Was tun mit US$ 233,4 Millionen? Die Internet-Verwaltung ICANN sucht unverändert nach einem Weg, die Auktionserlöse aus ihrem nTLD-Bewerbungsverfahren gerecht zu verteilen. Dabei denkt man nicht zuletzt an sich selbst.
US$ 240.590.128,00 – diesen Betrag hat ICANN aus der Versteigerung von bisher 17 neuen generischen Top Level Domains erlöst. Für sie gab es jeweils mehr als einen Bewerber, ohne dass sich eine gütliche Einigung erzielen ließ. Allein US$ 135.000.000,– stammen aus der Versteigerung von .web, die sich der Neuling NU DOT CO LLC mit Hilfe von VeriSign Inc. sicherte. Eher günstig war dagegen .srl; für die Endung musste die in Regensburg ansässige mySRL GmbH lediglich US$ 400.000,– bezahlen. Nach Abzug der Kosten von US$ 7.134.565,– verbleiben ICANN damit noch US$ 233.455.563,–. Allerdings ist das Ende dieser Fahnenstange bisher nicht erreicht, da Endungen wie .hotel, .kid und .music auf ihre Versteigerung hoffen und weitere Erlöse aus den so genannten „auctions of last resort“ erwarten lassen. Da um die verbliebenen Endungen besonders heftig gestritten wird, lässt sich derzeit noch nicht absehen, bis wann die Auktionen sämtlich abgeschlossen sind. Das von ICANN auf einem gesonderten Konto verwahrte Geld weckt aber schon seit Beginn des nTLD-Programms Begehrlichkeiten, weil umstritten ist, was mit den Einnahmen passieren soll.
Anlässlich des ICANN-Meetings in Barcelona hat die Cross-Community Working Group on new gTLD Auction Proceeds (CCWG) nun erste Vorschläge unterbreitet, wie mit dem Geld umgegangen werden soll. Derzeit werden vier Optionen diskutiert:
- Schaffung einer ICANN-internen Abteilung, die sich der Angebotseinholung, Implementierung und Evaluierung widmet
- Zusammenarbeit von ICANN und einem »donor-advised-fund« eine zweckgebundene Zustiftung in das Grundstockvermögen einer rechtsfähigen Stiftung
- Schaffung einer neuen von ICANN unabhängigen Wohltätigkeitsstruktur, die für die Einholung und Prüfung von Vorschlägen zuständig ist
- Nutzung einer externen Organisation, um Projekte zu bestimmen und die Einnahmen zu verteilen
Sämtliche Vorschläge der CCWG zielen also darauf ab, eine Entscheidungsstruktur zu schaffen bzw. zu nutzen, in der dann im zweiten Schritt beschlossen wird, wofür genau die Erlöse verwendet werden. Je komplexer allerdings allein dieser Prozess zur Entscheidungsfindung wird, desto weniger dürfte am Ende übrig bleiben.
ICANN selbst tendiert hingegen dazu, einen Reservefond anzulegen, der sich der Höhe nach an den ICANN-Betriebskosten eines Jahres orientiert. Dafür fehlen derzeit US$ 68 Millionen, wobei US$ 32 Millionen mit Überschüssen der kommenden acht Jahre finanziert werden sollen; weitere US$ 36 Millionen will ICANN dem Topf mit den Versteigerungserlösen entnehmen. Die Netzverwaltung sieht sich sowohl in juristischer als auch in finanzieller Hinsicht verpflichtet, selbst über eine Verwendung zu entscheiden, um die eigenen Verpflichtungen erfüllen zu können. Zugleich räumt man aber auch ein, dass keine Situation absehbar sei, in der man gezwungen sei, auf diese Gelder zuzugreifen. Mit einer verbindlichen Antwort dürfte sich ICANN jedoch noch Zeit lassen, bis auch die letzte nTLD vergeben ist – und keine weiteren Rechtsstreitigkeiten zu erwarten sind.