Laut einem aktuellen Urteil des Landgericht München I verstößt das Online-Stadtportal muenchen.de der Stadt München gegen das Gebot der Staatsferne der Presse und ist deshalb wettbewerbswidrig.
Die bayerische Landeshauptstadt München betreibt seit 2004 ihr offizielles Stadtportal muenchen.de in der aktuell abrufbaren Form. Das Portal umfasst mehr als 173.000 Seiten und ist mit bis zu rund 2,9 Millionen Besuchen und 12 Millionen Seitenaufrufen im Monat nach der Selbstpräsentation das mit Abstand meistbesuchte Münchner Service-Portal und gleichzeitig eines der erfolgreichsten deutschen Stadtportale überhaupt. Die Seite vermittelt nicht nur staatliche Publikationen, sondern berichtet in zahlreichen Beiträgen über das gesellschaftliche Leben in München. Aus diesem Grunde erhoben einige Münchner Zeitungsverlage gegen das Stadtportal der Landeshauptstadt Klage vor dem Landgericht (LG) München I.
Das LG München I gab der Klage der Zeitungsverlage statt, weil das Angebot von muenchen.de in der konkret beanstandeten Form mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der »Staatsferne der Presse« gemäß Art. 5 GG unvereinbar und deshalb wettbewerbswidrig ist (Urteil vom 17.11.2020, Az.: 33 O 16274/19). Bisher liegt lediglich eine Pressemitteilung des Gerichts vor. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. In seiner Begründung bezieht sich das LG München I laut der Pressemitteilung auf die Fülle an Informationen, die den Erwerb einer Zeitung oder Zeitschrift – jedenfalls subjektiv – entbehrlich machten. Es würden in Quantität und Qualität deutlich Themen besetzt, deretwegen Zeitungen und Zeitschriften gekauft werden. So werde in zahlreichen Beiträgen über das gesellschaftliche Leben in München berichtet, und das Layout sei in einer Art (boulevard-) pressemäßig gestaltet, dass die verfassungsmäßigen Zulässigkeitsgrenzen überschritten seien. Das Landgericht nahm eine umfassende Interessenabwägung zwischen der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) und der Garantie des Instituts der freien Presse (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) vor. Dabei orientierte sich das Gericht an der BGH-Entscheidung »Crailsheimer Stadtblatt II« (Urteil vom 20.12.2018, Az.: I ZR 112/17), die sich zwar auf ein Druckwerk beziehe, aber auf das in Streit stehende Internetportal übertragbar sei. Im Internet gelten zwar andere Nutzergewohnheiten als bei Printmedien, deshalb seien die Grenzen des Zulässigen etwas weiter. Für das Landgericht werden diese weiteren Grenzen durch die Inhalte und die Aufmachung des Portals überschritten. Die Pressemitteilung resümiert die Entscheidungsgründe: Es sei vielmehr insgesamt nicht mehr erkennbar, dass das Stadtportal eine staatliche Publikation darstelle.
Abschließend stellt die Pressestelle noch fest, dass das Landgericht München I in der Entscheidung über muenchen.de um die konkrete Ausgestaltung und nicht über das Stadtportal per se urteilte. Rechtskräftig wird das Urteil vorläufig nicht; die Portalbetreiberin hat inzwischen Berufung eingelegt. Wir sind gespannt, wie die Sache weitergeht und werden gegebenenfalls berichten.
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