OLG Celle

Keine Verpflichtung des Unterlassungsschuldners zur anlassunabhängigen Suche nach Weiterverbreitung eines verbotenen Beitrages

Im Rahmen eines Beschlussverfahrens zeigte das OLG Celle auf, welche Verantwortung ein zur Unterlassung Verpflichteter hat, wenn das Material, welches er zu veröffentlichen verboten bekam, von einem Dritten im Internet veröffentlicht wurde.

Die Antragstellerin hatte im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen die Antragsgegnerin einen Unterlassungsanspruch erwirkt, wonach sie verschiedene Äußerungen im Zusammenhang mit einer Berichterstattung der Antragsgegnerin unter dem Titel »Wirbel um belasteten Bauschutt in H.« zu verbreiten und/oder verbreiten zu unterlassen habe. Daraufhin nahm die Antragsgegnerin den Beitrag aus der Mediathek und beantragte die Löschung bei den gängigen Suchmaschinen. Die Antragstellerin entdeckte allerdings eine Kopie des Beitrags auf einer Online-Plattform und beantragte das per einstweiliger Verfügung erwirkte Ordnungsgeld in Höhe von EUR 5.000,– gegen die Antragsgegnerin. Nach Erhalt des Ordnungsmittelantrages sorgte die Antragsgegnerin dafür, dass der Beitrag auf der Online-Plattform gelöscht wird. Das Landgericht Hannover verhängte das von der Antragstellerin beantragte Ordnungsgeld gegen die Antragsgegnerin und begründete es damit, dass sie nicht alles Mögliche und Zumutbare getan hätte, um die Verletzung durch den Nutzer der Online-Plattform zu verhindern; sie hätte von sich aus nach dem Beitrag unter den gängigen Plattformen suchen und dessen Löschung veranlassen müssen (LG Hannover, Beschluss vom 28. Juni 2017, Az.: 6 O 67/17). Gegen diese Entscheidung legte die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde ein. Sie meint, sie habe für das Handeln des Nutzers der Online-Plattform nicht einzustehen, da ihr der Verstoss gegen die Unterlassungsverfügung wirtschaftlich nicht zu Gute komme, sie nicht ernstlich damit habe rechnen müssen und sie keine rechtlichen oder tatsächlichen Einflussmöglichkeiten auf das Verhalten Dritter habe. Der sofortigen Beschwerde half das LG Hannover nicht ab, sondern beschloss, die Sache dem OLG Celle zur Entscheidung vorzulegen.

Das OLG Celle prüfte die Sache und bestätigte die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, da diese nicht schuldhaft gegen das titulierte Unterlassungsgebot verstoßen habe (Beschluss vom 21.08.2017, Az.: 13 W 45/17). Für die Antragsgegnerin bestand aufgrund der einstweiligen Verfügung die Pflicht, den zuvor selbst geschaffenen Störungszustand zu beseitigen und dafür zu sorgen, dass die Inhalte nicht mehr im Internet aufgerufen werden können, und zwar weder über die Website direkt noch über Internetsuchmaschinen. Demgemäß habe die Antragsgegnerin den Mediathek-Beitrag gelöscht und dafür gesorgt, dass der Beitrag auch nicht mehr über den Cache gängiger Suchmaschinen aufgerufen werden kann. Eine weitergehende Verpflichtung zu einer anlassunabhängigen Suche nach einer möglichen Weiterverbreitung ihres Beitrages auf einer Videoplattform vorzunehmen, bestand jedoch nicht. Hier hatte ein Dritter den Beitrag bei Youtube eingestellt. Dafür wäre die Antragsgegnerin jedoch nur verantwortlich, wenn ihr die Handlung des Dritten zuzurechnen wäre. Sie müsste auf den Dritten einwirken, wenn ihr diese Handlung wirtschaftlich zu Gute käme, sie ernstlich mit ihr rechnen musste und sie rechtliche und tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten auf das Verhalten des Dritten hätte. Aber schon, weil das Handeln des Dritten der Antragsgegnerin nicht wirtschaftlich zugute kam, sondern in Konkurrenz zu ihrem eigenen Mediathek-Angebot stand, ist sie nicht verantwortlich für das Handeln des Dritten. Das OLG Celle (13. Senat) erachtet es selbst bei Annahme einer »internettypischen Gefahr« für nicht zumutbar, von dem Unterlassungsschuldner über den Ausschluss der Aufrufbarkeit auf der eigenen Webseite hinaus die anlassunabhängige Kontrolle der »gängigsten« Videoportale zu fordern. Schon die Auswahl der zu prüfenden Webseiten als auch die zu verwendenden Suchbegriffe seien kaum bestimmbar. Die Antragsgegnerin war erst nach Hinweis der Antragstellerin verpflichtet, im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten tätig zu werden und auf eine Löschung des von einem Dritten veröffentlichten Beitrags hinzuwirken. Und das machte sie unverzüglich, nachdem sie den Ordnungsgeldantrag erhalten hatte.

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