Kammergericht Berlin

EUR 50.000,– Ordnungsgeld bei Verstoss gegen Unterlassungspflicht eines Online-Glücksspielanbieters

Verstöße gegen eine Unterlassungsverpflichtung können empfindliche Konsequenzen nach sich ziehen. Das musste ein Anbieter von Online-Glücksspielen erfahren, gegen den das KG (Beschluss vom 02.01.2024 – Az. 5 W 140/23) ein Ordnungsgeld in Höhe von EUR 50.000,00 verhängte. Auch ein Domain-Transfer half ihm nicht.

Nach einer langwierigen juristischen Auseinandersetzung durch die Instanzen war die Beklagte letztlich mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Berlin vom 06. Juni 2019 verurteilt worden, es bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über das Internet ohne behördliche Erlaubnis in Deutschland befindlichen Personen die Möglichkeit anzubieten und/oder zu verschaffen, öffentliche, kostenpflichtige Casino- und/oder Automatenspiele mit zufallsabhängiger Gewinnmöglichkeit einzugehen und/oder abzuschließen. Mit Schriftsatz vom 22. Februar 2023 hat die Klägerin beantragt, gegen die Beklagte wegen Verstoßes gegen die vorstehende Unterlassungspflicht Ordnungsmittel festzusetzen, wobei das in das Ermessen des Gerichts gestellte Ordnungsgeld EUR 40.000,– nicht unterschreiten sollte. Zur Begründung verwies die Klägerin darauf, dass die Beklagte am 08. Dezember 2022 unter einer .de-Domain das virtuelle Automatenspiel »Ramses Book« angeboten habe. Die Beklagte räumte ein, dass sie dieses Angebot am 15. Februar 2023 eingestellt und die Domain anschließend auf eine andere Person übertragen habe. Zum Zeitpunkt des Ordnungsmittelantrags vom 22. Februar 2023 habe daher kein Verstoß mehr vorgelegen. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 21. August 2023 gegen die Beklagte wegen Verstoßes gegen die Unterlassungspflicht ein Ordnungsgeld in Höhe von EUR 50.000,–, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je EUR 10.000,– einen Tag Ordnungshaft, verhängt. Hiergegen richtete sich die Beschwerde der Beklagten an das Kammergericht.

Das KG hielt die Beschwerde zwar für zulässig, aber unbegründet. Objektiv lag ein Verstoß gegen die gerichtlich ausgeurteilte Unterlassungsverpflichtung unstreitig vor. Dass zum Zeitpunkt des Ordnungsmittelantrags kein Verstoß mehr vorlag, hindere die Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 890 ZPO nicht. Die Verhängung setze schon nach dem Wortlaut dieser Norm nicht voraus, dass die schuldhafte Zuwiderhandlung noch im Zeitpunkt der Beantragung eines Ordnungsmittels durch den Gläubiger (oder gar im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Ordnungsmittelantrag) vorliege. Wollte man es anders sehen, könnte der nur einmal mögliche Verstoß oder könnte der nur innerhalb einer bestimmten Frist mögliche Verstoß (nach Ablauf der Frist) nicht sanktioniert werden. Ein derartiger Verstoß bliebe folgenlos; § 890 ZPO wäre sinnentleert und liefe leer. Die Ordnungsmittel des § 890 ZPO habe jedoch einen doppelten Zweck. Als zivilrechtliche Beugemaßnahme dienten sie – präventiv – der Verhinderung künftiger Zuwiderhandlungen. Daneben stellten sie – repressiv – eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots dar. Aufgrund des repressiven, strafähnlichen Sanktionscharakters könne es nicht darauf ankommen, ob im Zeitpunkt der Beantragung des Ordnungsmittels ein neuerlicher Titelverstoß nicht (mehr) drohe. Auch die Übertragung der Domain half der Beklagten nicht. Die Übertragung derjenigen Website, über welche sie in der Vergangenheit gegen die Unterlassungspflicht verstoßen hat, auf einen Dritten schließe einen künftigen derartigen Verstoß durch die Beklagte nicht aus. Dass ein weiterer Verstoß für sie deshalb künftig „technisch und rechtlich ausgeschlossen“ wäre, habe sie nicht hinreichend dargetan. Zudem habe sie ihre Behauptung selbst dahingehend einschränkt, dass für sie lediglich die Wiederaufnahme eines unerlaubten (Glücksspiel-) Betriebs »absolut fernliegend« sei.

Auch an der Höhe des Ordnungsgeldes störte sich das KG nicht. Der genannte doppelte Zweck erfordere es, die Bemessung der Ordnungsmittel jedenfalls in erster Linie im Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten vorzunehmen. Hier müsse stark zulasten der Beklagten ins Gewicht fallen, dass sie nach eigenem Vortrag noch bis zum 15. Februar 2023 gegen die ihr auferlegte Unterlassungspflicht aus dem Urteil vom 06. Juni 2019 verstoßen habe. Sie habe sich somit noch rund dreieinhalb Jahre nach dem Erlass des Unterlassungstitels nicht an diesen gehalten. Bereits diese Hartnäckigkeit der Missachtung einer gerichtlich auferlegten Unterlassungspflicht lasse es – vor allem (aber nicht nur) im Hinblick auf den Sühnegedanken – angezeigt erscheinen, ein erhebliches Ordnungsgeld zu verhängen. Hinzu komme, dass die Beklagte während der Zeit, während derer sie sich über das ihr auferlegte Verbot hinweggesetzt habe, infolge ihrer Handlungsweise einen (erheblichen) Vorteil erzielen, nämlich Profit erwirtschaften konnte.

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