Interview

Paul Twomey steht Rede und Antwort

Der scheidende Präsident und CEO der Internet-Regierung ICANN, Dr. Paul Twomey, hat in einem ausführlichen Interview mit dem „San Francisco Chronicle“ zu zahlreichen Streitpunkten um die Internet-Verwaltung Stellung genommen. Dabei äußerte er sich auch zur Einführung neuer Top Level Domains.

Nach zwei Amtsperioden hatte Twomey im März 2009 angekündigt, seinen zum 30. Juni 2009 auslaufenden Vertrag nicht um weitere drei Jahre zu verlängern, und stattdessen eine Führungsposition im privaten oder internationalen Sektor übernehmen zu wollen. Bis zu seinem Vertragsende gibt sich Twomey in Zeiten, in denen etwa die EU-Kommission die Oberaufsicht der US-Regierung über ICANN einmal mehr in Frage stellt und allein der Entwurf des Bewerberhandbuchs für neue Domain-Endungen globale Diskussionen auslöst, gewohnt optimistisch. So rechnet er zum Beispiel damit, dass bereits im 1. Quartal 2010 internationalisierte Top Level Domains in Sprachen wie Arabisch, Griechisch oder Russisch zur Verfügung stehen. Sowohl in Russland, Indien als auch in China haben sich die Regierungen dem Thema angenommen und verfolgen es mit Nachdruck. Eine Balkanisierung des Internets fürchtet Twomey nicht, da man an einem Mechanismus arbeite, der weltweite Funktionalität sicherstellt.

Die Frage, welche neue Top Level Domains zu erwarten sind, lässt Twomey dagegen zögern, da er die Bewerber entscheiden lassen möchte, welche Endung sie für sinnvoll erachten. In jedem Fall rechnet er mit Bewerbungen von Städte-TLDs wie etwa .berlin, .paris oder .london, aber auch Regio-TLDs wie .galicia. Zusammenfassend spricht Twomey von vier Kategorien neuer TLDs: generische Domains wie .web oder .shop, Community-TLDs wie die erwähnten geographischen Domains, markenbezogene TLDs wie .msn oder .audi und schließlich internationalisierte Endungen auf ccTLD-Basis. Grundsätzlich sei die Zahl neuer Top Level Domains aber nach offen und ohne jede Beschränkung; in Anlehnung an ein BBC-Zitat spricht Twomey von „dot almost anything goes, but not with complete chaos.“

Was die Zukunft der inzwischen mit 120 Mitarbeitern tätigen ICANN betrifft, blickt Twomey zuversichtlich nach vorn. So habe er in den vergangenen zehn Jahren oft den Vorwurf des US-amerikanischen Imperialismus´ vernommen, doch kaum jemand realisiere, dass die einzig vernünftige Alternative zum Modell ICANN ein Bündnis nationaler Regulierungen sei, was jedoch niemand ernstlich wollen könne.

Angesichts solch zahlreicher Innenansichten der Internet-Verwaltung aus erster Hand kann jedermann nur empfohlen werden, sich Twomey im Original anzuhören. Das vollständige Interview finden Sie als .mp3-Datei.

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