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ICANN hält sich alle Optionen beim .org-Deal offen

Das Tauziehen um den Verkauf der .org-Verwalterin Public Interest Registry (PIR) an den Finanzinvestor Ethos Capital dauert an: bei einem »Public Forum« die Internet-Verwaltung ICANN an, sich alle Optionen offen zu halten.

Im November 2019 wurde zum ersten Mal öffentlich bekannt, dass die Internet Society (ISOC) für einen Kaufpreis von US$ 1,135 Mrd. sämtliche PIR-Anteile an Ethos Capital überträgt. Streng juristisch genommen sind die Details schwieriger. Formalrechtlich erteilt ISOC als Alleingesellschafter von PIR die Zustimmung, dass PIR von einer »nonprofit corporation« zu einer »limited liability company« (LLC) wird, wobei die Anteile an dieser LLC von der Connected Giving Foundation (CGF) gehalten werden, bei der es sich um eine neu gegründete »nonprofit organization« handelt, deren Anteile wiederum allein der ISOC zustehen. CGF verkauft und überträgt dann seine Anteile an der nicht mehr gemeinnützigen, sondern nun gewinnorientierten PIR LLC an Ethos. Dennoch schien die Zustimmung von ICANN Formsache; noch nie zuvor hatte die Internet-Verwaltung die Zustimmung versagt und im konkreten Fall vielmehr betont, die notwendige Autorität nicht zu haben. Anknüpfungspunkt für eine Prüfung wäre wohl nur ein im Registry-Vertrag vereinbarter »standard of reasonableness« für den Fall der »change of control«; Was darunter zu verstehen ist, ist juristisch nicht abschliessend geklärt.

Allerdings scheint ICANN inzwischen gewillt, die Grenzen eigener Kompetenzen auszureizen. Bei einem Public Forum im Rahmen des online abgehaltenen 67. Meetings, das mit 535 Teilnehmern gut besucht war, wurde vor allem deutlich, dass viele Stakeholder von Ethos Capital angebotene freiwillige Beschränkungen (Public Interest Commitments – kurz PICs) nicht für ausreichend erachten, um die Interessen von Inhabern einer .org-Domain ausreichend zu schützen. Ethos Capital würde sich unter anderem verpflichten, die Gebühren lediglich in engen Grenzen zu erhöhen, und ein »Stewardship Council« einzuführen, das ein Vetorecht bei inhaltlichen Beschränkungen erhält. Mitch Stoltz, Vertreter der Electronic Frontier Foundation (EFF), bezeichnete diese PICs als »not substantive; they are procedural«. Jonathan Zuck vom At-Large Advisory Committee merkte an:

There is a kind of a broad pessimism about the success of PICs in the past;

zugleich forderte er Reformen für die PIC-Prozesse. Dem konnte sich auch Maarten Botterman, Chairman des ICANN Board of Directors, nicht entziehen. Gegenüber dem ICANN-Regierungsbeirat Governmental Advisory Committee sagte er:

At this moment all options remain open. We are open-minded to taking all input into account before it is time for us to decide.

Offen blieb, bis wann ICANN nun seine Entscheidung fällt. Eine Verlängerung der vorgesehenen Stellungnahmefrist bis 20. April 2020 hatte PIR abgelehnt und diese zunächst nur bis 29. Februar 2020 gewährt; kurz vor Ablauf verständigte man sich dann jedoch auf eine weitere Verlängerung bis 20. März 2020. Ob es dabei bleibt, wollte Botterman nicht sagen. Die heisse Phase der finalen Entscheidung dürfte aber zumindest erreicht sein.

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