Die Internet-Verwaltung ICANN hat ihren Haushaltsplan für das Jahr 2016 im Entwurf vorgestellt. Kritiker am nTLD-Programm dürften sich darin bestätigt sehen: die Erlöse aus neuen Top Level Domains liegen zum Teil drastisch unter den bisherigen Erwartungen.
»Zwischen Hype und Hope: Ein Jahr new gTLDs – eine Zwischenbilanz« – so lautete ein Vortrag anlässlich der Domainpulse im Februar in Berlin. Thomas Rickert vom eco eV präsentierte die Geschichte der Einführung der neuen Domain-Endungen und gab kein schönes, aber doch realistisches Bild des Scheiterns in vielerlei Hinsicht ab. Dieses Bild kann ab sofort durch harte Fakten unterlegt werden. Vor wenigen Tagen hat die Internetverwaltung ICANN den Entwurf ihres »FY16 Operating Plan & Budget« veröffentlicht, und der fällt in einigen Punkten ernüchternd aus. So rechnet ICANN aktuell damit, dass sich die Erlöse aus neuen Top Level Domains bis Mitte 2015 auf US$ 14,1 Millionen belaufen – budgetiert waren US$ 19,8 Millionen, was ohnehin schon deutlich weniger war, als zunächst erhofft. Doch selbst diese Zahl könnte noch zu optimistisch sein: ICANN geht davon aus, dass bis Mitte 2015 insgesamt rund 15 Millionen Domains mit neuer Endung registriert werden. Das ist zwar deutlich weniger als die bisher angenommenen 33 Millionen Domains; wenn man aber berücksichtigt, dass derzeit gut 4,8 Millionen Domains registriert sind, müsste sich selbst diese Zahl in den kommenden drei Monaten verdreifachen.
Dementsprechend hat ICANN auch die voraussichtlichen Einnahmen aus Transaktionsgebühren deutlich reduziert, und zwar von bisher US$ 1,2 Millionen auf nur noch US$ 300.000,–. Diese Gebühren fallen nur an, wenn bei einer nTLD mehr als 50.000 Transaktionen (Registrierungen, Verlängerungen oder Transfers) pro Jahr durchgeführt werden; derzeit gibt es aber nur 15 von 550 delegierten nTLDs, bei denen über 50.000 Domain-Namen registriert sind. ICANN selbst gibt an, dass nur 17 Registries eine Transaktionsgebühr bezahlen. Auch die voraussichtlichen Erlöse aus der vertraglich vereinbarten Mindestgebühr von US$ 6.250,– pro Quartal und nTLD hat ICANN heruntergeschraubt; aus US$ 16,7 Millionen wurden US$ 12,7 Millionen. Offenbar haben sich deutlich mehr Registries freiwillig zurückgezogen als von ICANN angenommen.
Für 2016 plant ICANN nun noch konservativer. Die Quote der Verlängerungen setzt man mit 50 Prozent an; der Durchschnitt lag bisher bei über 70 Prozent. Ob wenigstens diese Quote erreicht werden kann, zeigt sich schon in wenigen Tagen: am 5. Februar 2014 starteten mit .bike, .clothing, .guru, .holdings, .plumbing, .singles und .ventures die ersten neuen Endungen den Registrierungsbetrieb, so dass nun die Vertragsverlängerungen anstehen. Zumindest .guru hat dabei alle Erwartungen übertroffen: aus den 26.000 Domain-Registrierungen innerhalb der ersten 24 Stunden sind inzwischen über 80.000 Domains geworden.