Internet Governance

Wohin geht die Reise 2014?

Was bringt das Jahr 2014 in Sachen Internet Governance? Wolfgang Kleinwächter, Professor für »Internet Policy and Regulation« an der Universität Aarhus und Mitglied des ICANN Board of Directors, wagt einen Ausblick.

»Das Internet ist kaputt.« – vor dem Hintergrund der globalen Überwachungs- und Spionageaffäre rund um die US-amerikanische National Security Agency zog Internet-Ikone Sascha Lobo vergangene Woche in der »Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung« ein ernüchterndes Fazit. Für Kleinwächter gibt es dagegen drei Szenarien, wie sich das Internet künftig entwickeln könnte: im schlechtesten Fall zersplittert das Netz und wird renationalisiert. Immer mehr Staaten produzieren einen Teilabschnitt des nationalen Internets und entwickeln Regeln, diesen Abschnitt zu überwachen, zu zensieren und im Zugang zu regulieren. Läuft es günstig, erwartet uns Ende 2014 ein Internet mit mehr Sicherheit, mehr Freiheit, mehr Datenschutz und einer wachsenden Einbindung von Interessengruppen in einem globalen Ökosystem etwa durch das „Multi-Stakeholder“-Modell, wie es ICANN-Präsident Fadi Chehadé verlangt. Zwischen diesen beiden Szenarien sieht Kleinwächter einen Mittelweg: man „stolpert“ auch 2014 voran, wie der ehemalige US-Präsident Bill Clinton einst das Thema Internet Governance beschrieb, begleitet von heissen Debatten und kontroversen Vorschlägen ohne nennenswerte Ergebnisse. Für Kleinwächter ist dabei das Thema „Internet Governance“ der »Regenwald des 21. Jahrhunderts«: Auch der Regenwald kann weder regiert noch kontrolliert werden; man kann ihn allenfalls zerstören.

Um dieser Zerstörung entgegenzuwirken, gibt es drei verschiedene Ebenen und Veranstaltungen: auf Regierungsebene die »UNCSTD Working Group on Enhanced Cooperation (WGEC)«, die sich im Februar in Genf trifft, die »World Telecommunication Development« Conference (WTDC) der International Telecommunication Union im April 2014 und die UN-Vollversammlung im September 2014 in New York. Auf der zweiten Ebene stehen die »I-Star organizations«, also ICANN, IETF, IAB, ISOC und die fünf Regional Internet Registries RIPE NCC, ARIN, APNIC, LACNIC und AfriNIC. Auf dritter Ebene steht schließlich der Multistakeholder-Kanal, der auf Initiative von Fadi Chehadé vor allem mit dem »Global Multistakeholder Meeting on the Future of Internet Governance« im April 2014 in São Paulo auf sich aufmerksam machen wird. Für Kleinwächter wird São Paulo zum wegweisenden Meeting, das neue Standards setzen kann. Er erwartet eine Grundsatzerklärung zu den Prinzipien der Internet Governance und einen Fahrplan, welche Maßnahmen in den kommenden Jahren umgesetzt werden müssen. Dabei könnte auch die neu gegründete /1net-Initiative, die ein offenes Online-Forum betreibt und das »Multi-Stakeholder«-Modell fördern möchte, eine wichtige Rolle spielen. Für Professor Kleinwächter liegen damit alle Karten auf dem Tisch; nun muss man abwarten, wie sie ausgespielt werden.

Jedenfalls für ICANN bleibt »Internet Governance« 2014 neben der Einführung zahlreicher neuer Top Level Domains an der Spitze der Prioritätenliste. So rief die Internet-Verwaltung erst diese Woche wieder dazu auf, sich im Vorfeld des Treffens in São Paulo beispielsweise in einem von vier Komitees einzubringen. Die viel beschworene Internet Community hat es also mit in der eigenen Hand, Sascha Lobo zu widerlegen.

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