.net-Report

ICANN in der Kritik

Die Internet-Regierung ICANN ist nach der Veröffentlichung des .net-Evaluierungsreports durch das US-Unternehmen Telcordia Technologies einmal mehr schwer in die Kritik geraten: nachdem zunächst die deutsche DENIC in einer international beachteten Presseerklärung ihr tiefes Unverständnis über den Ausgang der Ausschreibung äusserte, will nun die Generic Name Supporting Organisation (GNSO) die Vertragsverhandlungen mit VeriSign zu Fall bringen.

Vergangene Woche hatte ICANN nach der Auswertung der insgesamt fünf Bewerbungen durch Telcordia bekanntgegeben, dass VeriSign die besten Chancen hat, auch künftig am Ruder von .net zu sitzen. DENIC landete im Telcordia-Ranking dagegen abgeschlagen auf Platz vier. Der Protest folgte prompt: in einer Presseerklärung kritisierte DENIC gravierende sachliche Mängel am Telcordia-Report. So hatte man DENIC etwa die geplante Nutzung einer angeblich selbst entwickelten Datenbank angekreidet, obwohl die DENIC tatsächlich auf ein kommerzielles Produkt setzt. Weiter fand die jahrelange, zuverlässige Verwaltung von .de kaum Bonuspunkte, während VeriSign mit der Herrschaft über .com glänzen durfte. Auch bei der Preiskalkulation sowie den geplanten Server-Standorten kam die Studie zu eher fragwürdigen Ergebnissen. Recherchen des britischen Online-Magazins „The Register“ förderten ferner zu Tage, dass Revisor Telcordia noch vor kurzem einer Gesellschaft namens SAIC gehörte – exakt jener SAIC, die noch bis 2003 Anteile an VeriSign hielt. Da fällt es kaum mehr ins Gewicht, dass ein Mitglied des Untersuchungsteams lange Jahre bei VeriSign beschäftigt war.

Wenig öffentlicher Widerspruch kam zunächst vom Zweitplazierten Sentan und Afilias, dem .info-Verwalter. Endgültig den Stein ins Rollen brachte erst Philip Sheppard vom GNSO Council, dem für generische TLDs zuständigen Gremium innerhalb ICANNs. In einer Mitteilung auf einer öffentlichen Mailingliste sprach er von schwerwiegenden Fehlern in den Untersuchungsmethoden von Telcordia. So seien vor allem maßgebende Kriterien falsch gewichtet worden. Sheppard will daher ICANN anlässlich des derzeit in Argentinien stattfindenden Meetings mit einem Antrag dazu zwingen, jegliche Verhandlung mit VeriSign vorläufig zu stoppen.

Doch ob dies alles zum Ziel führt, scheint ungewiss, denn die Zeit drängt. Der aktuelle .net-Vertrag endet schon am 30. Juni 2005. Aber wie es auch ausgehen mag – einmal mehr sieht sich ICANN durch zumindest angreifbare Entscheidungen in die Defensive gedrängt; die Rolle als Buhmann wird man so gewiss nicht los.

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