Votum

EU-Parlament fordert Netzneutralität

Im Vorfeld einer Abstimmung im EU-Parlament hat sich der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie gegen ein regulatorisches Eingreifen im Bereich Netzneutralität ausgesprochen. Eine Projektgruppe des deutschen Bundestags konnte sich dagegen noch zu keiner Empfehlung durchringen.

Lange schien der Grundsatz, dass Daten gleichberechtigt über das Internet transportiert werden, unverrückbar. Doch spätesstens seit Sommer 2010 mehren sich die Angriffe: nach Google und Verizon forderte auch der US-amerikanische Telekommunikationsanbieter AT&T eine Priorisierung des Datenstroms und damit beispielsweise die bevorzugte Datenübertragung gegen eine entsprechende Zusatzvergütung. Damit war die Politik auf den Plan gerufen; so forderte etwa das EU-Parlament die EU-Kommission dazu auf, die grundsätzliche Neutralität und Offenheit des Internets zu wahren und die Möglichkeiten der Endnutzer zu begünstigen, was den Zugang zu Informationen und deren Verbreitung sowie die Nutzung von Anwendungen und Diensten ihrer Wahl betrifft. In einem sogenannten Entschließungsantrag hat der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie im EU-Parlament diese Forderung nun nochmals erneuert. Im Vorfeld der Tagung zum Thema „Offenes Internet und Netzneutralität in Europa“, die Parlament und Kommission am 11. November 2010 organisieren, wies man darauf hin, dass ausgehend von der derzeit vorliegenden Analyse kein eindeutiger Bedarf für ein zusätzliches regulatorisches Eingreifen im Bereich Netzneutralität besteht. Zugleich wies man auf mögliche Probleme hin, die bei einer Abweichung von der Netzneutralität einschließlich wettbewerbswidrigen Verhaltens, der Blockade von Innovationen, Einschränkungen der Meinungsfreiheit, mangelnden Verbraucherbewusstseins und Verletzungen der Privatsphäre auftreten können, und dass die mangelnde Netzneutralität sowohl den Unternehmen als auch den Verbrauchern und der Gesellschaft als Ganzes schadet.

Die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ im deutschen Bundestag lässt eine einheitliche Linie dagegen noch vermissen. Insbesondere bei der Frage, ob Netzneutralität gesetzlich festgeschrieben werden sollte, stritt man sich heftig. So hielten etwa Peter Tauber (CDU), Vorsitzender der Projektgruppe „Netzneutralität“, ebenso wie der FDP-Abgeordnete Jimmy Schulz die derzeitigen Instrumente für durchaus ausreichend; Martin Dörmann (SPD) wollte dagegen nicht nur auf die Bundesnetzagentur vertrauen, ohne konkretere Vorgaben zu machen. Dieser Einschätzung folgte auch die von der Links-Fraktion benannte Sachverständige Constanze Kurz (Chaos Computer Club), die auf eine „partielle Machtlosigkeit der Bundesnetzagentur“ im Mobilfunkmarkt verwies. Ebenfalls uneinig war man sich in der Frage, ob es zulässig sei, „traffic classes“ zu vergeben, ein Konzept, das als „differentiated services“ oder kurz Diff-Serv bekannt wurde. Allerdings ist insoweit bereits die Internet Engineering Task Force (IETF) aus technischen Gründen uneins, und hat sich bisher auf keine einheitliche Position verständigt.

Möglicherweise behält sich Bundeskanzlerin Angela Merkel ein Machtwort vor. In ihrem Video-Podcast vom 22. Oktober 2011 sagte Merkel zum Stichwort Netzneutralität: „Jeder Nutzer, egal was er verdient, welchen Bildungsgrad er hat, soll die Möglichkeit haben, den gleichen Zugang zum Internet zu bekommen. Es darf kein Internet erster und zweiter Klasse geben.“ Konkrete Regelungen oder Vorschläge blieb jedoch auch sie bisher schuldig.

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