ICANN

Die Internetverwaltung bittet um Teilnahme bei der Reform des Multi-Stakeholder-Modells

Wohin entwickelt sich das Multi-Stakeholder-Modell der Netzverwaltung? ICANN hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Effektivität zu verbessern – doch bis zu konkreten Schritten ist es noch weit.

Das Multi-Stakeholder-Modell ist Segen, aber zugleich auch ein Fluch für die Netzverwaltung. Segen, weil es allen Interessensgruppen eine Plattform bietet, um ihren Standpunkt vorzutragen. Aber auch ein Fluch, weil sich Entscheidungen oft um viele Jahre verzögern. Für das Jahr 2020 hat sich ICANN daher im Rahmen der Initiative »Enhancing the Effectiveness of ICANN’s Multistakeholder Model« dem Ziel verschrieben, die eigene Effektivität zu steigern. Dazu hat man am 04. Juni 2020 ein »Next Steps« überschriebenes Papier veröffentlicht, das die nächsten Schritte vorzeichnet und für das ICANN um rege öffentliche Stellungnahmen bittet. Auf insgesamt 26 Seiten ist ICANN sichtlich bemüht, auf Grundlage schon vorliegender Erkenntnisse einen Weg aufzuzeigen, der ganzheitlich die Schwerpunkte der bisherigen Diskussion zusammenfasst und abarbeitet. In der Reihenfolge ihrer Bedeutung zählen dazu folgende sechs Themen: »Prioritization of the work and efficient use of resources«, »Precision in scoping the work«, »Consensus, representation and inclusivity«, »Complexity«, »Culture, trust and silos« und »Roles and responsibilities«, wobei sich ICANN vorerst auf die drei Erstgenannten konzentrieren möchte.

Im Mittelpunkt des Papiers steht ein »work plan«, der im wichtigsten Themengebiet »Prioritization of the work and efficient use of resources« mit der bitteren Erkenntnis beginnt, dass eine ungenügende Priorisierung von Tätigkeiten das gesamte Ökosystem von ICANN beeinflusst und die Fähigkeit beeinträchtigt, Policies zu schaffen und andere wichtige Felder zügig zu bearbeiten. ICANN spricht sogar von einer Silo-Mentalität, in der Interessensgruppen nicht das gleiche Verständnis von der gesamten Funktion ICANNs teilen. Man versuche zudem, alles gleichzeitig zu erledigen, alles mit der gleichen Wichtigkeit zu betrachten. Beispielhaft nennt ICANN zehn Initiativen, die sich parallel auf verschiedenen Ebenen mit diesem ersten Themengebiet beschäftigen; trotz dieser Vielzahl von Initiativen habe man Lücken ausgemacht. Dass all dies auf Dauer nicht tragfähig ist und ICANN schwächt, drängt sich auf. Im zweiten Themengebiet »Precision in Scoping the Work« beklagt ICANN daher »endless discussions« und vermisst Arbeitsdisziplin; all das führe zu »inefficient use of resources, delayed decision-making, and volunteer burnout«. Für Begeisterungsstürme sorgen die schwerverdaulichen Ausführungen aber nach wie vor nicht; in dem eigens eingerichteten Kommentarbereich gibt es bisher keine einzige Stellungnahme.

Die breite Öffentlichkeit hat Zeit bis zum 02. August 2020, um das zu ändern und das Papier zu kommentieren. Bis zum 17. August 2020 soll dann eine Beschlussempfehlung ausgearbeitet und dem ICANN Board of Directors vorgelegt werden. Welche Wege die Netzverwaltung künftig einschlägt, ist derzeit noch offen; jedoch wird man festhalten dürfen, dass in den kommenden Monaten die Weichen gestellt werden, um ICANN effektiver zu machen und Angriffen Dritter, die bi- oder multilateriale Modelle der Internet Governance – und häufig auf staatlicher Ebene – bevorzugen, zuvorzukommen. Man sollte das Multi-Stakeholder-Modell also keinesfalls für selbstverständlich nehmen.

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