalen Welt bekräftigen. Gestützt wird sie auf fünf Prinzipien, nämlich »Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms«, »A Global Internet«, »Inclusive and Affordable Access to the Internet«, »Trust in the Digital Ecosystem« und »Multistakeholder Internet Governance«, wobei jedes dieser Prinzipen in verschiedene Unterpunkte untergliedert ist. Für Kleinwächter sind diese Vorgaben als To-Do-Liste für Politiker, Unternehmer, Entwickler und Nutzer der Cyberwelt zu verstehen, jedoch auch als Hinweis, was sie nicht tun sollen:

cybercrime, disinformation, Internet shutdowns, censorship, surveillance, etc.

Frei von Problemen ist die Declaration nach Einschätzung Kleinwächter aber nicht. So sei sie ausschließlich von Regierungen unterzeichnet, beziehe sich jedoch auf das Multistakeholder-Modell der Netzverwaltung:

How credible is the support for the multistakeholder approach in the global governance of the Internet if key stakeholders are excluded from drafting such a document?

Zugleich erinnert er daran, dass die Erklärung zwar von über 60 Regierungen unterstützt werde; die UN hätten aber 193 Mitglieder, so dass noch viel Raum für Verbesserungen bestehe. Länder wie Indien, Brasilien, Südafrika, die Türkei und Singapur zögern mit einer Unterschrift. Dabei sei es wenig hilfreich, dass es bisher kein förmliches Verfahren gäbe, wie man sich der Erklärung anschließen könne. »Procedurally, this document is no masterpiece«, so Kleinwächter. Das Kernproblem sieht Kleinwächter aber darin, die globale Natur des Internets zu bewahren. Die Tatsache, dass jedermann mit jedem weltweit kommunizieren könne, sei ein riesiger Erfolg, der zunehmend bedroht werde. China habe eine digitale Firewall, Russland 2019 ein Gesetz verabschiedet, das es erlaube, die Verbindung zum globalen Netz zu trennen, autoritäre Länder vom Iran bis hin zu Saudi-Arabien würden das Netz zunehmend staatlich kontrollieren – in alldem befürchtet Kleinwächter eine Entwicklung zu einem »Splinternet«. Es gehe jetzt darum, die Ziele dieser Erklärung umzusetzen, denn eines ist klar:

Well-intentioned is far from being well-done.

Kleinwächter steht mit seinen Bedenken nicht allein. Fiona Alexander und der US-Jurist David J. Redl, unter Donald Trump Assistant Secretary der dem US-Wirtschaftsministerium unterstellten National Telecommunications and Information Administration (NTIA), bemängeln in einem Meinungsartikel für die Online-Zeitung The Hill auch die fehlende Partizipation der Öffentlichkeit. Alexander und Redl meinen

The declaration claims to stand for a commitment to ensuring democratic principles online, but the lack of transparency and engagement used throughout its development proclaims the opposite.

Zugleich kritisieren sie aber auch die Bürokraten der EU, die zum Beispiel durch das in Vorbereitung befindliche Gesetz über digitale Dienste ihre Werte dem gesamten Internet auferlegen wollen. Die USA sollten daher nun erst recht darauf setzen, ihre Bemühungen um Transparenz, Kooperation und »bottom-up policymaking« zu intensivieren. Sie schließen mit den Worten:

For the future of the internet, let’s hope this closed-door chapter of internet governance is an aberration.

(UpDate am 18.05.2022: Ergänzungen am Ende des Artikels.)

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