Internet-Governance

Frankreich listet die einflussreichsten Stakeholder des Internets

Wer glaubt, das Internet hätte lediglich eine technische Funktion, irrt: nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich gehört die Internet Governance längst zum Aufgabengebiet der Diplomatie. Ein aktueller Artikel des französischen Aussenministeriums geht dem auf dem Grund.

Zu den sperrigsten Fragen der Netzverwaltung gehört die Internet Governance. Das fängt schon damit an, dass der Begriff unklar ist, denn eine politische, gewählte oder eingesetzte Verwaltung kennt das Internet nicht. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) definiert sie als Maßnahmen, die den Zugang, die Stabilität und die Offenheit des Internets sicherstellen sollen. Denn trotz der grundsätzlich dezentralen Struktur des Internets müssen wesentliche Internetfunktionen verwaltet und begrenzte Internetressourcen effizient verteilt werden. Das betrifft sowohl technische Fragen wie die weltweite Vergabe von IP-Adressen und die Registrierung von Domain-Namen als auch andere Themen von grundsätzlicher Bedeutung, wie Datensicherheit, künstliche Intelligenz oder Netzneutralität. Um hier für Aufklärung zu sorgen, hat das französische Ministerium für Europa und Äußeres einen Artikel veröffentlicht, der sich mit den Herausforderungen der Internet Governance befasst. Zentraler Anknüpfungspunkt sind demnach die technischen Prinzipien und alle Körperschaften, in deren Händen das Internet beziehungsweise seine Verwaltung liegt.

Für zentral erachtet Frankreich drei technische Organisationen, nämlich ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers), die IETF (Internet Engineering Task Force) und ISOC (Internet Society). Sie kümmern sich um die Infrastruktur des Internets. Für nicht minder wichtig hält man in Frankreich aber auch private Unternehmen wie zum Beispiel Internet Service Provider und soziale Netzwerke. Dazu zählen die Franzosen auch den »Christchurch Call to Action«-Gipfel vom 15. Mai 2019, bei dem zahlreiche Länder und IT-Unternehmen zusammengebracht wurden, um »terrorist and violent extremist content« zu eliminieren. Ebenfalls wichtiger Teil der Internet Governance sind für Frankreich die Regierungen und Regierungsbehörden, wobei zu letzterem ausdrücklich die National Commission on Data Processing and Liberties (CNIL) gehört. Weitere Interessensgruppe ist die Zivilgesellschaft mit Nichtregierungsorganisation und Stiftungen an der Spitze. Das müssen nicht immer politische Organisationen sein, auch die Mozilla Foundation und die Wikimedia Foundation zählen dazu. Schließlich finden auch noch die internationalen Organisationen Erwähnung, wie das von der UN initiierte Internet Governance Forum (IFG), die eher technische International Telecommunication Union (ITU) sowie die World Trade Organization (WTO). Die Reihenfolge in der Aufzählung spiegelt dabei nicht deren Wichtigkeit wieder. Wer zum Vergleich auf die Website des BMWi schaut, wird mit ähnlichen Informationen versorgt und erfährt, dass sich die Bundesregierung bei der internationalen Diskussion zu Fragen der Internet Governance unter anderem im Rahmen des IGF, ICANN und dem World Summit on the Information Society (WSIS) einbringt.

Ingesamt erinnert die Mitteilung der französischen Diplomaten an eine Studiensammlung, die der britische »Think Tank« Chatham House und das US-Institut Centre for International Governance Innovation (CIGI) bereits vor geraumer Zeit in ausführlicherer Form veröffentlicht haben. Der 123-seitige Bericht Who Runs the Internet? The Global Multi-stakeholder Model of Internet Governance versucht in Aufsatzform, die verschiedenen Facetten der Netzverwaltung herauszuarbeiten. Wer das Internet verstehen will, tut gut daran, sich eingehend damit zu beschäftigen.

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