Gesetzgebung

Die Internet-Verwaltung ICANN nimmt Stellung zum geplanten EU Digital Services Act

Die Internet-Verwaltung ICANN hat die EU davor gewarnt, Träger kritischer Internetinfrastrukturen mit Haftungsrisiken für Inhalte zu belasten. Das geht aus einer Stellungnahme hervor, die ICANN im Zuge der Anhörung zum geplanten Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act) eingereicht hat.

Wie bereits letzte Woche gemeldet, möchte die EU-Kommission ihre zwanzig Jahre alte EU-Gesetzgebung für digitale Dienste und Online-Plattformen modernisieren. Das Gesetz, für das es noch keinen Textentwurf gibt, soll eine umfassende Beschränkung der Haftung für von Nutzern erstellte Inhalte vorsehen. Zudem möchte die Kommission die Frage der gleichen Wettbewerbsbedingungen in den digitalen Märkten Europas angehen, auf denen zurzeit einige wenige große Online-Plattformen (wie Google und Facebook) als »Torwächter« agieren. Vom 02. Juni 2020 bis zum 08. September 2020 lief dazu eine öffentliche Konsultation, an der sich unter auch CENTR, das Council of European National Top-Level Domain Registries, beteiligt hat. In der 22-seitigen Stellungnahme verwahrte sich CENTR ausdrücklich dagegen, illegale Inhalte entfernen zu müssen, da es den ccTLD-Registries sowohl an den rechtlichen Voraussetzungen als auch an den praktischen Möglichkeiten fehlt, um über die (Il)Legalität von Webinhalten zu befinden.

Wie ICANN bekanntgab, hat sich auch die Netzverwaltung an dieser Anhörung beteiligt und eine sechsseitige Stellungnahme eingereicht. Darin räumt die Organisation zunächst ein, dass die Corona-Pandemie zu einem Anstieg von Online-Bedrohungen geführt hat:

As it has been widely reported, bad actors are taking advantage of the global COVID-19 pandemic by launching malicious online campaigns.

Diese Kampagnen würden sich des Domain Name Systems bedienen; beispielhaft nennt ICANN

phishing, business email compromise, malware distribution, scams, and many other types of attacks, ranging from fake web shops, credit card skimming and illicit pharmacies to ransomware.

Es handele sich aber um keinen Zuwachs an sich, sondern nur um die Verlagerung illegaler Aktivitäten. Auf diese Bedrohung könnten nur alle »stakeholder« gemeinsam reagieren. Nicht minder wichtig ist ICANN die Bedeutung des WHOIS-Systems, das unverzichtbar für einen reibungslosen Betrieb des DNS sei und für das es keine Alternative gebe. Dabei habe man durch zahlreiche Änderungen versucht, das WHOIS mit den Regelungen der Datenschutzgrundverordnung in Einklang zu bringen. Die Netzverwaltung ist über diese Entwicklung aber nicht glücklich:

This has fragmented a system that many rely upon for reasons as varied as law enforcement investigations, intellectual property, and security incident response, among others.

Im Übrigen verwahrt sich ICANN ebenso wie CENTR ausdrücklich gegen jegliche Haftung für Inhalte:

From the ICANN context, it is important that those writing legislation understand that a DNS service does not host or have visibility into content.

Insoweit verweist auch ICANN an die Registrare, die einen »abuse contact« zur Verfügung stellen müssen. Allerdings sieht ICANN auch hier allenfalls eine eingeschränkte Verantwortung:

Registrars don’t exert any control over the content of a website and cannot take down content hosted on a website.

Der Digital Services Act solle vor allem das Problem kollidierender Jurisdiktionen ansprechen, denn was in einem Land legal ist, kann in einem anderen verboten sein. Eine räumliche Abgrenzung entlang nationaler Grenzen sei im DNS nicht möglich. Ob sich die EU-Kommission davon beeindrucken lässt, bleibt abzuwarten; eine Frist, innerhalb der das Gesetz verabschiedet werden soll, ist bisher nicht bekannt.

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