PIR

Der Verkauf der Internetendung .org ist endgültig abgeblasen

Der seit Monaten umstrittene Verkauf der .org-Verwalterin Public Interest Registry (PIR) ist offiziell beerdigt: am 12. Mai 2020 teilte PIR der Internet-Verwaltung ICANN mit, dass das »Equity Purchase Agreement« zwischen der Internet Society (ISOC) und dem Finanzinvestor Ethos Capital LLC im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst wurde.

Am 30. April 2020 hatte ICANN bekanntgegeben, dem »change of control« bei PIR und damit dem Verkauf von der ISOC an Ethos Capital zum Kaufpreis von US$ 1,135 Mrd., umgerechnet also ca. EUR 1,026 Mrd., die Zustimmung zu versagen und damit ein Erdbeben in der Domain Name Industry ausgelöst. Zur Begründung verwies ICANN auf gegenläufige Interessen der .org-Community, denen die geplante Transaktion nicht ausreichend Rechnung trug. Vor allem der Wechsel von einer gemeinnützigen zu einer gewinnorientierten Gesellschaft sowie Unsicherheiten beim geplanten »Stewardship Council« stießen ICANN übel auf. Der politische Druck des kalifornischen Attorney General Xavier Becerra, der im April 2020 vor allem die fehlende Transparenz der Transaktion kritisiert hatte, dürfte ihr übriges dazu beigetragen haben. Allgemein war daraufhin damit gerechnet worden, dass sich eine langwierige juristische Auseinandersetzung anschließt.

Doch dazu kommt es nun überraschender Weise doch nicht. Am 12. Mai 2020 wandte sich Jon Nevett, President und CEO von PIR, an ICANN und teilte mit:

We write to inform ICANN that the Equity Purchase Agreement, which we previously provided to you, has been mutually terminated by the parties and the Transaction will not be consummated. Accordingly, PIR no longer is pursuing a change of control under Section 7.5 of the Registry Agreement.

Eine kleine Hintertür für juristische Scharmützel ließ sich Nevett zunächst offen und wollte lediglich Beschwerdeverfahren eines »request for reconsideration« oder jede andere Maßnahme zur Wiederbelebung der Transaktion ausschließen. Doch auch davon scheint sich PIR verabschiedet zu haben; in einer weiteren Stellungnahme heißt es:

In short, the door is closed on a sale of PIR to Ethos, and ISOC has announced that PIR is not for sale.

Auch einen Verkauf an einen anderen Interessenten als Ethos Capital schloß Nevett aus; das sei wegen des aktuellen Registry-Agreements zwischen PIR und ICANN eine vertragliche Unmöglichkeit.

Unterdessen wurde bekannt, dass sich das ICANN Board of Directors mit seiner ablehnenden Entscheidung schwerer tat als bisher verkündet. In einer Pressemitteilung hatte ICANN ausdrücklich betont: »The entire Board stands by this decision.« Wer daraus jedoch den Schluss ziehen möchte, dass die Entscheidung einstimmig gefallen ist, irrt. Aus einem Protokoll der Sitzung geht hervor, dass 13 Mitglieder für eine Versagung stimmten; Avri Doria (Technicalities) und der Serbe Danko Jevtović stimmten gegen eine Zurückweisung, gemeinsam mit Ihab Osman (U.S.-Sudan Business Council) wollten sie PIR zudem eine weitere Gelegenheit einräumen. Die Juristin Sarah Deutsch enthielt sich außerdem, offenbar weil sie Angehörige der Electronic Frontier Foundation (EFF) ist, die im Vorfeld vehement gegen die Transaktion protestiert hatte.

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