IANA-Transition

Nominet nährt in einem Aufsatz Umkehrgerüchte zu einer US-Kontrolle von ICANN

Die .uk-Registry Nominet gibt Spekulationen zu einer Umkehrung der »IANA-Transition« neue Nahrung: in einem Aufsatz für das Magazin »Computer Business Review« bezeichnete General Counsel Nick Wenban-Smith eine Übernahme des Domain Name Systems (DNS) durch die US-Regierung als möglich.

Die Worte von Lawrence E. Strickling, dem ehemaligen Vorsitzenden der National Telecommunications and Information Administration (NTIA), waren nüchtern:

As of October 1, 2016, the IANA functions contract has expired.

Seither liegt die Aufgabe der Koordination und des Managements für das DNS in den Händen des privaten Sektors, verkörpert durch die Netzverwaltung ICANN sowie verteilt auf zahlreiche verschiedene Interessensgruppen. Allerdings geriet dieses Modell mit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten zuletzt ins Wanken. Am 05. Juni 2018 veröffentlichte das US-Wirtschaftsministerium eine so genannte »notice of inquiry«, in der man die Öffentlichkeit unter anderem konkret befragt: »Should the IANA Stewardship Transition be unwound?« Die Ergebnisse dieser (nicht bindenden) Umfrage wurden bisher noch nicht veröffentlicht; die bloße Fragestellung befeuerte jedoch Diskussionen darüber, ob Trump in Sachen Netzverwaltung die Uhr in kürzester Zeit zurückdrehen möchte.

Dass es sich um keine rein theoretische Fragestellung handelt, belegt nun der Aufsatz von Wenban-Smith. So weist er zunächst darauf hin, dass mit den IANA-Funktionen (Instandhaltung der Protokoll-Parameter im Auftrag der Internet Engineering Task Force, Verteilung der IP-Adressen in Abstimmung mit den Regional Internet Registries, Management der Top Level Domains .ar pa und .int, administrative Verantwortung für das DNS und die Root Zone, die Koordinierung des Root Zone Managements) nicht auch die Kontrolle des Internets gleichzusetzen ist. In einem »worst-case«-Szenario würde aber das Adress-System des Internets für eine oder mehrere TLDs geändert oder abgeschaltet werden können. Die Übernahme der IANA-Funktionen durch ICANN war gleichwohl die einzige Möglichkeit, die traditionell enge Bindung an die US-Regierung zu lösen und zu verhindern, dass eine zwischenstaatliche Institution wie die ITU die Kontrolle übernimmt. Technisch hat sich indes wenig geändert. Um das Tagesgeschäft kümmern sich die gleichen Teams wie zuvor; jedoch ist die IANA-Leitung nun mit Personen besetzt, die Erfahrung im Betrieb von Länderendungen mitbringen, womit Prozesse und Service-Leistungen verbessert werden konnten.

Bei alldem ist nach Auffassung von Wenban-Smith sowohl in politischer, juristischer und operativer Hinsicht offen, ob die US-Regierung in der Lage wäre, die IANA-Transition umzukehren und so die »Macht« über das DNS zurückzuholen. Allein die theoretische Möglichkeit verleiht der US-Regierung aber eine starke Verhandlungsposition, zumal ICANN seinen physischen Hauptsitz nach wie vor innerhalb der USA hat. Daher sei es auch möglich, dass das gegenwärtige Modell der Netzverwaltung wieder kippt. Wenban-Smith merkt ferner an, dass das Multistakeholder-Modell zwar nicht perfekt sei, aber jedem unilateralen oder multilateralen Kontrollmodell vorzuziehen sei. Seine Hoffnung formulierte er deshalb in einem Satz:

Our hope and expectation is that the wind will die down on this issue in time, and we’ll see IANA continue to function in its new, independent, multistakeholder model.

Rechtssicherheit sieht jedoch anders aus.

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