Ethos Capital

ICANN lässt .org-Deal platzen

Der .org-Deal ist vorläufig geplatzt: am 30. April 2020 teilte die Internet-Verwaltung ICANN mit, dem »change of control« bei der .org-Verwalterin Public Interest Registry (PIR) und damit einem Verkauf von der Internet Society (ISOC) an den Finanzinvestor Ethos Capital die Zustimmung zu versagen.

Am 14. November 2019 hatte sich PIR mit einer »Notice of Indirect Change of Control and Entity Conversion« an ICANN gewandt und damit eine Welle der Empörung rund um den Globus ausgelöst. Vor allem die Streichung der Gebührendeckelung (»price caps«) zusammen mit dem Wechsel von einer gemeinnützigen hin zu einer gewinnorientierten Registry veranlasste zu der Befürchtung, dass .org seinem ursprünglichen Zweck als Top Level Domain für nichtkommerzielle Organisationen bei einem Verkauf an einen Finanzinvestor nicht mehr gerecht wird. In der Folge versuchte Ethos Capital, zum Beispiel durch freiwillige Preisbeschränkungen für Zustimmung zu sorgen. Nach dem der kalifornische Attorney General Xavier Becerra aber im April 2020 vor allem die fehlende Transparenz der Transaktion kritisierte und ICANN aufforderte, sich gegen den Verkauf zu stellen, geriet die Netzverwaltung deutlich unter Druck, um keine Welle staatlicher Interventionen zu riskieren.

Dem gab der ICANN-Vorstand nun nach und entschied:

the public interest is better served in withholding consent.

Zur Begründung führt ICANN eine Reihe von Faktoren auf, die sich wie eine Klatsche für Ethos Capital lesen. Der Finanzinvestor habe »no meaningful plan to protect or serve the .ORG community«. Das für die Finanzierung notwendige Darlehen von US$ 360 Mio. zwinge PIR, Gewinne zu erwirtschaften, was zu der Frage führe, wie die .org-Community profitiere oder vor dem Wechsel zur Gewinnorientierung geschützt werde. Außerdem gebe es weitere Unsicherheiten wie das geplante »Stewardship Council«, das möglicherweise gar nicht unabhängig agiere. Ferner werde ICANN bei Konflikten in eine Rolle zwischen .org-Community und Registry gedrängt, für die es kein Vorbild gäbe. ICANN betonte ausdrücklich: »The entire Board stands by this decision.« Erste Stellungnahmen von Ethos Capital, PIR und ISOC deuten darauf hin, dass es nun zu einer langwierigen juristischen Auseinandersetzung kommt. »ICANN has overstepped its purview«, teilte Ethos Capital mit. »Ethos is evaluating its options at this time.« PIR erkannte bei ICANN auf ein Versagen »to follow its bylaws, processes, and contracts«, was üblicherweise den zentralen Anknüpfungspunkt für Klagen in Schiedsverfahren bildet. Einen ganz anderen Ton schlug die ISOC an und ließ die Möglichkeit offen, dass der Verkauf von .org damit insgesamt gescheitert sei:

Now that we know that ICANN believes its remit to be much larger than we believe it is, we can state this clearly: neither PIR nor any of its operations are for sale now, and the Internet Society will resist vigorously any suggestion that they ought to be.

Für Jubel sorgte die Nachricht dagegen bei der Electronic Frontier Foundation (EFF), einer US-Nichtregierungsorganisation, die sich für Grundrechte im Informationszeitalter einsetzt. In einer ersten Stellungnahme titelte sie »Victory!«, der vom gemeinnützigen Teil der Internetnutzer hart erkämpft worden sei. Zugleich regte die EFF für die weitere Suche nach einem Betreiber für .org eine offene Konsultation an, in der »nonprofits« eine echte Stimme in der Mitverwaltung und eine Garantie gegen Zensur und finanzielle Ausbeutung erhalten.

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