Die Internet-Verwaltung ICANN muss in Zukunft den Gürtel enger schnallen: nach Angaben von CEO Göran Marby bleiben im 1. Quartal 2018 die Einnahmen hinter den Erwartungen zurück. Zu den ersten Sparopfern könnte die gemeinnützige Online-Enzyklopädie ICANNWiki gehören.
US$ 143 Millionen umfasst das ICANN-Budget für das kommende Finanzjahr 2018, und dennoch könnte es zu wenig sein. Das legen zumindest zwei Blog-Artikel nahe, die Chairman Cherine Chalaby und CEO Göran Marby zum Jahresende 2017 veröffentlicht haben. So gab Chalaby an, dass sich das ICANN-Budget künftig stabilisiere und nicht mehr wachse, was es erschwere, Projekte ausserhalb der Planung zu finanzieren. Etwas konkreter wurde Marby, der auf sinkende Einnahmen aus Domain-Registrierungen verwies:
We saw slower funding in the first quarter of FY18 by $1m versus our approved budget, with lower domain name registrations than planned.
Auch für die Finanzjahre 2019 und 2020, die derzeit in Planung seien, rechnet Marby mit geringeren Einnahmen; Chalaby spricht wörtlich von »Pressures on the FY19 Budget«.
Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, kündigte Marby einige spürbare Änderungen an. In personeller Hinsicht will ICANN künftig genauer hinsehen, ob eine Position neu besetzt werden muss, wenn der bisher dort tätige Mitarbeiter ausscheidet; in erster Linie soll die Lücke mit vorhandenem Personal geschlossen werden. Aber auch die Ausgaben für Reisen kommen auf den Prüfstand. Um eine möglichst breite öffentliche Teilnahme sicherzustellen, wendet ICANN Millionenbeträge sowohl für die drei jährlich stattfindenden Meetings als auch die Reisen der verschiedensten Interessensgruppen auf; für das FY18 sind allein für diese Position US$ 17 Millionen eingeplant, was in der Höhe den ICANN-Verwaltungsausgaben entspricht. Unangetastet bleiben sollen die Einnahmen aus der Versteigerung neuer Top Level Domains; die mit bisher über US$ 240 Millionen prall gefüllte Kasse soll speziellen Zwecken dienen, ohne dass bisher klar wäre, wem genau die Gelder zu Gute kommen sollen.
Zu den ersten Opfern des neuen Sparkurses könnte die gemeinnützige Online-Enzyklopädie ICANNWiki gehören. Die im Jahre 2005 von Raymond King gegründete und inzwischen von Portland aus betriebene Plattform beschäftigt sich nach dem Vorbild der Wikipedia mit allen Themen der Netzverwaltung; vor allem das Personen- und TLD-Verzeichnis gilt als zuverlässige Quelle. Zu den Hauptsponsoren von ICANNWiki gehört ICANN; mit US$ 100.000,– im Jahr trägt die Internetverwaltung mehr als die Hälfte des Budgets der Plattform. Damit könnte es bald aus sein. »While no decision has been made yet, there is a possibility that ICANN will not continue it,« so Raymond King gegenüber domainincite.com. Und ein ICANN-Sprecher bestätigte:
At this time, while it is highly unlikely that ICANN will be renewing its contract with ICANNWiki
Eine verbindliche Entscheidung ist aber noch nicht gefallen. Ein Rückzug von ICANN würde zwar nicht zwingend das »Aus« für ICANNWiki bedeuten, spürbare Einschnitte wären aber kaum zu vermeiden.