Das Oberlandesgericht München hat in einem aktuellen Urteil deutlich gemacht, welche Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast an eMail-Versender zu stellen sind, die für eMail-Dienstleistungen das Double Opt-In Verfahren nutzen. Das Einverständnis zur Übersendung einer eMail muss demnach dokumentiert und jederzeit nachweisbar sein (Urteil vom 27.09.2012, Az.: 29 U 1682/12).
Die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft, begehrt von der Beklagten die Unterlassung der Zusendung unerwünschter eMails. Die Beklagte ist im Bereich der Anlageberatung tätig. Sie bietet auf ihrer Internetseite einen Newsletter zum kostenlosen Abonnement an. Am 20. und am 21. Februar 2011 erhielt die Klägerin unverlangt zwei eMails der Beklagten. Auf die erste hin sollte sie das Abonnement des Newsletters bestätigen; die zweite eMail bestätigte das Abonnement des Newsletters. Die Klägerin sieht in den beiden unverlangt übersandten eMails einen Wettbewerbsverstoß und einen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Sie ließ die Beklagte anwaltlich abmahnen und machte die Kosten der Abmahnung geltend. Die Beklagte gab die gewünschte Unterlassungserklärung nicht ab, so dass die Klägerin Klage erhob. Das Landgericht München wies die Klage ab (Urteil vom 13.03.2012, Az.: 33 O 11089/11), weshalb die Klägerin in Berufung zum Oberlandesgericht München ging.
Das OLG München gab der Klage teilweise statt. Hinsichtlich der ersten empfangenen eMail sieht das OLG München den Anspruch als berechtigt an. Der Anspruch ergibt sich nach Ansicht des Gerichts jedoch nicht aufgrund unlauteren Wettbewerbs (UWG), da die Parteien nicht im Wettbewerb miteinander stehen. Vielmehr sieht das OLG München hier einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (§§ 823 Abs. 1, 1004 BGB). Die erste unverlangt übersandte Werbe-eMail stellt einen unmittelbaren Eingriff in den Gewerbebetrieb dar. Hintergrund für diese Einschätzung war der Umstand, dass die Beklagte nicht darlegen und beweisen konnte, dass die Klägerin sich mit der eMail einverstanden erklärt hatte; sie behauptete es lediglich. Für den Nachweis des Einverständnisses hätte sie allerdings die konkrete Einverständniserklärung vollständig dokumentieren, in diesem Falle speichern und die Daten jederzeit ausdrucken können müssen. Dazu war sie wohl nicht in der Lage. Anders bei der eMail vom 21. Februar 2011: Dazu hatte sie unbestritten vorgetragen, dass diese eMail erst erstellt und verschickt wird, wenn der Bestätigungslink der vorangegangenen eMail betätigt wurde. Da die Klägerin das nicht bestritt, konnte das Gericht von der Betätigung des Links und damit vom Einverständnis der Klägerin ausgehen.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts München ist nur konsequent – im prozessualen Sinne. Selbstverständlich sollte ein Versender von Werbe-eMails nachweisen können, dass der Adressat mit der Übersendung einverstanden ist. Problematisch ist, wie der Newsletteranbieter diesen Nachweis erbringen soll. Die IP-Adresse des Anmelders zu speichern dürfte in der Regel nicht ausreichen, denn deren Zuordnung zum Anmelder nachzuweisen ist schwierig. Der Anbieter findet sich in einem Dilemma. Erfreulicher Weise hat das OLG München hinsichtlich der eMail vom 20. Februar 2011 den Weg für die Revision geebnet. Diesen Weg sollte die Beklagte beschreiten.
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