ICANN

Für den .org-/PIR-Verkauf zeichnet sich noch keine Lösung ab. 5 US-Kongressmitglieder sprechen sich gegen den Verkauf aus

Das Schicksal der generischen Top Level Domain .org bleibt vorläufig offen: die zuständige Verwalterin Public Interest Registry (PIR) gewährt der Netzverwaltung ICANN zusätzliche Zeit bis zum 20. April 2020, um die notwendige Zustimmung zu einem Verkauf an den Finanzinvestor Ethos Capital zu erteilen.

Ungeklärte Rechtsfragen, heftiger Protest in der eigenen Community, die weltweite Ausbreitung von COVID-19 – Gründe, die vertraglich vereinbarte Zustimmung zu einem »change of control« besonders intensiv zu prüfen, hat ICANN genug. Das scheint auch PIR zu erkennen. Am 18. März 2020 teilte die .org-Verwalterin mit, dass man sich mit ICANN darauf verständigt hat, die Deadline für die Erteilung oder Versagung der Zustimmung zu einem Verkauf an den Finanzinvestor Ethos Capital bis 20. April 2020 zu verlängern. In der Mitteilung hebt PIR vor allem die Abstimmung zwischen ICANN und dem California Attorney General hervor. Am 23. Januar 2020 hatte sich Xavier Becerra, Attorney General im US-Bundesstaat Kalifornien, an ICANN gewandt und unter Verweis auf California Corporations Code section 5250 und Government Code section 12580 Unterlagen und Informationen rund um den US$ 1,135 Mrd. schweren Verkauf verlangt. Die Prüfung dauert an. Dass PIR dabei mit erheblichem Widerstand rechnen muss, zeigt unter anderem, dass man bei den freiwilligen Public Interest Commitments (PICs) inzwischen freiwillig nachgebessert hat; so sollen künftige Änderungen nur nach vorheriger öffentlicher Anhörung über ICANN zulässig sein.

Aber auch von anderer Seite wächst der politische Druck. In einem neunseitigen Schreiben protestieren fünf Mitglieder des US-Kongresses, darunter die beiden Senatoren Elizabeth Warren und Richard Blumenthal, bei ICANN heftig gegen einen .org-Verkauf. So rügen sie fehlende Transparenz seitens Ethos und PIR, wer wirtschaftlich hinter der Transaktion steckt, vermissen Informationen zum künftigen Businessplan von .org und bezeichnen das freiwillige Angebot von PIR, die Gebühren für .org künftig zu deckeln, als »schwach«; das angebotene »Stewardship Council« nannten sie sogar zahnlos. Insgesamt verstoße die geplante Transaktion gegen die öffentlichen Interessen sowie die Statuten von ICANN, »the operational stability, reliability, security… and openness of the DNS and the Internet« sicherzustellen. Die abschließende Empfehlung an die Netzverwaltung ist eindeutig:

ICANN Should Reject the Proposed Transfer of the .ORG Registry.

Rechtlich bindend ist das Schreiben für ICANN nicht, daher gibt es keine Verpflichtung, der Empfehlung Folge zu leisten.

Unterdessen mehren sich sich erste Stimmen, dass auch die Deadline 20. April 2020 nicht zu halten sein wird. Grund hierfür ist, dass der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom am 20. März 2020 die „Executive Order N-33-20“ verkündet hat; darin werden alle knapp 40 Millionen Einwohner Kaliforniens angewiesen, zuhause zu bleiben, es sei denn, sie würden für die Aufrechterhaltung kritischer Infrastruktur benötigt. Da ICANN in Kalifornien ansässig ist, ist ein üblicher Geschäftsbetrieb damit ausgeschlossen, und auch der Attorney General dürfte aktuell drängendere Probleme zu lösen haben als .org.

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