Die Internetverwaltung ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) hat sich mit dem US-Wirtschaftsministerium auf eine neue Grundlagenvereinbarung verständigt: ein „Affirmation of Commitments“ erkennt das Modell ICANN in seiner bisherigen Form an, erlaubt jedoch stärkeren Einfluss von Dritten außerhalb der USA.
Es markiert eine historische Zäsur: elf Jahre, nachdem ICANN im Jahr 1998 gegründet wurde und durch ein „Memorandum of understanding“ (MOU) die Delegierung des Domain Name Systems übertragen bekommen hat, stellt eine „Affirmation of Commitments“ genannte Vereinbarung mit der National Telecommunications and Information Administration (NTIA) des US-Wirtschaftsministeriums die Internetverwaltung auf ein neues, dauerhaftes Fundament. Die Vereinbarung bestätigt den Übergang ICANNs von einer rein technischen Verwaltungsstelle hin zu einer privatisierten, gemeinnützigen Organisation, geleitet durch Einbindung verschiedenster Interessengruppen. War ICANN bisher gegenüber der US-Regierung rechenschaftspflichtig, so erweitert sich dieser Kreis auf einen internationalen Ausschuss unter Leitung des Governmental Advisory Committee (GAC), also dem Regierungsbeirat ICANNs, in dem über 100 Vertreter internationaler Regierungen vertreten sind. Zugleich etabliert die „Affirmation“ verschiedene Mechanismen, welche neben der Gewährleistung der Stabilität und Sicherheit des Domain Name Systems für Wettbewerb, Verbraucherschutz sowie eine breiten Angebotspalette sorgen sollen.
Inhaltlich beschränkt sich das Papier auf eine Darstellung wesentlicher Grundsätze, denen sich US-Regierung und ICANN verpflichtet fühlen. Auf Seiten ICANNs zählen hierzu unter anderem Transparenz etwa in Budgetfragen, die Verpflichtung zur Gemeinnützigkeit und zur Beibehaltung des Sitzes in den USA mit weltweiten Büros. Als Plädoyer für die Einführung zahlreicher neuer Top Level Domains will die US-Regierung die „Affirmation“ jedoch nicht verstanden wissen; so findet sich der ausdrückliche Hinweis, dass nichts in dieser Vereinbarung als Unterstützung für neue TLDs oder als Ausdruck des die Kosten überwiegenden Nutzens neuer Endungen zu werten sei. Anders dagegen verhält es sich mit vollständig internationalisierten Domain-Namen, deren rasche Einführung die US-Regierung ebenso ausdrücklich gutheißt.
Die Europäische Union begrüßte in einer ersten Stellungnahme den Schritt ICANNs hin zu einer unabhängigeren und internationaleren Organisation. Viviane Reding, EU-Kommissarin für die Informationsgesellschaft und Medien, kündigte zugleich an, eine aktive Rolle innerhalb des GAC spielen zu wollen und forderte, nach Möglichkeiten externer Überprüfung von ICANN-Entscheidungen zu suchen; was auf dem Papier gut aussehe, müsse auch in der Praxis funktionieren. Auch Lesley Cowley, CEO der britischen Registry Nominet, zeigte sich über den Schritt hin zu einer neuen „ICANN“ und einem gestärkten GAC erfreut. Alles weitere wird nun die Zukunft weisen.
Weitere Informationen zum „Affirmation of Commitments“ sowie
ein Interview mit Rod Beckstrom finden Sie hier.