Internet Governance

Kritik an der UN-Initiative zur Regelung des Internet der Zukunft

Die Diskussion um »Internet Governance« erhält durch die UN-Initiative »Global Digital Compact« (GDC) neues Futter: eine US-amerikanische Denkfabrik warnt davor, dass sie die Position der Volksrepublik China zu Lasten der USA und der westlichen Partner stärken könnte.

Im September 2021 hat António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), die »Common Agenda« vorgestellt. Sie skizziert eine Zukunftsvision, die auf Multilateralismus, internationaler Zusammenarbeit und globaler Solidarität basiert und ein breites Themenfeld wie Klimawandel, Ungleichheit, digitale Zusammenarbeit, Menschenrechte, Frieden und Sicherheit, Global Governance und nachhaltige Entwicklung abdeckt. Teil der Agenda ist die »Global Digital Compact«-Initiative, die beim Zukunftsgipfel im September 2024 verabschiedet werden soll; sie soll gemeinsame Grundsätze für eine offene, freie und sichere digitale Zukunft für alle umreißen, darunter die Vermeidung der Fragmentierung des Internets, die Möglichkeit für die Menschen, über die Verwendung ihrer Daten zu entscheiden, die Anwendung der Menschenrechte im Internet und die Förderung eines vertrauenswürdigen Internets durch die Einführung von Kriterien für die Rechenschaftspflicht bei Diskriminierung und irreführenden Inhalten. Dabei sollen die Vereinten Nationen, nationale Regierungen, der Privatsektor und die Zivilgesellschaft zusammenwirken, um einen »multi-stakeholder digital technology track« zu entwickeln. Das erinnert nicht von ungefähr an das Multistakeholder-Modell der Internet-Verwaltung, wie es aktuell durch ICANN praktiziert wird.

Doch nach Ansicht von Justin Sherman und Konstantinos Komaitis von der US-Denkfabrik »Atlantic Council« kommt die Initiative zu einem besorgniserregenden Zeitpunkt für die USA und ihre Verbündeten – und zu einem günstigen Zeitpunkt für China. Immer mehr Länder würden Diskussionen über »Cyber-Souveränität« oder Gespräche darüber führen, wo, wann und wie der staatliche Einfluss oder die Kontrolle über das Internet erhöht werden kann. Und nun würde auch noch die UNO offiziell den Dialog darüber eröffnen, wie das Internet der Zukunft geregelt werden soll. Das biete China eine Steilvorlage. So fordere China, dass Staaten die Cyber-Souveränität anderer respektieren sollen, sowie das Recht, eigenen Wege der digitalen Entwicklung im Lichte ihrer eigenen nationalen Bedingungen unabhängig zu wählen. Den USA und ihren Partnern fehle es hingehen an einer klaren Vision. Der Bedarf an einer konkreten und positiven Vision werde aber umso dringlicher durch das Fehlen eines US-Datenschutzregimes und Europas führende Rolle bei der Internetregulierung. Es liege an den politischen Entscheidungsträgern in Washington und Brüssel, eine präzisere Vision für die Zukunft des Internets zu formulieren, die über vage Forderungen nach Demokratie und einem rechtsbasierten Ansatz hinausgeht. Eine Konzentration auf spezifische Themen wie Datenschutz, Cybersicherheit und die Begrenzung staatlicher Überwachung würde ein klareres Bild zeichnen.

Von der Bundesregierung ist in Sachen GDC bisher wenig zu erfahren. Auf eine »Kleine Anfrage« der CDU/CSU-Fraktion, wie und mit welchen Vorhaben die Bundesregierung die Erarbeitung des GDC unterstützen wird, teilte die Bundesregierung lediglich mit, dass man aufbauend auf die bisherige Unterstützung der GDC-Vorbereitungen (unter anderem durch von Deutschland geförderte Regionalkonsultationen in Kenia, Mexiko und Indien) die Textverhandlungen eng begleiten werde. Diese beginnen voraussichtlich mit zwischenstaatlichen Verhandlungen im September 2023 bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Die Bundesregierung werde dabei einen Schwerpunkt auf die Themen Gleichstellung der Geschlechter und KI sowie den Online-Schutz der Menschenrechte legen, ohne den Beitrag der Digitalwirtschaft an der Erreichung der globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 zu vernachlässigen. Die deutsche Entwicklungspolitik setze sich im Einklang mit dem GDS für eine »offene, freie und sichere digitale Zukunft für alle« ein. Ferner setze die Bundesregierung Schwerpunkte bei der Förderung der Gleichstellung der Geschlechter (Gender Mainstreaming) und im Bereich der Chancen und Grenzen von Daten und KI.

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