Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Entscheidung des OLG München vom 30. September 2021 über das Online-Stadtportal muenchen.de der Stadt München aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Zwischen beiden Entscheidungen liegt das Urteil des BGH zum Stadtportal dortmund.de, in dem es Grundlagen für die Beurteilung von Stadtportalen und der Marktverhaltensregelung des aus der Institutsgarantie der Presse gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abgeleiteten Gebots der Staatsferne der Presse aufgezeigten Rechten und Grenzen gelegt hat.
Die Landeshauptstadt München betreibt seit 2004 ihr offizielles Stadtportal muenchen.de. Das Portal umfasst mehr als 173.000 Seiten und ist mit bis zu rund 2,9 Millionen Besuchen und 12 Millionen Seitenaufrufen im Monat nach der Selbstpräsentation das mit Abstand meistbesuchte Münchner Serviceportal und gleichzeitig eines der erfolgreichsten deutschen Stadtportale. Die Seite vermittelt nicht nur staatliche Publikationen, sondern berichtet in zahlreichen Beiträgen über das gesellschaftliche Leben in München. Aus diesem Grunde erhoben einige Münchner Zeitungsverlage gegen das Stadtportal der Landeshauptstadt Klage vor dem Landgericht (LG) München I. Das LG München I gab der Klage der Zeitungsverlage statt, da das Angebot von muenchen.de in der konkret beanstandeten Form mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der „Staatsferne der Presse“ gemäß Art. 5 GG unvereinbar und deshalb wettbewerbswidrig ist (LG München I, Urteil vom 17.11.2020 – Az. 33 O 16274/19). Hiergegen ging die Beklagte in Berufung zum OLG München, doch das bestätigte die Entscheidung des Landgerichts (OLG München, Urteil vom 30.09.2021 – Az. 6 U 6754/20). Die Beklagte ging nun in Revision zum BGH.
Der BGH hob das Urteil des OLG München auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurück (BGH, Urteil vom 13.07.2023 – Az. I ZR 152/21). Die Begründung, mit der das OLG München angenommen hat, die von den Klägerinnen beanstandete konkrete Verletzungsform des Stadtportals muenchen.de verstoße gegen Marktverhaltensregeln, hielt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das OLG München hatte die vom BGH in seiner vor gut einem Jahr ergangenen Entscheidung zum Stadtportal dortmund.de (BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 – Az. I ZR 97/21) aufgestellten Grundsätze rechtsfehlerhaft ergänzt. Es hatte bei der notwendigen Gesamtwürdigung der Prüfung eines Verstoßes gegen das Gebot der Staatsferne Bereiche miteinbezogen, die allein nach allgemeinen Lauterkeitsregeln (wie zum Beispiel § 4 Nr. 4, §§ 4a, 5 Abs. 1 oder § 5a Abs. 4 Satz 1 UWG) hätten beurteilt werden müssen. Letztere können nur zu einem Verbot des jeweils konkret angegriffenen Beitrags, nicht aber der kommunalen Publikation in der konkreten Verletzungsform insgesamt führen. So habe es im Rahmen der Gesamtwürdigung jeweils auch darauf abgestellt, dass die Unterrubriken »Restaurant Guides« und »Shopping Guides« sowie die Anzeigenwerbung unabhängig von einer pressemäßigen Tätigkeit der Beklagten nach allgemeinen Grundsätzen wettbewerbsrechtlich unzulässig seien.
Der BGH hob die Entscheidung daraufhin auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück an das OLG München. Dabei wies er darauf hin, dass das OLG München nun die neue Gesetzgebung im Lauterkeitsrecht mitberücksichtigen müsse: seiner Entscheidung lag § 8 Abs. 3 Nr. UWG alte Fassung zugrunde. Aufgrund einer Gesetzesänderung im Dezember 2021 müsse das OLG München nun erstmals prüfen, ob die Klägerinnen die weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG neue Fassung erfüllen. Darüber hinaus müsse das OLG München selbstverständlich auch die mit der Entscheidung zu dortmund.de ergangene neue Rechtsprechung des BGH berücksichtigen. In den Entscheidungsgründen zeigt der BGH im Detail, worauf das OLG München zu achten hat.
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