LG Köln ("zwangsversteigerungen.de"): Gattungsbezeichnung als Domain-Name (Urt. v. 10.10.2000, Az. 33 O 286/00)

(Einsender RA Dr. Harald Schneider, Köln)

Leitsatz des Verfassers:

Die Verwendung der Internet-Domain-Adressen zwangsversteigerungen.de und www.versteigerungskalender.de für die Präsentation von Immobilienzwangsversteigerungsdaten im Internet stellen ohne unterscheidungskräftige Zusätze eine wettbewerbswidrige Behinderung im Sinne des § 1 UWG dar.

Das LG Köln sieht in der Verwendung von zwangsversteigerungen.de und versteigerungskalender.de als Domainbezeichnungen im Internet eine Monopolisierung dieser Begriffe. Dies habe eine unlautere Absatzbehinderung der Klägerin und anderer Wettbewerber zur Folge, da hierdurch (potentielle) Kunden abgefangen und Kundenströme kanalisiert werden. Der Inhaber der Domains kann sich nicht auf das Prinzip „first come, first serve“ bei der Registrierung von Domains berufen.

Mit dieser Entscheidung der 33. Zivilkammer des Landgericht Köln wird die mitwohnzentrale.de-Entscheidung des Hanseatischen Oberlandgerichts Hamburg) aufgegriffen und bestätigt. Die Entscheidung des LG Köln knüpft eng an die des Hanseatischen Oberlandesgericht an und übernimmt vollständig deren Argumentation.

Geklagt hatte die Herausgeberin des Print-Mediums „Immobilien- & Zwangsversteigerungskatalog“, die ihrerseits unter der Domain mowi.de im Internet auftritt. Sie vertreibt für verschiedene Regionen in der Bundesrepublik Deutschland Verzeichnisse mit Immobilien-Zwangsverteigerungsdaten. Die Beklagte vertreibt für Nordrhein-Westfalen ein solches Verzeichnis als Printmedium unter dem Titel „Chef-Kontakt Versteigerungskalender“ und ist Nutzerin der Domains zwangsversteigerung.de und versteigerungskalender.de.

Für die Entscheidung des LG Köln ausschlaggebend ist der Charakter der Begriffe „zwangsversteigerung“ und „versteigerungskalender“: Beide stellen im markenrechtlichen Sinne rein beschreibende, von Hause aus nicht schutzfähige Gattungsbezeichnungen ohne Unterscheidungskraft dar. Sie wären nach § 8 Abs. 2 Nr. 1-3 MarkenG als Marke nicht eintragungsfähig. Wie das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg in seiner „mitwohnzentrale.de“-Entscheidung, zieht das LG Köln die markenrechtlichen Maßstäbe bei der Beurteilung der Frage heran, ob Gattungsbezeichnungen als Internet-Domain-Bezeichnungen unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten Bestand haben können. Die im markenrechtlichen Sinne freihaltungsbedürftigen Gattungsbezeichnungen seien auch außerhalb des Schutzbereiches eingetragener bzw. durchgesetzter Marken und Zeichen gerade nicht dazu vorgesehen, einzelne Anbieter zu kennzeichnen.

Die Verwendung der Gattungsbezeichnung wirke sich auf den Wettbewerb aus, weil eine begründete Gefahr besteht, dass der Nutzer für den Markt verloren ist, wenn er durch direkte Eingabe der Domainbezeichnung auf die Seite der Beklagten gelangt und deshalb die weitere Suche nach anderen Wettbewerbern einstellt. Das gilt selbst dann, wenn der Nutzer erkennt, dass es andere Anbieter mit weiteren Angeboten gibt. Unerheblich sei, dass das Angebot der Beklagten sich auf Nordrhein-Westfalen beschränke, da zumindest ein nicht unerheblichen Teil der potentiellen Kunden (auch der Klägerin) sich gerade für diesen Markt interessierten und für diese Gruppe die Gefahr der Monopolisierung durch das Angebot der Beklagten bestehe. Dabei wird unterstellt, dass es ständige Übung eines nicht unerheblichen Teils der Nutzer des Internet sei, zu meinen, bei direkter Eingabe einer Branchenbezeichnung an das gewünschte Ziel zu gelangen. Letzteres wissen die Richter des OLG Köln wie auch die des Hanseatischen Oberlandesgericht aus eigener Sachkunde.

Anmerkungen:

Die Entscheidung des LG Köln ist ein weiterer Baustein bei der fortschreitenden Entmündigung des Bürgers und Internet-Users. Ähnlich wie bei dem vor kurzem inkraftgetretenen Fernabsatzgesetz, soll der Bürger davor geschützt werden, sich aktiv mit seiner Umwelt auseinanderzusetzen und selbständig zu handeln. In dem Urteil aus Köln wird unterstellt, der Bürger als Internetnutzer sei nicht in der Lage, die Struktur des Internet in die dort zu findenden Angebote zu beurteilen. Die Kenntnis haben die Richter der 33. Zivilkammer aus eigener Erfahrung als Internetnutzer!

Die Gerichte, die sich von der Rechtsprechung des sicher nicht sacro sancten OLG Frankfurt/Main (z.B. Urt. v.13.02.1997, 6 W 5/97 – wirtschaft-online.de: NJW-CoR 97, 173) abwenden und freihaltungsbeduerftige, generische Begriffe von der (alleinigen) Nutzung eines Anbieters als Domain ausschließen wollen, liegen falsch. Der Wettbewerb wird dadurch nicht in dem Masse beeinträchtigt, dass hier die Gerichte zur Regelung beispringen müßten.

Dies gilt besonders für die Entscheidung des LG Köln. Die Beklagte beschränkt sich auf den Markt in Nordrhein-Westfalen. Jeder Internetnutzer, der sich auf der Suche nach einem Versteigerungsobjekt auf die (zur Zeit der Entscheidung nicht mit Inhalt gefüllten) Internetseiten der Beklagten wiedergefunden hätte, hätte sogleich bemerkt, dass es sich nicht um ein bundesweites Angebot handelt und somit bei dem Anbieter auch nicht um den alleinigen Wettbewerber. Eine Gefahr für den Wettbewerb ist daraus nicht zwingend herzuleiten; auch nicht, wenn der Nutzer sich gerade auf dem nordrhein-westfaelischen Markt umsehen will. Das Angebot für sich und im Zusammenhang mit dem allgemeinen Namen der Domain impliziert, dass andere Wettbewerber vorhanden sind. Im Hinblick darauf weicht der Sachverhalt, dem die Entscheidung des LG Köln zugrunde lag, entschieden von dem des Urteils des Hanseatischen OLG Hamburg ab: in Hamburg standen sich zwei Gruppen von Wettbewerbern gegenüber, die ein Nutzer leicht als erschöpfende Konkurrenz hätte auffassen können.

Bei alledem wird jedoch der Nutzer unterschätzt. Der Internetnutzer, auch wenn er zunächst naiv an die Sache herangeht, erkennt innerhalb weniger Stunden im Internet, dass – abgesehen vom Unterhaltungswert des Mediums – dieses dazu prädestiniert ist, vergleichende Angebote einzuholen, um mit allen Wettbewerbern zum eigenen Vorteil verhandeln zu können. Das will die Rechtsprechung des LG Köln und des Hanseatischen OLG Hamburg nicht ändern, sondern vereinfachen. Der Eingriff in die Nutzung von Domainnamen ist jedoch nicht angezeigt.

Und zieht man Parallelen zu anderen Medien, wird sogleich deutlich, dass die Argumentation des LG Köln hinkt: Auf dem Büchermarkt wird der Interessent eines Buches mit dem Titel „Wein“ auch nicht meinen, er habe jetzt alle Weine, die auf dem Markt zu haben sind, im Überblick. Deswegen mahnen sich die Verlage aber nicht ab und die Buchtitel werden nicht als wettbewerbswidrig eingestuft.

Beide Entscheidungen gehen ansatzlos davon aus, dass eine tatsächliche Übung, nämlich Domain-Namen direkt – ohne den Umweg über eine Suchmaschine – einzugeben, der Nutzungsgewohnheiten maßgeblicher Verkehrskreise entspricht. Dazu bedarf es nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens, da die Richter zu den angesprochenen Verkehrskreisen der Internetnutzer gehören und die Frage aus eigener Sachkenntnis beantworten können. Das OLG Frankfurt war in seiner » wirtschaft-online.de « -Entscheidung vorsichtiger. Es gestand zu, dass man die Nutzungsgewohnheiten der Internetnutzer aufzuklären habe, um den Kanalisierungseffekt sachgerecht beurteilen zu können, was jedoch im Rahmen eines Eilverfahrens nicht möglich sei.

RA Daniel Dingeldey

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