Die Internetverwaltung ICANN hat Hoffnungen auf einen baldigen Start der nächsten nTLD-Einführungsrunde einen herben Dämpfer versetzt: voraussichtlich können frühestens 2021 neue Bewerbungen eingereicht werden. Derweil steigt die Zahl der freiwilligen Rückzieher weiter an.
Im Juni 2017 hatte sich die RySG, der Interessenverband generischer Domain-Registries innerhalb ICANNs, an die ICANN-Führung gewandt und mit Nachdruck gefordert, das Bewerbungsfenster für neue Top Level Domains spätestens im 4. Quartal 2018 wieder zu öffnen. Bereits im Juli 2017 wies Dr. Stephen Crocker, der Vorsitzende des Board of Directors, die Forderung aber zurück und verwies darauf, dass vier Schritte absolviert werden müssten, bevor man über die nächste Runde nachdenken könne:
- eine Überprüfung der Effekte des nTLD-Programms auf den Betrieb des DNS Root-Systems
- eine Überprüfung des Trademark Clearinghouse
- eine Überprüfung des Uniform Rapid Suspension (URS) Systems
- eine Überprüfung des Einflusses des nTLD-Programms auf Wettbewerb, Verbrauchervertrauen und Verbraucherauswahl
Bis Juli 2017 waren lediglich die ersten drei Überprüfungen abgeschlossen, außerdem warte man noch auf den Bericht der »Subsequent Procedures PDP Working Group«.
Beim ICANN-Meeting in San Juan legte nun Jeff Neuman, Co-Chair der »New gTLD Subsequent Procedures Working group«, nach. Im Rahmen einer »best case«-Präsentation legte er dar, dass sich das Bewerbungsfenster frühestens im 1. Quartal 2021 wieder öffnen könne. Der von Crocker angesprochene Bericht der Arbeitsgruppe soll im 4. Quartal 2018 vorliegen. Auf dessen Grundlage soll die Generic Names Supporting Organization (GNSO) noch im 1. Quartal 2019 ihre Empfehlungen verabschieden. Die folgenden beiden Quartale sind dafür eingeplant, dass das ICANN-Board die Empfehlungen beschließt und mit deren Implementierung beginnt. Darauf basierend, rechnet Neumann damit, dass die überarbeitete Version des Bewerberhandbuchs im 1. Quartal 2020 veröffentlicht und im 3. Quartal 2020 beschlossen wird; im 1. Quartal 2020 wären dann die Türen für weitere Bewerbungen geöffnet. Allerdings räumte Neumann ein, dass diese Überlegungen eine reibungslose Zusammenarbeit aller Beteiligten erfordere und optimistisch gehalten sei. Berücksichtigt man, dass die erste Version des Bewerberhandbuchs bei der letzten Einführungsrunde 2012 drei Jahre lang immer wieder überarbeitet wurde, erscheint ein Start der nächsten Runde vor dem Jahr 2022 nicht realistisch. Ob es für .brands eine Überholspur geben könnte, ließ Neumann offen.
Ob die Inhaber berühmter Marken an ihrer eigenen Domain-Endung interessiert sind, darf allerdings bezweifelt werden. So haben die Schweden der Sony Mobile Communications AB bei ICANN darum gebeten, den Registry-Vertrag für .xperia am 1. August 2018 zu beenden. Dem vorausgegangen war ein Antrag der portugiesischen MEO Servicos de Comunicacoes e Multimedia S.A., den Registry-Vertrag für .meo und .sapo zu beenden. Beide Unternehmen stützen sich auf Section 4.4 (b) des Registry-Agreements, das eine jederzeitige Beendigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 180 Tagen gestattet. Unter keiner der drei Endungen ist eine Domain registriert, sieht man von der obligatorischen Adresse im Format nic.tld ab.