WSIS

Poker um die Internet-Vorherrschaft

Die 2. Phase des Weltgipfel der Informationsgesellschaft (WSIS) rückt immer näher. Die für die Zukunft des Internets bedeutsame Veranstaltung findet vom 16. bis 18. November 2005 in Tunis (Tunesien) statt. Dort werden wahrscheinlich die Weichen für die Zukunft der Organisation des Internets und die Einflussnahmen von Regierungen und Interessengruppen gestellt.

Die Agenda ist sehr übersichtlich und weist nur 14 Punkte auf, von denen die meisten administrativer Art sind: So wird etwa nach der Eröffnung erst einmal ein Präsident für die Veranstaltung gewählt, dann die Agenda übernommen, eine kleine Korrektur der Regel 7 der Verfahrensregeln vorgenommen und andere wichtige Mitarbeiter (Officers) benannt. So hat man schon fünf Punkte der Agenda abgearbeitet. Die Dinge, die wirklich interessant sind, werden vorsichtig mit Begriffen wie „General debate“ und „Round tables and the High-level panel“ umschrieben.

Worum es bei der Debatte und den Tischgesprächen geht, ist von eminenter Bedeutung. Im 24-seitigen Abschlussbericht vom Juni 2005 der anlässlich der 1. Phase des WSIS im Dezember 2003 in Genf gegründeten „Working Group on Internet Governance“ (WGIG) nimmt diese zur Zukunft des Internets im Hinblick auf den Gipfel in Tunis Stellung. Die WGIG stellt in dem Arbeitspapier mehrere Modelle für die Bildung oder eben gerade Nichtbildung einer Internet-Verwaltung vor, und gibt zum Abschluss Empfehlungen zu den einzelnen Bereichen und Aspekten des Internets, wie die Verwaltung des Domain Name Systems, das IP-Adressing, die Stabilität und Sicherheit des Internets, den Umgang mit Spam, der Meinungsfreiheit, der Datensicherheit und Rechte auf Privatsphäre und Vielsprachigkeit im Internet. Klar ist für die WGIG, dass der Einfluss auf das Internet nicht von einer Regierung alleine ausgehen darf. Das ist aber derzeit der Fall. Die USA üben über das Handelsministerium eine nicht zu unterschätzende Kontrolle auf ICANN aus.

Einige Stimmen in den Medien berichten von einer möglichen Spaltung des Internets. In einem Artikel im Guardian wird unter Verweis auf eine Äußerung von der EU-Kommissarin Viviane Reding kolportiert, wenn es in Tunis nicht zu einer einvernehmlichen Regelung käme, würden sich einige Länder wie China, Russland, Brasilien und andere ihr eigenes Internet basteln. Eine Möglichkeit, die bereits seit Jahren mit dem Open Root Server Network (ORSN) praktiziert wird und tatsächlich keinen schädlichen Einfluss auf das Internet im Ganzen hat. Dass sich diese Spaltung vollzieht, ist freilich abwegig. Das zeigt bereits der Umgang Chinas mit dem Internet. Dort wird das Internet massiv zensiert. Ob die scharfe Zensur, bei der alle in China aufgerufenen Internetseiten geprüft und teilweise nicht dargestellt werden, noch das eigentliche, derzeit von ICANN verwaltete Internet ist oder bereits ein eigenständiges, ist eine Frage der Interpretation.

In den anstehenden Gesprächen in Tunis stehen sich also verschiedene Interessengruppen gegenüber, die alle ihr Scherflein beitragen wollen, um Einfluss nicht nur auf die Verwaltung, sondern auch auf die Inhalte des Internets nehmen wollen. Im Hinblick darauf ist die WSIS wichtig und wahrscheinlich ausschlaggebend für die zukünftigen Entwicklungen. Besser, man beobachtet genau, was da vor sich geht.

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