NamesCon

Panelgespräche zum Thema »Bedrohen Blockchain-Domains ICANN?«

Vergangene Woche berichteten wir von einem Panel auf der NamesCon 2022, bei dem Blockchain-Domains diskutiert wurden. Das war allerdings nicht das einzige Panel dazu. Am 02. September 2022 fand sich ein fünfköpfiges Panel zusammen unter dem Titel »Is ICANN Threatened By Blockchain Domains?«. Dieses Panel ging behutsamer miteinander um, als das vom Vortag, kam jedoch zu keinem Ergebnis.

Beteiligte des von Zak Muscovitch moderierten Panels zum Thema Stellen Blockchain-Domains eine Bedrohung für ICANN dar? waren Jeff Neuman (Neustar), David Snead (Berater bei cPanel), Marc Trachtenberg (Berater bei Greenberg Traurig, LLP) und wieder Thomas Barrett (President von EnCirca). Jeff Neuman ließ es sich zu Beginn des Panels nicht nehmen, darauf hinzuweisen, dass es schon mehrere AltRoot-Systeme gab, insbesondere bevor ICANN ins Leben gerufen wurde. Auch damals gab es Konflikte mit identischen Endungen; so gab es mehrere .biz-Endungen, bis über ICANN verbindliche Regularien geschaffen und neun neue Endungen zugelassen wurden. Seitdem gibt es die eine .biz im von ICANN verwalteten Root und dem einen angestrebten Internet. Neuman unterstrich, dass Web3 und die Blockchain-Domains reguliert werden müssen. Solange niemand von außen komme, wie etwa Regierungen, und Web3 reguliere, würde Web3 nicht wirklich wahrgenommen und bliebe ein Nichts. Marc Trachtenberg, der Mandanten unter anderem zu Web3 und Kryptowährungen berät, hielt entgegen, dass frühere AltRoot-Versuche an der fehlenden Beachtung gescheitert seien; das sei jetzt anders. Er wiederholte mehrfach, dass die am Web3 Beteiligten ICANN hassen; aber er bestätigte, dass auch dieser Bereich des Netzes moderiert werden müsse. Notwendig dafür sei mehr Engagement seitens ICANN, meinte David Snead: durch Regulierung gäbe es mehr Sicherheit für das Web3. Sicherheit bedeute Vertrauen, und das sei notwendig für eine allgemeine Akzeptanz. Thomas Barrett, der seit Jahren versucht, das Thema Web3 bei ICANN-Meetings einzubringen, stellte fest, ICANN beachte Web3 gar nicht und sei einfach noch nicht so weit. Es würden noch Jahre vergehen, bis Web3 bei ICANN ankomme. Was die Regulierung von Web3 betreffe, so verwies Barrett nochmals auf ein kommendes Trademark-Clearinghouse sowie eine Art URS, welches zum Blacklisting Rechte Dritter verletzender Blockchain-Domains führen würde. Neuhaus hielt entgegen, dass so ein Blacklist-Verfahren nichts bringe, da jeder jederzeit einfach eine neue Blockchain aufsetzen und darin markenrechtsverletzende Domains minten könne.

Eine der Kernfragen des Panels war, was passiert bei der kommenden Einführungsrunde neuer TLDs bei ICANN. Wie werde ICANN mit Kollisionen mit bereits vorhandenen Web3-TLDs umgehen? Trachtenberg sieht nicht den Rechtsstreit als das Problem an, allerdings werde es zu Rechtsstreiten von Seiten der Web3-Fraktion kommen, wenn diese nicht den Zuschlag für bereits im Web3 implementierte TLDs im ICANN-Root bekämen. Das eigentliche Problem sei die Kollision zweier identischer TLDs. ICANN übergehe derzeit das Web3, aber bei der kommenden nTLD-Runde müsse das berücksichtigt werden. Snead ist zuversichtlich, dass entstehende Kollisionen von TLDs in den verschiedenen Netzen für Web3 unproblematisch seien, denn das wären allenfalls 1.000 Endungen, die in Konflikt geraten, während dann bereits 20 Mio. Web3-Endungen bestehen würden. Neuman schloss an, dass sich die Blockchain-Domain-Ansätze deutlich unterscheiden: Das ENS versuche, mit dem Root von ICANN zusammenzuarbeiten. ICANN könne aber nicht die 20 Mio. Blockchain-TLDs anderer Anbieter einfach so integrieren. Es komme auf den Willen zur Integration und die Bereitschaft, mit dem ICANN-Umfeld zu arbeiten, an. Nicht jedermann könne einfach so eine Top Level Domain betreiben; bei einer TLD handele es sich um kritische Infrastruktur, die hohe Anforderungen an den Betrieb und die Sicherheit stelle. Dass ICANN da erhöhte Anforderungen an die Betreiber stellt und die Kosten dafür entsprechend hoch ansetzt, damit die Finanzierung des Betriebes sichergestellt ist, führe dazu, das nicht jedermann mitmachen könne.

Über 45 Minuten konnte das Panel einige Fragen zu ICANN und Web3 aufgreifen. Beantwortet wurde keine, oft blieben die Ausführungen der Beteiligten unklar. Insgesamt lässt einen das Panel mit dem Eindruck zurück, dass ICANN sich jedenfalls auch auf absehbare Zeit durch die Blockchain-Domains nicht bedroht fühlen muss. ICANN hält weiter wie bisher das Root zusammen, und Web3 macht weiter sein »dezentrales« Ding. Für Blockchain-Domains interessiert sich lediglich eine kleine Minderheit; sie sind nach wie vor nicht leicht zugänglich und erfüllen lediglich den selbstreferenziellen Zweck, als Walletadressen in Blockchains generierte digitale Werte auszutauschen.

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