AfriNIC

Der Weg für die Vorstandswahlen wurde frei geräumt

Die Internet-Verwaltung ICANN hat sich in die Vorstandswahlen beim skandalumwitterten African Network Information Centre (AfriNIC) eingeschaltet: Trotz eines gerichtlichen Eilantrages sollen die Wahlen wie geplant stattfinden.

Seit dem Jahr 2020 befindet sich AfriNIC in einer existenzbedrohenden Situation, nachdem man im Streit um die Vergabe von IP-Adressen im begehrten Format IPv4 in eine juristische Auseinandersetzung mit der auf den Seychellen ansässigen Cloud Innovation Ltd. (CI) geraten war. Zur Auflösung dieser Situation hat der Oberste Gerichtshof von Mauritius am 12. Februar 2025 Gowtamsingh Dabee von der Kanzlei GD Riches zum Insolvenzverwalter von AfriNIC ernannt. Dabee wurde angewiesen, bis zum 23. Juni 2025 Wahlen zur Neubestellung des AfriNIC-Vorstands zu planen und durchzuführen. Nach einer »nomination period« im Mai 2025 hat die elektronische Abstimmung bereits am 18. Juni 2025 begonnen; zudem soll am 23. Juni 2025 eine persönliche Abstimmung im Hennessy Park Hotel auf Mauritius stattfinden. Von den ursprünglich insgesamt 58 Nominierten sind 41 Wahlkandidaten übriggeblieben; acht davon sollen letztlich das künftige AfriNIC Board of Directors bilden. Doch der Weg dahin bleibt steinig. So hat zunächst die Tanzania Internet Service Providers Association (TISPA) versucht, vor dem Supreme Court of Mauritius (Commercial Division, Az. SC/COM/WRT/000435/2025) im Wege der einstweiligen Verfügung eine Verlegung der Wahlen zu erwirken; der Verband sah die Einhaltung eines ordnungsgemäßen Verfahrens nicht gewährleistet. Nach einem Zwischenerfolg für TISPA hat der Supreme Court den Antrag mittlerweile aber zurückgewiesen.

Den gleichen Weg wie TISPA ist auch ICANN gegangen. Wie die Internet-Verwaltung mitteilt, hat man sich auf Grundlage von Section 210 des Insolvency Act 2009 am 19. Juni 2025 an den Supreme Court gewandt, um ein zügiges, faires und transparentes Wahlverfahren sicherzustellen, das Stabilität und Vertrauen in die Geschäftsleitung von AfriNIC wieder herstellen sollte. Insbesondere sollte der Insolvenzverwalter den AfriNIC-Mitgliedern vollständige Transparenz im Hinblick auf den Eintrag eines Mitglieds – nämlich CI – in die Akte der Abteilung für Unternehmens- und Geschäftsregistrierung von Mauritius verschaffen, das Nomination Committee für seine verbleibenden Aufgaben neu besetzen und eine öffentliche Dokumentation und Bewertung der Abhilfemaßnahmen bereitstellen, die zur Abmilderung negativer Auswirkungen auf die Wahl erforderlich sind. Der Ausgang des Verfahrens lässt sich allerdings nur mit viel Wohlwollen wie in einer Pressemitteilung mit der Überschrift »ICANN Obtains Successful Court Ruling« bezeichnen, denn juristisch ist ICANN bereits aus formalen Gründen gescheitert. In einem Communiqué on behalf of Afrinic and its Receiver teilen AfriNIC und der Insolvenzverwalter gemeinsam mit, dass ICANN schon gar nicht klagebefugt („locus standi“) sei, denn ICANN ist kein AfriNIC-Mitglied. Gleichwohl verpflichtete sich der Insolvenzverwalter, eine Mitteilung herauszugeben, in der er die Mitglieder über eine fehlerhafte Registrierung von CI als eingetragenes AfriNIC-Mitglied informiert. Das wiederum beruht auf einem Fehler der Behörden auf Mauritius und war AfriNIC nicht anzulasten. So ganz zeigte sich ICANN daher auch nicht zufrieden und erklärte:

While the Court’s ruling addresses key aspects of membership clarity, ICANN remains concerned about the overall integrity of the election process.

Damit können die Vorstandswahlen bei AfriNIC nach derzeitigem Stand wie geplant stattfinden. Das Ergebnis stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest, zudem sind Anfechtungen der Wahl nicht ausgeschlossen, sondern wahrscheinlich. Umso wichtiger könnte das »RIR Governance Document« werden, das die vier RIRs und ihr Spitzengremium, die Number Resource Organisation (NRO), entwickeln. Der Entwurf verlangt, dass alle RIRs

den laufenden Betrieb und die Stabilität des Internet Number Registry Systems sicherstellen und nicht in einer Weise arbeiten oder versagen, die diese Stabilität gefährdet;

ferner soll ausdrücklich festgeschrieben werden, dass jede RIR finanziell stabil und abhängig sein muss sowie auf gemeinnütziger Basis arbeitet. Formal beschlossen wurde das Dokument bisher nicht.

UpDate (26.06.2025): In einer aktuellen Meldung bei AfriNIC erklärt Dabee:

[…], I have made the necessary decision to forthwith annul the current election process.

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