nTLDs

Die Russische Föderation fordert ICANN auf, sich von staatlichen Einflüssen zu befreien

Die Russische Föderation geht in Konfrontation zu ICANN: im Rahmen einer Stellungnahme zum nTLD Programm fordert die russische Regierung ICANN dazu auf, sich unabhängiger von den USA zu machen.

Seit dem 24. Juli 2024 hatte die Öffentlichkeit Gelegenheit, zu Formulierungsvorschlägen von ICANN betreffend die Unterstützung von Bewerbern um eine neue Top Level Domain (Next Round Applicant Support Program, kurz ASP) und die Evaluierung von Registry Service Providern (RSP) Stellung zu nehmen. Während das ASP finanzielle und nicht-finanzielle Unterstützung für berechtigte Unternehmen im Rahmen einer nTLD-Bewerbung vorsieht, soll im RSP überprüft werden, ob ein Provider über die technischen Qualifikationen zum Betreiben einer Top Level Domain verfügt; beide Teile sollen dann in das Bewerberhandbuch aufgenommen werden. In aller Regel hält sich die Zahl der eingehenden Stellungnahmen in Grenzen, so auch vorliegend; insgesamt meldet ICANN vier Einsendungen vom At-Large Advisory Committee (ALAC), der Registrars Stakeholder Group (RrSG), der Registries Stakeholder Group (RySG) und einer weiteren Person namens Paul McGrady, die sämtlich kleinere Änderungsvorschläge übermittelten. Ganz am Ende findet sich dann aber eine Stellungnahme, die von der Russischen Föderation eingereicht wurde und die mit dem eigentlichen Thema der Anhörung nichts zu tun hat; trotz Ablauf der Frist zur Stellungnahme wurde sie von ICANN berücksichtigt.

In der Einleitung hebt Russland hervor, dass sich das Internet zu einem mächtigen Medium entwickelt habe, um Menschen auf der ganzen Welt miteinander zu verbinden. Sein Nutzen erstrecke sich auf Bereiche wie Bildung, Forschung und Wirtschaft, was es zu einem unverzichtbaren Werkzeug in unserem täglichen Leben mache. Einer der wichtigsten Aspekte des Internets sei seine Inklusivität, um Barrieren abzubauen und die Gleichberechtigung zu fördern. Damit unvereinbar sei die von jedem Bewerber im Rahmen des nTLD-Programms geforderte Erklärung, alle geltenden Gesetze und Vorschriften einzuhalten,

including those economic, financial, and trade restrictions imposed, administered or enforced by the U.S. government, including but not limited to those administered by the Office of Foreign Assets Control (OFAC) of the U.S. Department of the Treasury (“Economic Sanctions”).

Man möchte daher auf zwei Problem hinweisen, zum einen die Abhängigkeit ICANNs von Entscheidungen einer einzelnen nationalen Regierung, zum anderen die Beschränkungen des Zugangs zum nTLD-Programm für einige Bewerber, was gegen den Grundsatz des diskriminierungsfreien Zugangs und der Inklusivität verstoße. ICANN sei daher in der Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, um die Risiken eines diskriminierungsfreien Zugangs zum nTLD-Programm zu minimieren. Kein einzelner Staat oder keine Gruppe von Staaten solle das Recht haben, in den Betrieb kritischer Internet-Infrastrukturen und/oder die Aktivitäten von ICANN einzugreifen, einschließlich der Mechanismen zur rechtlichen Regulierung der Aktivitäten von ICANN. Alle Teilnehmer des Internet-Ökosystems hätten das Recht, unabhängig von jeglichem staatlichen Einfluss mit ICANN zusammenzuarbeiten. Sie hätten außerdem ein Recht auf unparteiische Streitbeilegung. Diese Rechte müssten gewahrt werden. Russland rufe ICANN deshalb dazu auf, Vorschläge auszuarbeiten, die die Abhängigkeit der ICANN von einem einzelnen Staat verringern können und Maßnahmen vorzusehen, welche die Einbeziehung und gleichberechtigte Beteiligung von Bewerbern aus allen Ländern gewährleisten.

Zuvor war bekannt geworden, dass das »Ministry of Digital Development, Communications and Mass Media of the Russian Federation« bei ICANN wegen der Suspendierung von .aero-Domains interveniert hat. Die in den USA ansässige .aero-Registry Societe Internationale de Telecommunications Aeronautique (SITA) nimmt seit dem 10. November 2023 keine Registrierungen oder Verlängerungen mehr von Domain-Inhabern entgegen, wenn sie ihren Sitz in der Russischen Föderation haben. Grundsätzlich sollen Domain-Registrierungsdienste von den im Zuge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine verhängten Sanktionen ausgenommen sei, doch einige Registries und Registrare fürchten wohl den langen Arm der US-Regierung. Der Krieg ist damit endgültig auch im Domain Name Systen angekommen.

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