OLG Brandenburg

Kein Unterlassungsanspruch bei wahren Behauptungen gegenüber Dritten

Dass bei der Untersagung von Äußerungen im Vorfeld von rechtsförmigen Verfahren Zurückhaltung geboten ist, zeigte ein aktuelles Verfahren vor dem Oberlandesgericht Brandenburg (Beschluss vom 17.09.2020, Az. 6 W 81/209). Ein Unterlassungsanspruch wurde dort durch die Instanzen verneint.

Die Antragsgegnerin hatte sich am 06. Juli 2020 schriftlich an den Host-Provider der Antragstellerin gewandt und über ihre anwaltlichen Vertreter ausgeführt, dass auf der Website der Antragstellerin unter der Domain o[…].de Werbeaussagen zu dem Nahrungsergänzungsmittel O[…] veröffentlicht würden, die die Antragsgegnerin für rechtswidrig erachtet. Aufgrund der rechtswidrigen Bewerbung des Produktes stünden ihr verschiedene wettbewerbsrechtliche Ansprüche gegen die Antragstellerin zu, darunter Anträge auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft und eventuell Gewinnabschöpfungsansprüche. Die das Wettbewerbsrecht verletzende Bewerbung der Produkte sei durch die Wettbewerbszentrale festgestellt worden. Zwar sei der Host-Provider nicht grundsätzlich für den Inhalt der Website verantwortlich; anders sei dies jedoch, wenn der Host-Provider auf eine klare, von einem Gericht bereits bestätigte Rechtsverletzung hingewiesen werde. In diesem Fall hafte der Host-Provider als mittelbarer Störer gemäß §§ 7 Abs. 2, 10 TMG. Das wollte die Antragstellerin nicht hinnehmen und verlangte deshalb vor dem Landgericht Potsdam von der Antragsgegnerin, folgende Äußerung aus dem Schreiben vom 06. Juli 2020 zu unterlassen: „[…] hat unsere Mandantin einen Anspruch gegen Ihr Unternehmen auf umgehende Dekonnektierung der unter der Domain abrufbaren Inhalte. Denn wird Ihr Unternehmen, wie hier, auf eine klare, von einem Gericht bereits bestätigte Rechtsverletzung hingewiesen, muss Ihr Unternehmen nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich prüfen und erforderlichenfalls sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Rechtsverletzungen kommt […]“ Das Landgericht hatte bereits das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Ziff. 1 UWG verneint, so dass ein auf § 8 UWG gestützter Verfügungsanspruch nicht in Betracht komme. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde an das Brandenburgische Oberlandesgericht.

Doch auch der Beschwerde blieb der Erfolg versagt. Der Antragstellerin als Domain-Inhaberin könne gegenüber der Antragsgegnerin ein Anspruch auf Unterlassung von Äußerungen, die gegenüber dem Host-Provider getätigt worden sind, nur dann zustehen, wenn das Schreiben vom 06. Juli 2020 unwahre Tatsachenbehauptungen oder zur Täuschung geeignete Angaben in Bezug auf ihre Person enthalten würde, die den Betrieb oder Kredit des Betriebs der Antragstellerin schädigen oder diese als Mitbewerberin gezielt behindern könnten oder die Behauptung wahrer Tatsachen in herabsetzender oder verunglimpfender Weise (§ 4 Ziff. 1, 2 und 4, § 5 Abs. 1 Ziff. 3 UWG). Dabei könne nach Ansicht des Oberlandesgerichts dahinstehen, ob die inkriminierten Äußerungen eine geschäftliche Handlung darstellen, oder ob die Antragsgegnerin ausschließlich Rechtsansichten geäußert hat. Bei der gebotenen objektiven Auslegung der getätigten Äußerungen im Schreiben vom 06. Juli 2020 lasse sich nicht feststellen, dass die Antragsgegnerin behauptet habe, sie habe bereits ein ihre Rechtsauffassung bestätigendes Urteil gegen die Antragstellerin erstritten. Das habe auch der Host-Provider so gesehen, denn er habe nicht verlangt, ihm die die Rechtsverletzung bestätigende gerichtliche Entscheidung vorzulegen. Die Äußerung der Antragsgegnerin, wonach ihr gegen den Host-Provider ein Anspruch auf Dekonnektierung, also Löschung der unter der Domain der Antragstellerin abrufbaren rechtsverletzenden Inhalte zustehe, könne nicht untersagt werden. Die Äußerung betreffe die Wahrnehmung von Rechten der Antragsgegnerin. Komme eine Rechtsverletzung durch die unter der Domain der Antragstellerin abrufbare Werbung tatsächlich in Betracht, so kann ein Anspruch gegen den Host-Provider auf Löschung unter den Voraussetzungen der §§ 7 Abs. 2, 10 TMG gegeben sein.

Damit verneinte das Oberlandesgericht das Vorliegen des Verfügungsanspruchs, da die Voraussetzungen der § 4 Ziff. 1, 2 und 4, § 5 Abs. 1 Ziff. 3 UWG nicht erfüllt sind. In gleicher Weise scheide auch ein Verfügungsanspruch, gestützt auf unerlaubten Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (§§ 823 Abs. 1, 1004 BGB), aus. Bei einem Streitwert von EUR 20.000,00 hat daher nun die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.

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